F.A.Z. exklusiv : Zalando will Hunderte Stellen abbauen
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Zalando-Gründer David Schneider (links) und Robert Gentz Bild: Daniel Hofer
Nach einer enormen Wachstumsphase verderben Inflation und miese Konsumlaune das Geschäft von Zalando. Der Modeonlinehändler will Jobs streichen – und spricht von einer „sehr harten, aber notwendigen Entscheidung“.
Der Onlinemodehändler Zalando will Hunderte Stellen abbauen. Das geht aus einem internen Schreiben der beiden Ko-Chefs und Gründer Robert Gentz und David Schneider an die Belegschaft des Dax-Konzerns hervor, welches der F.A.Z. vorliegt. „Das ist eine sehr harte, aber notwendige Entscheidung, um uns auf die in der Zukunft liegenden Herausforderungen und Chancen vorzubereiten.“
Insbesondere soll es um Stellen in der Verwaltung gehen, auch auf Führungsebene. Nicht betroffen sind Mitarbeiter in den Logistikzentren, dem Kundendienst und den stationären Outletläden. Auch operative Stellen bei den Zalando Studios, wo unter anderem die Produktfotos für Zalando und Dritte entstehen, sind aus dem Stellenabbau ausgeklammert. Welche anderen Bereiche wie stark betroffen sind, wisse der Vorstand selbst noch nicht. Unverzüglich sollen allerdings die Beratungen mit den Arbeitnehmervertretern beginnen.
Schneider und Gentz halten sich eine „breite Spanne“ an Optionen offen, einschließlich potentieller interner Versetzungen, Weiterbildungen oder „Unterstützung bei der Neuorientierung“. Auch Freiwilligenprogramme in den betroffenen Bereichen seien denkbar. Man wolle „alles geben, um unsere Kollegen während des Prozesses zu unterstützen“.
„Zu stark gewachsen“
Das Unternehmen hatte schon in den vergangenen Monaten das Tempo der Neueinstellungen verlangsamt und nur noch in einigen strategisch wichtigen Bereichen eingestellt. Während der Vorstellung einer neuen Organisationsstruktur im Dezember 2022 hatte es noch geheißen, dass mit dem Plan keine personellen Einsparungen einhergingen. Im Rahmen der Reform sollen Teams in lokalen Märkten gestärkt werden, um das Sortiment stärker auf die Kunden vor Ort anzupassen. Gleichzeitig sollen in einer Art Doppelstruktur Teams für spezifische Kundengruppen passgenaue Angebote erarbeiten, etwa für Kunden in den Bereichen „Beauty“ oder „Streetwear“. Der nun angekündigte Stellenabbau habe nichts mit der neuen Organisationsstruktur zu tun, heißt es aus Unternehmenskreisen.
„Über die letzten Jahre sind einige Teile unseres Unternehmens zu stark gewachsen“, schreiben Gentz und Schneider in ihrem Brief. „Wir haben ein Komplexitätslevel erreicht, dass unsere Fähigkeit schnell zu reagieren beeinflusst hat.“ Tatsächlich stieg die Mitarbeiterzahl getrieben von rasantem Umsatzwachstum von 2020 bis 2021 von knapp 14.200 auf mehr als 17.000. Insider berichteten, dass im Prinzip jedes Team bekommen habe, was es wollte.
„Großes Unternehmen mit dem Mindset eines kleinen Unternehmens“
Seit diesem Jahr ist das anders. Die Konsumenten geben angesichts der immensen Preissteigerungen weniger Geld für Onlineshopping aus. Der Rückenwind durch die Pandemie habe 2022 nachgelassen, schreiben auch die Zalando-Chefs. „Das makroökonomische Umfeld ist herausfordernder geworden.“ Statt eines „großen Unternehmens mit der Struktur und dem Mindset eines großen Unternehmens“ müsse Zalando „ein großes Unternehmen mit dem Mindset und der Struktur eines kleinen Unternehmens“ sein, das Einfachheit, Pragmatismus und Sparsamkeit verkörpere.Die Börse reagierte zunächst kaum auf die Ankündigung. Die Aktie baute ihren Verlust am Nachmittag sogar leicht aus und notierte mehr als 2 Prozent im Minus.
Zalando hatte bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen im November einen zurückhaltenden Ausblick auf das Jahr 2023 geliefert. Das Gesamtjahresergebnis 2022 werde wohl am unteren Ende der Prognose liegen. Schon im Juni hatte das Unternehmen den Ausblick wegen der schwachen Konjunktur nach unten korrigiert. Zalando peilt für 2022 ein Umsatzwachstum um 0 bis 3 Prozent an. Das Betriebsergebnis werde voraussichtlich zwischen 180 und 260 Millionen Euro liegen. Die endgültigen Ergebnisse veröffentlicht der Konzern am 7. März. Zalando hatte im November außerdem gewarnt, dass die mittelfristigen Ziele wohl nur mit Verzögerung erreicht würden.
Ähnliche Gründe für einen Stellenabbau wie Zalando lieferten zuletzt die großen amerikanischen Techkonzerne. Der Facebook-Konzern Meta kündigte die Entlassung von 11.000 Mitarbeitern an, beim Google-Mutterkonzern Alphabet waren es 12.000, bei Amazon sind 18.000 Mitarbeiter vom Abbau betroffen. In Deutschland hatte zuletzt der Lieferkonzern Delivery Hero angekündigt, dass 156 Mitarbeiter in der Zentrale gehen müssen.