Wahlkampf : Das Duell der eifrigen Autoretter
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Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier: Wer trifft die angemessene Tonlage? Bild: dpa
Am Dienstag fährt die Bundeskanzlerin im Opel-Werk vor. Der Herausforderer war schon da. Nichts eignet sich besser für den Wahlkampf als das Auto. Die Politik lässt nichts unversucht, um sich als Beistand der Schlüsselbranche in Szene zu setzen.
Wer Wahlen gewinnen will, muss nahe ran an die Menschen. Und der Weg dorthin führt im Wahljahr 2009 zu den Autos und somit schnurstracks nach Rüsselsheim. Am Dienstag fährt die Bundeskanzlerin im Opel-Werk vor. Die Hallen, wo der Insignia montiert wird, wird Angela Merkel begutachten und anschließend zu 3000 Opelanern sprechen. Was die hören wollen, ist klar: Ein Bekenntnis zu Opel, am besten verbunden mit der Zusage über ein paar Milliarden Euro Hilfe vom Steuerzahler. "Der Staat kann Opel unterstützen", hat Merkel bisher gesagt, "wenn der Nutzen für alle Menschen in Deutschland größer ist als der Schaden." Das hätten sie bei Opel gerne griffiger, ohne das lästige "wenn". Etwa in der Tonlage des SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier, der schon vor vier Wochen in Rüsselsheim für die Marktplätze der Republik geprobt hat. "Wir müssen Opel retten", röhrte der Herausforderer vor IG-Metall-Fahnen. "Wenn wir jetzt industrielle Arbeitsplätze aufgeben, dann werden sie nach der Krise nicht mehr wieder kommen."

Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Gewiss ist Opel nicht die bevorzugte Automarke im Berliner Regierungsviertel. Um dorthin zu gelangen, ist das Thema jedoch essentiell. Längst geht es um mehr als um einen heruntergewirtschafteten Autohersteller. Der Opel-Blitz ist ein Symbol für die Krise - und für den Umgang der Politik mit den Folgen des Bankenbebens für die Industrie. "Es wäre ein ganz schlimmes Signal der Regierung, wenn sie den Tätern mit Hunderten Milliarden hilft, die Opfer aber im Stich lässt", sagt IG-Metall-Vize Detlef Wetzel.
Opel ist der Testfall
Das Volk verlangt in Umfragen, dass der Staat stärker in die Wirtschaft eingreift: Opel ist der Testfall dafür. Auch wenn sich die Mehrheit gegen einen direkten Staatseinstieg ausspricht, nutzen die Sozialdemokraten die Gelegenheit, die Kanzlerin vor sich her zu treiben. Überreizt sie die Rolle als Retterin, verprellt sie die Stammklientel, die sie eh schon auf dem Weg in die Staatswirtschaft wähnt - und in Scharen zur FDP flüchtet. Bleibt sie hart und Opel geht im schlimmsten Fall unter, muss sie damit rechnen, dass die SPD das Bild von der marktradikalen Maggie Merkel aus der Schublade mit der Aufschrift "Leipzig" zieht.
Als Merkels Opel-Visite vor einem halben Jahr verabredet wurde, war nicht zu ahnen, wie brenzlig die Lage sein würde: Am Montag will der amerikanische Präsident Barack Obama entscheiden, wie lange er die Muttergesellschaft General Motors noch über Wasser hält. 13 Milliarden Dollar Hilfe vom Steuerzahler hat GM schon erhalten. Weitere 17 Milliarden verlangt der Konzern. Sonst droht die Pleite. In Detroit wie in Rüsselsheim.
25.000 Arbeitsplätze wären davon direkt betroffen, eine vielfache Zahl hängt angeblich dran. Die Modelle Astra und Agila werden daher zum Systemrisiko erklärt, selbst aus den Reihen der Union. Und "systemrelevant", die Lieblingsvokabel aller Retter, heißt nichts anderes als: Der Steuerzahler muss ran. Ohne Rücksicht darauf, dass eine Opel-Pleite für die Beteiligten fraglos schlimm wäre, die Autoversorgung im Land jedoch kaum zusammenbrechen würde.