Unterricht : Welche Fächer gehören in die Schule?
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Die Schule soll auf das Leben vorbereiten – aber wie konkret darf es denn sein? Bild: dpa
Schach und Reiten gibt es schon; sogar „Glück“ wird unterrichtet. Nun wünscht sich der Bundeslandwirtschaftminister ein Schulfach Ernährung, die meisten Deutschen ebenso. Wie sinnvoll ist das alles?
Was könnte man nicht alles in der Schule lernen – der Phantasie sind da kaum Grenzen gesetzt. Und so stehen an einigen deutschen Schulen recht exotische Fächer auf dem Stundenplan. Dass an immer mehr Schulen Chinesisch unterrichtet wird, verwundert angesichts der großen Rolle, die das Reich der Mitte inzwischen auf der Welt spielt, noch am wenigsten. Norwegisch, Schwedisch oder Dänisch vermutet man hingegen eher nicht auf den Stundenplänen der Republik, doch auch diese Sprachen werden mancherorts unterrichtet.
Ein Alleinstellungsmerkmal hat die Balthasar-Neumann-Schule in Bruchsal: Man kann dort Luft- und Raumfahrt sogar als Abiturprüfungsfach belegen. An einigen Schulen gibt es Schach als Fach; fördert das Spiel doch die geistige Entwicklung, und es soll auch der Persönlichkeitsentwicklung dienen. Von einem Schulfach Golf hat man ebenfalls schon gehört und von Reiten sowieso. Das Gymnasium Laucha im Saale-Unstrut-Anbaugebiet hat einen eigenen kleinen Weinberg und bietet das Wahlpflichtfach Weinbau an. Schüler lernen, wie man Reben schneidet und woraus Wein besteht. Dort gibt es noch ein ungewöhnliches Fach: Segelflug in Theorie und Praxis.
Größere öffentliche Aufmerksamkeit hat das Fach „Glück“ bekommen. Der Oberstudiendirektor Ernst Fritz-Schubert hat es vor etwa zehn Jahren an seiner Heidelberger Schule etabliert, inzwischen wird es auch an anderen Schulen in Deutschland und Österreich gelehrt. Nach Fritz-Schubert soll es der „Hauptaufgabe der Schule“ dienen: der Vorbereitung auf ein gelingendes Leben. „Das Schulfach Glück bietet einen bunten Strauß von Erlebnissen, die körperlich und seelisch wohltuend wirken und geistig anregend zu neuen Erkenntnissen und guten Absichten führen“, erklärt er. Man lerne zum Beispiel, psychische und physische Hindernisse zu überwinden, die Gruppe als Kraftquelle zu erkennen und sich im mentalen Training zu motivieren. Wissenschaftler der Uni Mannheim haben dem Glücksunterricht eine positive Wirkung bescheinigt.
Einzelne Schulen dürfen gerne ausprobieren
Dass einzelne Schulen mit außergewöhnlichen Fächern aufwarten, ruft wenig Widerspruch hervor: Sollen sie doch ausprobieren, von ihren Erfahrungen berichten und gegebenenfalls Nachahmer finden. Kontrovers wird die Diskussion aber, wenn es darum geht, welche Fächer an allen Schulen gelehrt werden müssen. Weil sich die Welt verändert, ist das nicht für alle Zeiten in Stein gemeißelt.
Fragt man zehn Personen, welche Pflichtfächer es geben sollte, dann bekommt man zehn unterschiedliche Antworten. Kaum umstritten dürfte sein, dass Deutsch, Mathematik und Englisch grundlegend sind, ebenso die politische Bildung. In dem verpflichtenden Fächerkanon der Kultusministerkonferenz (KMK) finden sich außerdem: Fremdsprachen, Informatik, Naturwissenschaften, Technik, Gesellschaftswissenschaften, musische Fächer, Religion, Philosophie, Ethik, Sport.
Bildung um der Bildung willen oder doch besser Berufsvorbereitung?
So weit, so unkonkret. Es bleiben viele Fragen: Ist die Allgemeinbildung gefährdet, wenn Gymnasiasten kein Latein mehr lernen? Braucht man in Erdkunde, Biologie, Physik und Chemie mehr als ein überschaubares Grundwissen? Leisten Kunst und Musik einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung, oder sind sie nur Schmuck und in Zeiten, in denen andere Wissensgebiete wichtiger werden, verzichtbar? Eltern beantworten diese Fragen sehr verschieden – und wählen für ihren Nachwuchs ganz unterschiedliche Schulen: vom humanistischen Gymnasium über Schulen mit mathematisch-naturwissenschaftlichem Schwerpunkt bis hin zu Wirtschaftsschulen. Für die einen ist Bildung um der Bildung wichtiger, für andere geht es stärker um Nützlichkeit und die Vorbereitung der Kinder auf das Berufsleben.
Es gibt darüber hinaus etliche Wissensgebiete, die die Kultusministerkonferenz als „weitere Unterrichtsinhalte“ bezeichnet und die in der Regel fächerübergreifend zu unterrichten seien. Die KMK zählt dazu unter anderem: Gesundheitserziehung, nachhaltige Entwicklung, wirtschaftliche Bildung und Verbraucherbildung. Hier wird es richtig spannend, denn es ist hochumstritten, ob diese Inhalte tatsächlich nur hier und da in andere Fächer einfließen sollten oder ob sie inzwischen schon Teil der Allgemeinbildung sind – und in einem eigenständigen Fach, möglichst flächendeckend und verpflichtend, unterrichtet werden müssten. Dabei hat die Etablierung eines eigenständigen Fachs schon alleine aus einem Grund große Vorteile: An den Hochschulen werden dann die passenden Lehramtsstudiengänge eingerichtet. Über neue Pflichtfächer wird außerdem auch deshalb besonders heiß diskutiert, weil sie womöglich andere Fächer verdrängen.