Nach dramatischem Kursverlust : Warum die Schweizer Notenbank die Credit Suisse rettet
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Ein Gebäude der Credit Suisse in Zürich Bild: dpa
Die Schweizerische Nationalbank springt der krisengeschüttelten Großbank Credit Suisse zur Seite. Damit will sie auch ein Überspringen von Panik auf andere Finanzplätze verhindern.
Die krisengeschüttelte Credit Suisse kann bei der Schweizerischen Nationalbank Kredite von bis zu 50 Milliarden Franken aufnehmen, um die Liquidität bei Bedarf zu stützen. Dies kündigte die verlustgeplagte Schweizer Großbank in der Nacht zum Donnerstag an. Mit der Vereinbarung über diesen Kreditrahmen zieht sie eine Option, die ihr die Schweizerische Nationalbank (SNB) erst am Vorabend eingeräumt hatte. Die Kreditaufnahme sei vollständig durch erstklassige Vermögenswerte besichert.
Außerdem kauft die CS Schuldverschreibungen im Gesamtwert von bis zu 3 Milliarden Dollar zurück. Mit diesen Maßnahmen will die Bank das verloren gegangene Vertrauen zurückgewinnen, das sich in dem dramatischen Absturz der CS-Aktie an der Börse spiegelt.
Allein am Mittwoch war der Kurs zeitweise um bis zu 31 Prozent eingebrochen, nachdem der Präsident des Großaktionärs Saudi National Bank weitere Kapitalspritzen für die Bank ausgeschlossen hatte. Auch die Kurse der CS-Anleihen gaben dramatisch nach. „Diese Maßnahmen demonstrieren ein entschlossenes Handeln zur Stärkung der Credit Suisse, während wir unsere strategische Transformation fortsetzen”, sagte der Vorstandsvorsitzende Ulrich Körner in der Pressemitteilung. Und: „Mein Team und ich sind entschlossen, rasch voranzukommen, um eine einfachere und stärker auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtete Bank zu schaffen.“ Das Hilfsmanöver kam an der Börse gut an: Zum Auftakt des Handels schoss der Aktienkurs der CS um 33 Prozent auf 2,25 Franken in die Höhe.
Hausgemachte Skandale, Schieflagen und Fehlschläge
Die Hilfsaktion der Schweizer Notenbank, die im Schulterschluss mit der Eidgenössischen Finanzaufsicht (Finma) agiert, ist die größte ihrer Art für eine Schweizer Bank seit der Finanzkrise 2008. Damals wurde der CS-Lokalrivale UBS mit Hilfen in zweistelliger Milliardenhöhe, die zum Teil auch direkt vom Staat kamen, vor dem Aus bewahrt. Allerdings ist diese Rettung nicht direkt vergleichbar mit dem Fall der CS: Die UBS hatte seinerzeit das Problem einer zu geringen Kapitalausstattung. Die Credit Suisse weist hingegen immer wieder darauf hin, dass sie angesichts einer Kernkapitalquote von zuletzt 14,1 Prozent solide finanziert ist.
Damit konnte sie die Märkte freilich bisher nicht beruhigen. Auch ist anzunehmen, dass Kunden auf die nicht endenden Negativschlagzeilen und Kursverluste reagiert und weitere Gelder abgezogen haben. Allein im vierten Quartal 2022 hatte die Bank, die zu den größten Vermögensverwaltern der Welt zählt, Kundengelder von 111 Milliarden Franken verloren.
Die Verunsicherung wurde durch die jüngsten Verwerfungen auf dem amerikanischen Bankenmarkt noch verstärkt. Darauf nehmen SNB und Finma in ihrer Mitteilung von Mittwochabend sogar Bezug, indem sie betonen, dass es keine Hinweise auf eine direkte Ansteckungsgefahr für Schweizer Institute gebe. In der Schweiz müssten alle Banken Kapital- und Liquiditätspuffer vorhalten, die den Mindestanforderungen des Basler Standards entsprächen oder darüber hinausgingen. Zudem erfülle die Credit Suisse die besonderen Anforderungen an Kapital und Liquidität, die an systemrelevante Banken gestellt würden. „Damit können negative Auswirkungen von großen Krisen und Schocks absorbiert werden.“
Zugleich gab die SNB bekannt, dass sie der Credit Suisse im Bedarfsfall Liquidität zur Verfügung stellen werde. Dieses Angebot, das einer Art Versicherung gleichkommt, nahm die Bank sieben Stunden später dankend an.
Nettoverlust von 7,3 Milliarden Franken
Die CS hat sich durch zahlreiche hausgemachte Skandale, Schieflagen und Fehlschläge, die auf ein mangelhaftes Risikomanagement zurückgehen, selbst in die Bredouille gebracht. Die Aufräumarbeiten in Verbindung mit operativen Rückschlägen mündeten 2022 in einem Nettoverlust von 7,3 Milliarden Franken, während andere Banken Milliardengewinne einfuhren. Der Vertrauensverlust spiegelt sich in der Börsenbewertung der Bank, die nur noch 7 Milliarden Franken beträgt. Zum Vergleich: Die UBS bringt fast 60 Milliarden Franken auf die Börsenwaage.
Nach Einschätzung des Finanzmarktfachmanns Peter Viktor Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern, hatte die Schweizer Notenbank gar keine Alternative, als die Credit Suisse zu unterstützen: „Es geht darum, ein psychologisches Zeichen zu setzen, um das Kundenvertrauen wiederherzustellen oder zumindest abzusichern“, sagte Kunz im Gespräch mit der F.A.Z. Wenn wegen der fallenden Börsenkurse Panik unter den Bankkunden aufkomme und diese in der Folge Gelder in großem Stil abzögen, könnte dies kurzfristig ein Liquiditätsproblem erzeugen. Doch nun gibt Kunz vorsichtig Entwarnung: „Die kleinen Bankkunden dürften durch die indirekte Staatsgarantie der hoch angesehenen Notenbank wahrscheinlich beruhigt sein.“
Die Nationalbank wolle mit ihrem Hilfsmanöver aber gewiss auch verhindern, dass eine Panik rund um die CS auf andere Banken und Finanzplätze in Europa und der Welt überspringe. „Es besteht das Risiko eines Flächenbrands in der Finanzszene“, sagte Kunz. Auch vor diesem Hintergrund habe die SNB ein Zeichen für den Finanzplatz setzen wollen und betont, dass die Schweizer Banken nicht direkt von den Problemen im amerikanischen Bankensektor betroffen seien.