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McKinsey und Co. : Wenn die Gewerkschaft Unternehmensberater zu Hilfe holt

Auch Arbeitnehmer der Fahrstuhl- und Fahrtreppensparte von Thyssen-Krupp lassen sich beraten. Bild: Bloomberg

Nicht nur Manager heuern Unternehmensberatungen wie McKinsey an, wenn sie ihre Agenda durchsetzen wollen. Auch Betriebsräte lassen sich helfen.

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          Als der Chemie- und Pharmakonzern Merck vor Jahren einen Umbau beschloss, sollte unter anderem die Chemische Fabrik Lehrte (CFL) dran glauben. Der Dax-Konzern wollte das – profitable – Werk in dem Ort zwischen Hannover und Peine schließen. Um in dem Konzernumbau die ärgsten Grausamkeiten zu stoppen, holte sich Mercks Betriebsrat Hilfe von außen: Kemper&Schlomski aus Dresden, eine Unternehmensberatung, die auf Arbeitnehmerbelange spezialisiert ist. Die eruierte auch den Markt nach möglichen Käufern für CFL. Merck sperrte sich lange dagegen, beharrte auf der Schließung. Doch am Ende setzten sich die Arbeitnehmerberater durch.

          Tillmann Neuscheler
          Redakteur in der Wirtschaft.
          Klaus Max Smolka
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Eine ungewöhnliche Geschichte, denn in der Welt der Fusionen und Übernahmen sucht normalerweise der Vorstand einen Käufer – und die Belegschaft stellt sich quer. Hier aber suchten Arbeitnehmer einen Investor und setzten sich gegen den Widerstand des Managements durch. Der Fall zeigt: Nicht nur Manager suchen die Hilfe von Unternehmensberatern, auch Betriebsräte und andere Arbeitnehmervertreter lassen sich von Beratern helfen. Oft ruft der Betriebsrat Berater, wenn das Management einen Personalabbau angekündigt hat. Betriebsräte suchen dann Hilfe, etwa zum Erstellen eines Gegenkonzepts.

          Und so ist ein eigener Markt entstanden für Betriebsrats-Berater. Ihre Namen sind nur wenigen bekannt. Mit dem Glanz der großen Strategieberater wie McKinsey, Bain, BCG und Roland Berger haben sie wenig zu tun. Auch gibt es nur wenige verlässliche Zahlen über das Marktvolumen der Betriebsrats-Berater. Der Markt ist klein und zersplittert, wie groß genau, weiß niemand. „Es gibt keine Bestandserhebung“, sagt Klaus Kost, Vorstand des Bundesverbands Arbeitsorientierter Beratung, in dem sich ein Teil der Betriebsrats-Berater zusammengeschlossen hat. „Es gibt mittlerweile etwa 1000 Betriebsrats-Berater mit 200 verschiedenen Beratungsgesellschaften, die meisten sind mit fünf bis zehn Beratern aber sehr klein“, sagt Kost. Auch selbständige Ein-Mann-Berater seien darunter, nur weniger als ein Dutzend der Beratungsunternehmen hätten mehr als 30 Mitarbeiter. „Wir reden von Fliegen gegen Elefanten“, sagt Kost.

          Von Arbeitsschutz bis Kostensenkung

          Sein eigenes Beratungshaus „PCG Project Consult“ in Essen beschäftigt rund 30 Mitarbeiter und erwirtschaftet rund 2,5 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Derzeit berät das Unternehmen etwa einen der Gesamtbetriebsräte von Thyssen-Krupp und betreibt die Transfergesellschaft der insolventen Air Berlin, die rund 1800 Mitarbeiter des Boden- und Technikpersonals innerhalb von 12 Monaten in neue Stellen vermitteln soll. Die Aufgaben der Betriebsrats-Berater sind vielfältig: „Oft rufen Betriebsräte arbeitsorientierte Berater und Rechtsanwälte, wenn das Management Personalabbau angekündigt hat“, sagt Kost.

          Berater helfen den Betriebsräten beim Erstellen eines Gegenkonzepts. Sie entwickeln Zukunftsszenarien; sie kontrollieren, ob Vereinbarungen zwischen den Tarifpartnern tatsächlich eingehalten werden; sie helfen beim Verhandeln über Sozialpläne. Auch beim Organisieren von Transfergesellschaften ist ihr Wissen gefragt. Und sie beschäftigen sich zudem mit Fragen des Arbeitsschutzes. In manchen Fällen hat der Betriebsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz einen rechtlichen Anspruch darauf, externe Berater hinzuzuziehen.

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