Verteidigungsminister Thomas de Maizière : „Wir brauchen die Besten als Soldaten“
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De Maiziere: „Wir brauchen auch mehr Menschen aus den großen Städten oder mit Migrationshintergrund.“ Bild: dapd
Sein Vorgänger hat die Wehrpflicht ausgesetzt, jetzt sucht die Bundeswehr händeringend Personal. Im Interview spricht Verteidigungsminister Thomas de Maizière über die Personalnot der neuen Freiwilligenarmee, Panzerkäufe im Ausland und warum die Reform der Bundeswehr zu mehr Ausgaben führt.
Herr de Maizière, Ihr Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg hat die Aussetzung der Wehrpflicht durchgesetzt, um Geld zu sparen. Jetzt wird die Bundeswehrreform viel teurer als geplant. Warum?
Den Begriff der Reform benutze ich nicht. Er ist in Misskredit geraten, viele Menschen verbinden damit eine Verschlechterung.
Es gibt also gar keine Bundeswehrreform?
Es gibt eine Neuausrichtung.
Und die wird immer teurer?
Nein. Es geht auch nicht nur ums Geld. Das Begrenzende ist die Demographie. Wir haben weniger junge Menschen, also auch weniger Rekrutierungsmöglichkeiten für die Streitkräfte. Das schränkt uns mehr ein als die Finanzen. Dann müssen wir uns an das veränderte sicherheitspolitische Umfeld anpassen, vor allem an die Auslandseinsätze. Erst an dritter Stelle kommt die Bedingung, dass alles finanzierbar bleiben muss.
Also war der Gedanke von Anfang an falsch, mit der Aussetzung der Wehrpflicht Geld zu sparen?
Ich will nicht zurückschauen. Es gab ein grundsätzliches Problem: Die Bundeswehr hatte zu viele Aufträge und zu wenig Mittel, um sie zu erfüllen. Das kann man lösen, indem man die Mittel dem Auftrag anpasst oder den Auftrag den Mitteln. Mein Ansatz ist: Wir beschäftigen uns erst mit dem Auftrag, dann werben wir die nötigen Mittel ein. In dieser Reihenfolge. Eine Sicherheit nur nach aktueller Haushaltslage wäre für das Land fatal. Aber genauso gilt: Ein Auftrag, der nicht finanziell untersetzt ist, wäre eine Luftbuchung.
Ohne Wehrpflicht wird es nicht billiger?
Die Frage ist falsch gestellt. Ohne Wehrpflicht können wir unser Personal besser einsetzen. Die zuletzt 55 000 Wehrpflichtigen haben allein 20 000 Ausbilder gebunden. Diese Soldaten standen für Einsätze gar nicht zur Verfügung.
Die Kosten für jeden Soldaten, der im Auslandseinsatz ist, sind bei uns immer noch viel höher als im Nato-Durchschnitt.
So können Sie nicht rechnen. Einsätze sind unterschiedlich teuer. Wir wissen im Voraus auch nicht, in welche Einsätze wir künftig gehen. Trotzdem müssen wir darauf vorbereitet sein. Wenn wir zum Beispiel Afghanistan bis oder nach 2014 betrachten, sinkt die Zahl der Einsatzsoldaten - nicht aber die Zahl der einsatzbereiten Soldaten. Wir wollen es nicht wieder so machen wie zu Beginn des Afghanistan-Einsatzes. Dort sind wir mit teils mangelhafter Ausrüstung hineingegangen und haben die Mängel nach und nach behoben. Im Lehrbuch steht so etwas nicht.
Auf dem Nato-Gipfel in Chicago ging es diese Woche um den Abzug aus Afghanistan, der bis 2014 vollzogen sein soll. Wie teuer wird der Einsatz für Deutschland am Ende gewesen sein?
Ich halte den Begriff Rückverlegung für treffender. Im Übrigen haben wir auch darüber gesprochen, wie unser Engagement in Afghanistan nach 2014 aussehen könnte. Jetzt also über Kosten zu sprechen ist Kaffeesatzleserei. Wichtig ist aber, dass unsere Mühen und Opfer nicht umsonst waren.
Kommen Sie denn mit dem erhöhten Etat jetzt aus, den Ihnen der Finanzminister spendiert hat?
Der Etat ist nicht erhöht. Für das Jahr 2013 steht zwar mehr Geld im Plan. Damit bezahlen wir aber zum allergrößten Teil Mieten, die wir für unsere Liegenschaften an den Finanzminister abführen müssen. Netto haben wir im nächsten Jahr ungefähr so viel Geld wie in diesem. Damit liegen wir etwa in der Größenordnung von Frankreich oder Großbritannien, ohne deren Atomstreitmacht. Und da gehören wir auch hin.
Immerhin: Sie müssen nichts einsparen.