Verbraucherschützer warnen : Fahrrad-Wahn in unseren Innenstädten
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Günstig und umweltfreundlich: Mietfahrräder in Frankfurt. Doch wo ist der Haken? Bild: Ly, Martin
Gut für Umwelt und die Gesundheit: Leihfahrräder stehen derzeit hoch im Kurs. Doch die Firmen, die dahinter stecken, haben es auf etwas ganz anderes abgesehen.
Eigentlich sind Radfahrer die Guten im Stadtverkehr. Wer emissionsfrei vor sich hin radelt, verschlechtert die Luft in den Städten nicht weiter. Doch ausgerechnet das Radfahren sorgt in diesen Tagen für Groll: Billiganbieter fluten die Metropolen mit Mieträdern. Sie kommen überwiegend aus dem fernen Osten und kümmern sich wenig um die abgestellten Räder. Das Mietradeln wird mehr und mehr zum Öko-Ärgernis.
Über 5000 Mieträder gibt es in Frankfurt. In München und Berlin sind es bereits mehr als 10.000. Der Gipfel ist längst nicht erreicht. Für die asiatischen Anbieter ist der deutsche Markt verlockend. Etwa 73 Millionen Fahrräder gibt es in Deutschland, ein Drittel der Deutschen fährt mehrmals in der Woche damit. Ob zur Arbeit, zum Einkaufen oder für eine Radtour am Wochenende: Die Zweiräder erfreuen sich großer Beliebtheit. Bis zu 40 weitere Anbieter stehen in den Startlöchern.
Bislang teilten sich zwei große Firmen den Markt: Call-a-bike, ein Fahrradverleih der Deutschen Bahn, und Nextbike, ein Leipziger Start-up. Mehrere Rad-Stationen, über die Innenstädte verteilt, sorgten für eine geregelte Ausleihe. Damit ist jetzt Schluss. Die Neuen setzen nicht mehr auf Stationen. Bei Call-a-bike und Nextbike muss der Kunde hohe Gebühren für das Abstellen außerhalb der festgelegten Punkte bezahlen. Die neuen Anbieter, die sich Obike, Mobike, Byke oder Limebike nennen, laden ihre Räder einfach in Fußgängerzonen und an öffentlichen Plätzen ab – oft über Nacht. Manchmal schicken sie vorher eine Mail an die Stadtverwaltung, um sich anzukündigen. Doch selbst das machen nicht alle, klagen die Verkehrsdezernate. In München beispielsweise stellte Obike aus Singapur im vergangenen Herbst über Nacht gleich 7000 Fahrräder ab. Auf den Gehwegen brach Chaos aus, doch die Stadt hatte keine Handhabe. Die Verleiher müssen nicht um Erlaubnis fragen. Sie berufen sich auf ein Urteil des Hamburger Verwaltungsgerichts: Dort hatte die Stadt 2009 versucht, Nextbike am Aufstellen seiner Räder zu hindern, und scheiterte.
Verbraucherschützer warnen vor den Apps
Sich ein Mietrad zu leihen geht meist einfach: Der Kunde lädt eine App auf sein Smartphone und aktiviert die GPS-Ortung. Nach einer kurzen Registrierung zeigt der jeweilige Dienst auf einer Karte die Fahrräder in nächster Umgebung. Das Rad lässt sich per Strichcode über das Handy aufsperren. Dann kann die Fahrt losgehen. Der Spaß ist billig: Im Schnitt kostet die halbe Stunde einen Euro. Viel Komfort darf der Kunde allerdings nicht erwarten. Die Zweiräder von Obike sind mit ihren Vollgummireifen nicht nur sehr schwer, ohne Gangschaltung muss man auch ordentlich strampeln, um ans Ziel zu kommen. Noch dazu fällt der Rahmen klein aus. Groß gewachsene Städter fahren hier mit angezogenen Knien. Die Räder von Byke fielen negativ auf, weil sie sich im Herbststurm als nicht sehr standfest erwiesen.
Und das ist nicht der einzige Nachteil. Verbraucherschützer warnen die Kunden davor, den Apps zu viele Rechte zuzugestehen. Durch die GPS-Ortung lassen sich Bewegungsprofile erstellen. Technisch ist das möglich, auch wenn die Anbieter vehement abstreiten, das zu tun. So genau nehmen sie es aber nicht mit dem Datenschutz: Durch einen Appfehler waren die Kundendaten von Obike im Internet frei einsehbar. Das Problem ist zwar inzwischen behoben, machte aber deutlich, wie viele Daten die Verleiher über ihre Kunden sammeln.