Weleda hat Probleme : Kosmetik und Salben aus dem Waldorf-Garten
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Weleda-Felder in Schwäbisch Gmünd Bild: Lisowski, Philip
Weleda war ein Vorzeigekonzern der Anthroposophen. Dann kam die Krise – und ein Sanierer. Mit BWL-Buch, ohne Rudolf Steiners Lehren.
Wer Weleda besucht, meint, eine bessere Welt zu betreten. Alles bei dem Heilmittelhersteller wirkt offen, natürlich, gut. Die Hauptverwaltung oberhalb von Schwäbisch Gmünd ist umgeben von einem riesigen Park, in dem Heilkräuter blühen und duften. Cremes und Pasten hier sind durchweg bio und rosenblütenrein, die Cafeteria edel. Bei schönem Wetter sitzen die Mitarbeiter auf Natursteinmauern oder an Holztischen am Teich beisammen. Sie sprechen dann viel über Gefühle, über Werte, Vertrauen und Herzensangelegenheiten.
Hier ist alles eitel Sonnenschein, möchte man meinen. Und doch trügt der Schein. Denn bei dem anthroposophischen Naturkosmetikhersteller geht es zu wie in jedem anderen Konzern: Auch hier geht es um Geld, Macht und Rivalitäten und manchmal auch um zwielichtige Geschäfte.
Zudem fühlen Anthroposophen sich weniger als nüchterne Zahlenmenschen denn als philosophisch inspirierte Denker. Bisweilen kollidiert das mit den Erfordernissen der Wirtschaft. Das hat Weleda vor zwei, drei Jahren in die größte Krise seines bald hundertjährigen Bestehens geführt.
Gefühl statt Wirtschaftlichkeit
„Zu lange wurden die Entscheidungen hier auf der Gefühlsebene getroffen“, sagt der neue Geschäftsführer Ralph Heinisch. „Die Wirtschaftlichkeit hat man darüber vergessen.“ Missmanagement trieb das Unternehmen damals in die Verlustzone. „Wir hatten Probleme mit der Lieferkette“, hieß es vage. Von einem „IT-Problem“ war die Rede. Was harmlos klingt, richtete großen Schaden an in dem mittelständischen Betrieb mit heute 336 Millionen Euro Umsatz: Bestellte Heilmittel wurden nicht ausgeliefert, weil keine Rechnungen erstellt werden konnten. In der Folge musste die Ware - die nur begrenzt haltbar ist - im großen Stil vernichtet werden.
In der Not entschied die Geschäftsführung: Wir liefern und reichen die Rechnungen später nach. Was dann aber nicht immer passierte. Während die Umsätze stetig weiter stiegen, stand unter dem Strich ein Verlust von erst 3, dann 8,6 Millionen Euro im Jahr 2011. Bei Weleda flogen die Fetzen.
Das war die Stunde des Herrn Mackay. Paul Mackay ist Vorsitzender der Anthroposophischen Gesellschaft im Schweizer Arlesheim. Damit ist er so etwas wie der oberste Anthroposoph der Welt und Verwaltungsratschef bei Weleda.
Neuer Geschäftsführer sollte Weleda sanieren
Mackay zog die Reißleine, wechselte 2012 fast die komplette Geschäftsleitung aus. „Es mangelte an Vertrauen in die Geschäftsleitungskompetenz“, sagt er heute. Und damit nicht genug: Auch der Verwaltungsrat wurde neu besetzt. Dem Gremium hatte bis dahin auch dm-Chef Götz Werner, ein Aushängeschild der Anthroposophen in der Wirtschaft, angehört, den Mackay sehr schätzt. „Aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Auch hier musste ein Befreiungsschlag her.“ Als Geschäftsführer kam ein Sanierer zu Weleda – Betriebswirt Ralph Heinisch. Er ist kein Anhänger Rudolf Steiners, dem Begründer der Anthroposophie, hatte aber zuvor ein anthroposophisches Krankenhaus saniert. Die Ideen Steiners waren ihm somit durchaus ein Begriff. „Ich sehe da eine Nähe zu den christlichen Werten. Damit fühle ich mich verbunden.“