Warner-Music-Deutschlandchefs : „Es ist Zeit, mit dem Mythos Knebelverträge aufzuräumen“
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Hamburger Führungsteam: Doreen Schimk und Fabian Drebes übernahmen im Oktober das Ruder. Bild: Warner Music / Thomas Rabsch
Warner Music wird in Deutschland seit gut einem halben Jahr von einer Doppelspitze geführt. Das Duo will einen neuen Stil prägen – und gerade auch für die Zeit nach der Hochzeit des Streamings gerüstet sein.
Die Aussicht kann sich sehen lassen. Das wissen Doreen Schimk und Fabian Drebes nur allzu gut. Also führen sie erst einmal auf den schmalen Balkon des markanten Backsteingebäudes in der Hamburger Speicherstadt, wo die Warner Music -Zentrale für den deutschsprachigen Raum sitzt. Es gibt schlechtere Lagen, doch nicht nur der Blick auf die Elbphilharmonie hält das Duo davon ab, an einen Umzug in die Nachbarschaft der großen Konkurrenten Sony und Universal Music zu denken.
„Wir sind wöchentlich in Berlin und dort im Austausch mit unseren Teams sowie Partnerinnen und Partnern“, sagt Schimk. „Hamburg–Berlin als Strecke ist ja heute auch kein Problem mehr, und mit hybriden Arbeitsmodellen ist ohnehin noch mehr Flexibilität möglich.“ Berlin sei zwar eine enorm internationale und kreative Stadt, fügt Drebes hinzu. Aber teils bekomme man den Eindruck vermittelt, „dass sich alle deutschen Künstlerinnen und Künstler in Berlin tummeln, dabei kommen sie aus allen Teilen des Landes. Deutschland ist sehr dezentralisiert, und das gilt auch für die Musikszene.“ Mit DJ-Star Robin Schulz stamme einer der erfolgreichsten hiesigen Warner-Künstler etwa aus Osnabrück.
„Das Metaverse ist nicht Zukunft, das ist Gegenwart.“
Schimk und Drebes haben zum 1. Oktober des vergangenen Jahres gemeinsam die Führung in der Speicherstadt übernommen. Sie bilden in Deutschland die erste Doppelspitze bei einem „Major“, wie die drei globalen Musikriesen auch genannt werden. Schimk ist zudem die erste Frau überhaupt in dieser Rolle. Das Duo folgte auf Bernd Dopp, der Warner Music im deutschsprachigen Raum seit 2004 geleitet hatte. Große Fußstapfen also, wobei Dopp den Wechsel gut gemanagt habe, wie beide betonen. Nach wie vor sind sie wöchentlich im Austausch mit ihrem alten Chef, der nunmehr als Berater fungiert. Gleichwohl legen sie Wert darauf, einen neuen Stil prägen zu wollen.
„Wir haben den Anspruch, die Themen Parität und Diversität wirklich zu leben, das gilt auch für unser Führungsteam“, sagt Schimk. Das seien „sichtbare Dinge und nicht nur schöne Ankündigungen.“ Nach rund sieben Monaten zieht sie für das beileibe nicht immer und überall funktionierende Projekt Doppelspitze ein positives Fazit: „Wir haben das große Glück, uns phantastisch zu ergänzen. Zudem haben wir erkannt, dass klare Rollenverteilungen wichtig sind und auch wir eine offene Feedbackkultur leben müssen.“
Während Drebes sich auf die Vermarktung des Repertoires und die Bereiche Recht & Finanzen konzentriert, kümmert sich Schimk federführend um das Personalwesen sowie Themen wie Markenpartnerschaften oder die Transformation des Unternehmens. „Wir haben nicht direkt eine fertige neue Struktur präsentiert, sondern uns Zeit gelassen und haben in den Gesprächen mit unserem Management deutlich gemacht: Das hier wird künftig kein Frontalunterricht, alle sollen den Wandel mitgestalten“, erklärt Drebes. „Für Coldplay beispielsweise wurden aus den Teams heraus für die Tournee globale Kooperationen zum Thema Nachhaltigkeit mit BMW oder SAP geschlossen.“ Das klinge manchmal selbstverständlich, sei aber ein guter Beleg für die Arbeitsweise, die ihnen vorschwebe.
Universal, Sony und Warner dominieren
Im Kerngeschäft ist die Lage ohnehin rosig. Mit Verweis auf „das erfolgreichste Jahr in der Unternehmensgeschichte“ hatte Warner Dopp verabschiedet. Allen voran durch das Streaming ist der deutsche Markt für Musikaufnahmen zuletzt um 10 Prozent gewachsen. Nach 1,96 Milliarden Euro Umsatz in 2021 ist der Schritt über die Marke von zwei Milliarden nur noch Formsache. Global gesehen kam Warner der Fachseite Music & Copyright zufolge 2021 im Geschäft mit Musikaufnahmen auf einen Marktanteil von 16,7 Prozent – hinter Sony Music (21,7 Prozent) und Universal (32 Prozent).