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4,5-Milliarden-Euro-Topf : Viele Krankenhäuser bleiben auf hohen Energiekosten sitzen

Im Klinikum Höchst: Viele Krankenhäuser leiden unter den hohen Energiekosten. Bild: Lucas Bäuml

Wegen der stark gestiegenen Energiekosten stellt die Bundesregierung den Kliniken 4,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Nun aber zeigt sich: Viele Krankenhäuser werden davon wohl nichts haben.

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          Kein Krankenhaus muss wegen der stark gestiegenen Energiekosten aus dem Markt ausscheiden: So versprach es Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Mitte Dezember im Bundestag. Der beschloss an jenem Tag nicht nur die Gas- und die Strompreisbremse, die neben Privathaushalten auch den Kliniken zugutekommen, sondern auch einen eigenen Hilfsfonds für Krankenhäuser in Höhe von 4,5 Milliarden Euro. Das Geld stammt aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, für den die Bundesregierung Kredite in Höhe von 200 Milliarden Euro aufgenommen hat. Anfang kommenden Jahres soll es noch einmal 1,5 Milliarden Euro für die Kliniken geben.

          Britta Beeger
          Redakteurin in der Wirtschaft und zuständig für „Die Lounge“.

          Nun zeichnet sich allerdings ab, dass viele Krankenhäuser von den Mitteln aus dem Hilfsfonds nicht oder kaum profitieren werden. Der Grund ist, dass als Referenzzeitpunkt die Abschläge für Strom und Erdgas aus dem März 2022 festgelegt wurden. Entscheidend für die Höhe der finanziellen Hilfen ist die Differenz zu den Kosten von Oktober bis Dezember 2022. Im März seien die Energiekosten in den Kliniken aber schon kräftig gestiegen, argumentiert Gerald Gaß, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, in einem Brief an das Bundesgesundheitsministerium, der der F.A.Z. vorliegt. Die Folge, so Gaß: Zahlreiche Krankenhäuser könnten keine Unterstützung in Anspruch nehmen.

          Viele hessische Kliniken nehmen die Hilfen nicht in Anspruch

          So wie die Hochtaunus-Kliniken mit ihren drei Standorten in Bad Homburg, Königstein und Usingen. Für Erdgas, Fernwärme und Strom seien im März 2022 rund 483.000 Euro angefallen, berichtet Geschäftsführerin Julia Hefty. Hochgerechnet auf drei Monate macht das knapp 1,45 Millionen Euro. Die Kosten im Zeitraum Oktober bis Dezember beliefen sich auf 1,41 Millionen Euro, fielen also sogar niedriger aus. Dabei spielten zwei Faktoren eine Rolle, erzählt Hefty: Zum einen seien die Preise im März höher gewesen, zum anderen sei der Verbrauch im Herbst aufgrund der Energiesparmaßnahmen geringer ausgefallen. Ursprünglich hatte die Klinik-Geschäftsführerin gehofft, 90.000 Euro als Unterstützung zu erhalten. Doch dann wurde im Gesetzgebungsverfahren der Vergleichszeitpunkt noch geändert.

          Wie den Hochtaunus-Kliniken geht es offenbar auch anderen Häusern, weshalb die Hessische Krankenhausgesellschaft gerade eine Umfrage unter allen hessischen Kliniken macht. Bisher lägen Angaben von 44 Prozent der Krankenhäuser vor, berichtet eine Sprecherin auf Anfrage. Erste Rückschlüsse deuteten darauf hin, dass von den für die hessischen Kliniken vorgesehenen Mitteln in Höhe von 335 Millionen Euro nur ein geringer Teil abgerufen wird: konkret 3 Prozent. Es handle sich um eine erste Tendenz, betont die Sprecherin. Bis Anfang Februar hätten die Krankenhäuser die Hilfen bei der AOK Hessen beantragen müssen, diese werte die Anträge nun aus. Dennoch scheint schon jetzt klar, dass viele Krankenhäuser leer ausgehen werden. Einige von ihnen dürfte das schmerzlich treffen: Nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft rechnen 60 Prozent der Krankenhäuser für das Jahr 2022 mit roten Zahlen.

          In seinem Schreiben an das Bundesgesundheitsministerium fordert der Vorstandsvorsitzende des Dachverbands der Krankenhausträger daher, den ursprünglichen Referenzwert – die Kosten im Jahr 2021 – heranzuziehen. Alternativ sei auch eine Öffnungsklausel für eine Härtefallprüfung durch das Land denkbar. „Es handelt sich hier nicht um bedauerliche Einzelfälle“, so Gaß. Dem Bundesgesundheitsministerium zufolge ist jedoch nicht vorgesehen, den Vergleichszeitraum zu ändern. Er sei so auch im Hilfsfonds für die Pflegeeinrichtungen vorgesehen, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Ein früherer Referenzzeitraum würde zudem „marktübliche bereinigte Preissteigerungen bis 2024 nicht berücksichtigen, die auch ohne den Krieg in der Ukraine eingetreten wären“. Der Sprecher verweist darauf, dass allgemeine Preissteigerungen innerhalb des Systems berücksichtigt werden müssten. Die Kliniken kritisieren, dass das nicht ausreichend passiere. So stiegen jenseits der Energie die Kosten in den Kliniken um 10 Prozent, beklagt die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Der Anstieg der Fallpauschalen um 2 Prozent gleiche das nicht aus.

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