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Wasserpreise : Flucht ins Trockene

Kostbares Gut: An Wasser, wie in diesem Berliner Werk, mangelt es nicht

Kostbares Gut: An Wasser, wie in diesem Berliner Werk, mangelt es nicht Bild: dapd

Nicht nur in Berlin kämpfen die Kartellbehörden gegen überhöhte Wasserpreise. Was sie dabei behindert: Teuren Versorgern steht ein bequemes Schlupfloch offen.

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          „Wasser ist keine übliche Handelsware.“ Die Begründung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, die das wertvolle Nass vor Verunreinigungen schützen soll, hat auf dem deutschen Wassermarkt einen für Kunden unschönen Nebeneffekt: Wer sich über hohe Energiepreise oder Telefonrechnungen ärgert, hat die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern. In der Trinkwasserversorgung sind die Kunden Gefangene ihres regionalen Versorgers.

          Helmut Bünder
          Wirtschaftskorrespondent in Düsseldorf.

          Und weil diese ihre Preise bisher fast nach Belieben setzen dürfen, lassen sich mit dem besonderen Gut Wasser auch besonders gute Geschäfte machen. Beispiel Berlin: Aus ihrer Beteiligung an den Wasserbetrieben haben der Energieversorger RWE und der französische Konzern Veolia im vorigen Jahr gemeinsam rund 120 Millionen Euro Gewinn verbucht, das Land Berlin war mit weiteren 108 Millionen Euro dabei.

          Aus Sicht des Bundeskartellamtes gibt es an den Gründen für den Geldsegen nichts zu deuteln: Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) missbrauchten ihre Alleinherrschaft über die Wasserleitungen, um den Kunden überhöhte Preise abzuknöpfen, so der Befund der Wettbewerbshüter. Diesen Verdacht gibt es auch in anderen Städten und Versorgungsgebieten. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes weisen schon zwischen den Durchschnittspreisen einzelner Bundesländer erhebliche Unterschiede auf. Mit Abstand am teuersten ist Wasser in Ostdeutschland. In Sachsen-Anhalt zahlt ein Musterhaushalt fast 600 Euro jährlich für Trink- und Abwasser, in Bayern ist es nur gut die Hälfte.

          Der erste Erfolg

          Solche Vergleiche auf Länderebene sagen allerdings nicht viel aus, weil die Preise auch ganz wesentlich von der Siedlungsdichte und der Topographie bestimmt werden. Insgesamt sorgen in Deutschland rund 6200 Wasserversorger dafür, dass der Hahn sprudelt. Bei schärferer Lupeneinstellung zeigt sich, dass ihre Preise auch bei durchaus ähnlichen Versorgungsbedingungen auffällig auseinandergehen.

          Für seine Ermittlungen gegen die Berliner Wasserbetriebe hat das Bundeskartellamt die Daten der Wasserversorger von allen 38 deutschen Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern abgefragt. Zumindest für diesen Teil des Marktes liegen damit inzwischen brauchbare Vergleichsmaßstäbe vor. Einen ersten Erfolg erzielten die Wettbewerbshüter damit in Mainz: Dort haben sich die Stadtwerke auf Druck des Kartellamtes im Mai verpflichtet, ihre Wasserpreise von 2013 an um rund 15 Prozent zu senken.

          Um die Preise in Berlin wird schon seit zwei Jahren gestritten. Vergleichsbasis für die Berechnung bildet dort der Preisdurchschnitt von Hamburg, München und Köln, wo die Verhältnisse in der Wasserversorgung weitgehend jenen in Berlin entsprechen. Wie die Wettbewerbshüter auch kalkulierten: In jeder Variante lagen die BWB-Preise um mindestens 30 Prozent höher, wie Felix Engelsing von der zuständigen Beschlusskammer bei einem Vortrag erläuterte.

          Die „Altlasten“ der Wiedervereinigung

          Ein Teil dieser Differenz lässt sich nach Auffassung des Kartellamtes durch „Altlasten“ der Wiedervereinigung erklären, vor allem die hohen Sanierungskosten für das Ost-Berliner Wassernetz. Letztlich fordert die Wettbewerbsbehörde deshalb gegenüber 2011 „nur“ eine Preissenkung um 18 Prozent in diesem Jahr und um durchschnittlich 17 Prozent für 2013 bis 2015.

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