
Verlag : Das katholische Weltbild
- -Aktualisiert am
Die Bischöfe wollen nicht nur den Schmuddelkram loswerden, sondern gleich ihren ganzen profitablen Verlag. Die Kirche soll sich lieber um ihr Kerngeschäft kümmern, statt Bücher zu verkaufen.
Was haben die „Schoßgebete“ der Autorin Charlotte Roche mit der katholischen Kirche zu tun? Nicht sehr viel. Denn anders als der Titel vermuten lässt, geht es bei Roche weniger um Gebete als um erotische oder pornographische Phantasien, die im Weltbild der Kirche unerlaubt, zumindest ungelitten sind. Über die Internetplattform „weltbild.de“, ein Unternehmen der katholischen Kirche, kann der Kunde aber bequem alle Titel von Charlotte Roche beziehen, und im Weltbild-Verlag selbst erscheint ebenfalls erotische Literatur - freilich mit einem Umsatzanteil von 0,017 Prozent nicht wirklich der große Erlösbringer, wie der Verlag beschwichtigt.
An diesen 0,017 Prozent entzündet sich schon lange der Unmut der frommen Eigentümer. Aus Ärger darüber wollen die Bischöfe jetzt nicht nur den Schmuddelkram loswerden, sondern zugleich den ganzen profitablen Verlag. Eigentümer sind in einer Marktwirtschaft freie Menschen. Sie können mit ihrem Eigentum machen, was sie wollen, und es zu jedem Preis veräußern, der ihnen behagt, wenn sie einen Käufer finden. Welche Motive sie für solche Transaktionen in Anspruch nehmen - moralische, wirtschaftliche, ökologische, private -, ist ihre Sache und braucht den Wirtschaftsteil einer Zeitung nicht zu interessieren.
Interessant freilich ist, dass die Weltbild-Aufregung der vergangenen Woche in den Blick bringt, dass die Kirche nicht nur eine Einrichtung des Glaubens zur Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi ist, sondern auch ein milliardenschwerer Wirtschaftskonzern mit einer Art Holding an der Spitze, unter deren Dach sich neben Verlagen, Brauereien (gehört traditionell zum Geschäftsmodell), Sprudel- und Limonadeabfüllern auch Wohnungsgesellschaften, Banken oder Versicherungen befinden. Dass Letztere weniger im kritischen Fokus der Bischöfe sind als der Weltbild-Verlag, mag ein Hinweis darauf sein, dass der Ärger über das Finanzkapital zumindest unter den kirchlichen Eliten nicht ganz so groß ist wie die Aufregung über das erotische Sortiment ihrer Verlage. Das wirtschaftliche Schwergewicht der Kirche indessen ist eindeutig jene Wohltäterindustrie, die mit Krankenhäusern, Pflegediensten und ähnlichen Einrichtungen allein bei der Caritas rund eine halbe Million Menschen beschäftigt. Die Kirche ist eine Art Mischkonzern, dessen Waren- und Dienstleistungsangebot über die Jahrhunderte zusammengewürfelt wurde. Nichts passt zusammen.
Auch der Papst mahnt zur „Entweltlichung“
Passt es freilich überhaupt zur Kirche, in der Welt als Wirtschaftskonzern aufzutreten? Gute Gründe lassen sich dafür heute kaum noch finden. Dass die Kirche der bessere Kaufmann ist, behaupten noch nicht einmal die Kirchen selbst. Dass die Kirche als unternehmerischer Eigentümer gefragt ist, wäre nur gerechtfertigt, wenn die Menschen andernfalls Mühe hätten, an Sprudel, Bücher oder Pflegedienste zu kommen. Auch das wird niemand behaupten wollen. Bliebe nur noch das Argument, dass das Unternehmertum der Sache des Glaubens oder der kirchlichen Mitgliedschaft förderlich ist. Auch so lässt sich angesichts der massenhaften Kirchenaustritte der vergangenen zwei Jahre kaum argumentieren.
Es wäre deshalb nur konsequent, wenn das Beispiel Weltbild Schule machen würde und die Kirche nach und nach ihren Konzern liquidierte. Das Dankgebet des Heiligen Vaters für diese Aktion wäre sicher: Papst Benedikt XVI. hat bei seinem Deutschland-Besuch im Sommer die Kirche zur „Entweltlichung“ aufgefordert. Das trifft sich mit der Einsicht der Ökonomen, jeder solle sich darauf konzentrieren, was er relativ am besten kann. Danach müsste die Kirche nur noch beweisen, dass sie und nur sie es ist, die den Menschen die Botschaft der Erlösung vermitteln kann.