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Neues Konzept : Grüne wollen die Riester-Rente abwickeln

Zurück zum Start: Der Parteivorsitzende Cem Özdemir und Rentenfachmann Kurth erläutern ihr Konzept. Bild: dpa

Die Partei hat ein neues Rentenkonzept. Es enthält eine Garantierente, höhere Leistungen für Frauen und eine gestutzte Privatvorsorge.

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          Die Grünen halten die Riester-Rente für gescheitert. Das geht aus dem Abschlussbericht hervor, den die Rentenkommission der Partei am Freitag in Berlin vorgestellt hat. Damit finden sich die Grünen in einer ungewöhnlichen Koalition wieder: Ausgerechnet CSU-Chef Horst Seehofer hatte im April das gleiche Urteil gefällt und damit eine hitzige Rentendebatte ausgelöst. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hatte daraufhin eine schnelle Anhebung des gesetzlichen Rentenniveaus verlangt.

          Dietrich Creutzburg
          Wirtschaftskorrespondent in Berlin.

          In dem Bericht der Grünen heißt es, mit der „Teilprivatisierung“ der Rente habe die frühere (rot-grüne) Bundesregierung „ein lebensstandardsicherndes Gesamtversorgungsniveau“ erreichen und die Beitragssätze zur gesetzlichen Rente stabilisieren wollen. Nach eineinhalb Jahrzehnten zeige sich jedoch, dass die reale Entwicklung den Erwartungen nicht gerecht geworden sei. Die Riester-Rente werde zu selten in Anspruch genommen, die Renditen seien zu gering, die Kosten zu hoch, konstatiert die Kommission – das sinkende Rentenniveau jedenfalls könne sie nicht ausgleichen. „Die geförderte private Altersvorsorge ist in ihrer bisherigen Ausgestaltung somit gescheitert.“

          Aus der „Grünen Mitverantwortung“ macht die Kommission keinen Hehl. Für die Zukunft will sie aber, dass die gesetzliche Rente „mit Abstand“ die Altersvorsorge Nummer eins bleibt, gerne ergänzt um Betriebsrenten. Da der Verbreitungsgrad der Betriebsrente zu gering sei, sehen die Grünen darin aber kein Mittel, um das sinkende Niveau der gesetzlichen Rente auszugleichen. Ähnlich wie Gabriel denken daher auch sie über eine Änderung der Rentenformel nach: Meist laufen Forderungen nach einem höheren Rentenniveau auf eine Abschaffung des Nachhaltigkeitsfaktors hinaus, der die steigende Alterslast zwischen den Generationen verteilt. In dem Papier ist aber nur allgemein von „Maßnahmen“ die Rede, die gewährleisten sollen, dass die Rente von Durchschnittsverdienern mit 45 Beitragsjahren stets um die Hälfte über der steuerfinanzierten Grundsicherung liegt. Das entspreche rechnerisch einem Rentenniveau von 46 Prozent. Derzeit sind es 47,7 Prozent.

          Beitragssatzerhöhung als letztes Mittel

          Die Riester-Rente wiederum soll nach dem Willen der Grünen in ein „einfaches, kostengünstiges und sicheres Basisprodukt“ verwandelt und öffentlich verwaltet werden. Uneinig sind sich die Kommissionsmitglieder in Sachen staatlicher Förderung. Einige wollen die Förderung beenden, andere wollen weiter Zulagen zahlen, aber nur noch an Geringverdiener.

          Daneben strebt die Partei eine Garantierente oberhalb der Grundsicherung an; für alle, „die den größten Teil ihres Lebens gearbeitet, Kinder erzogen, andere Menschen gepflegt oder sonstige Anwartschaften in der Rentenversicherung erworben haben“. Mittelfristig solle die gesetzliche Rente auch für Beamte, Abgeordnete und Selbständige gelten. Das würde die Rentenkasse nach ihrer Meinung entlasten. Zudem soll sich der Bund stärker an versicherungsfremden Leistungen beteiligen, etwa der Mütterrente. Als „Ultima Ratio“ ziehen die Grünen eine „moderate Beitragssatzerhöhung“ in Betracht.

          Für Frauen, die wegen der Kindererziehung häufig Lücken im Erwerbsleben haben und deshalb oft deutlich weniger Rente bekommen als Männer, schwebt den Grünen eine „eigenständige Alterssicherung“ durch ein „obligatorisches Splitting“ vor. Die Idee: Paare sollen ihre Rentenanwartschaften künftig teilen, unabhängig davon, wie sie „Erwerbs- und Fürsorgearbeit“ aufgeteilt haben. An der Rente mit 67 halten die Grünen fest. Eine „starre Altersgrenze“ aber lehnen sie ab: Mit Abschlägen soll man schon mit 60 in Altersteilzeit gehen können; für Rentner wiederum soll es sich mehr lohnen, doch noch mal ins Arbeitsleben zu starten.

          Die Rentenpläne der großen Koalition sind derzeit unklar. Um die von Seehofer und Gabriel angezettelte Debatte wieder einzufangen und zu ordnen, haben sich Union und SPD vorgenommen, bis Herbst an einem „Gesamtkonzept“ zu arbeiten.

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