Auf den Pranger können wir verzichten
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Das Bundeskanzleramt möchte das Unternehmertum in Deutschland fördern, doch die negative mediale Darstellung schreckt ab. Bild: dpa
Unternehmer werden oft als reiche Erben dargestellt, die kaum bis gar nicht arbeiten. Das öffentliche Bild ist daher häufig stark verzerrt – mit fatalen Folgen. Richtiges Engagement vor allem durch Familienunternehmer bleibt unsichtbar. Ein Gastbeitrag.
Wenn das Fernsehen über Unternehmerinnen und Unternehmer berichtet, stößt man oft auf Klischees: Gezeigt werden junge Firmenerben, die mit dem Privatflugzeug um die Welt fliegen, keiner Beschäftigung nachgehen und in Saus und Braus leben. Solche Bilder halten sich hartnäckig im Fernsehen. Keine Frage: Auch solche Beispiele gibt es, doch sie sind die Minderzahl. Die „wirklichen“ Unternehmer, die ihren Betrieb am Laufen halten, um Aufträge und Marktanteile kämpfen, haben auf der Mattscheibe Seltenheitswert. Vielleicht auch deshalb, weil sie wenig schillernd sind. Aus Krimis ist die Verzerrung hinlänglich bekannt. Die Mörder im „Tatort“ kommen bekanntlich am häufigsten aus der Berufsgruppe der Selbständigen und Unternehmer. Die realitätsfremde Darstellung in Unterhaltungssendungen ist eine Sache. Wenn aber seriöse TV-Informationen am laufenden Band Zerrbilder transportieren, ist dies für unsere Demokratie und die Soziale Marktwirtschaft ein Problem.
Natürlich müssen die Medien kritische Fragen stellen und Fehler offenlegen. Das darf aber nicht bedeuten, unternehmerische Tätigkeiten zu diskreditieren. Genau das passiert in den elektronischen Medien. Nicht nur die immer zahlreicher werdenden Satiresendungen, sondern auch Informationsformate stellen Unternehmer regelmäßig an den Pranger. Das führt zu einer Unwucht und widerspricht dem, was in Staatsverträgen für das öffentlich-rechtliche Fernsehen festgeschrieben ist: nämlich ein umfassendes Bild der deutschen Wirklichkeit zu vermitteln. Das in der Öffentlichkeit gezeichnete Bild von Unternehmerinnen und Unternehmern stimmt mit der Wirklichkeit jedenfalls häufig nicht überein. Dabei geht es nicht um Überempfindlichkeit von Betroffenen. Zu kurz kommt das realistische Abbild.
Vorbehalte führen zu weniger Unternehmertum
In Sonntagsreden heben Politik und Gesellschaft zwar stets das freie Unternehmertum hervor, doch im Alltag lassen sie Ermutigung vermissen. In der Ampelkoalition droht das Desinteresse sogar noch zu wachsen, denn zwei der drei Partner betrachten Wirtschaft in erster Linie aus ihren parteipolitischen Schützengräben. Dabei benötigen wir einen unternehmerischen Aufbruch. Gradmesser dafür: Bund und Länder starten regelmäßig Programme, mit denen junge Menschen dazu bewogen werden sollen, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Doch der Wunsch nach Selbständigkeit nimmt ab – auch deshalb, weil ein Teil unserer Gesellschaft mit Unternehmertum nichts anfangen kann.
Ablesbar ist dies an einer von Misstrauen geprägten Regulierung. Ein Beispiel von vielen: Seit einigen Jahren müssen sich Unternehmer mit ihrer Privatadresse in ein Transparenzregister eintragen. Die EU hat durchgesetzt, dass dieses Register im Internet einsehbar ist. Jeder kann so Namen, Geburtsdatum und Wohnort von Gesellschaftern von Unternehmen herausfinden.
Dass dies die Sicherheit der Eigentümer gefährdet, ist dem Gesetzgeber kaum einen Gedanken wert. Während sich die Politik im privaten Bereich auf die Seite des Datenschutzes stellt, verlässt sie diese Linie, wenn es um persönliche Daten von Unternehmerfamilien geht. Dabei akzeptieren die Eigentümer von Unternehmen, dass staatliche Stellen die Daten kennen müssen. Ihnen fehlt aber jegliches Verständnis dafür, dass sie mit ihren persönlichen Angaben der Öffentlichkeit auskunftspflichtig sein sollen. Der Grund für solche fehlgeleiteten Gesetze liegt in Vorbehalten gegenüber Unternehmen.
Unternehmerisches Engagement wird nicht genug anerkannt
Das spüren die großen Familienunternehmen. Sie sind es, die im vergangenen Jahrzehnt mehr Arbeitsplätze geschaffen haben als die Dax-Konzerne. Viele große Familienunternehmen gehören zu den Hidden Champions und sind weltweit tätig. Doch ihr Stammsitz befindet sich oftmals im ländlichen Raum. Im direkten Umkreis haben diese Unternehmen einen hervorragenden Ruf und werden von der Bevölkerung geschätzt. Oft sind die Eigentümer im örtlichen Leben aktiv. Diese Strukturen sind über Generationen gewachsen, und dafür beanspruchen die Unternehmen keine Sonderbehandlung.
Auch ihr Engagement für die Region, die örtlichen Vereine und sozialen Einrichtungen tätigen viele Unternehmen aus stiller Überzeugung. Sie sind unverzichtbar für gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland. Deshalb wundern sich Unternehmer, wenn ihnen pauschal vorgeworfen wird, zu wenig für die Gesellschaft zu tun. Familienunternehmen halten wie kein anderer Unternehmenstypus zum Standort. Deutschland zählt zu den Industrieländern mit den höchsten Steuern und Abgaben. Warum wird dieses unternehmerische Engagement dann so häufig schlechtgeredet?