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Geschäft mit Verschwörungstheorien : Die Angstindustrie

Gewitter über Dresden: Die sächsische Landeshauptstadt ist zur Pegida-Hauptstadt geworden. Bild: ZB

Die Anhänger kruder Theorien und populistischer Thesen haben es aus der Nische auf die Marktplätze und in die Nachrichten geschafft. Ermöglicht haben das auch Unternehmer, die im Internet mit der Angst Geschäfte machen.

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          Alles, was hier steht, ist erstunken und erlogen. Es folgen 250 Zeilen, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt werden. Es gibt Menschen, die glauben das tatsächlich. Für sie steht fest: Der „Lügenpresse“ darf man nicht vertrauen. Was wirklich wahr ist, das wissen nur sie, die Eingeweihten, die sich nicht blenden lassen von angeblich korrupten Politikern und gekauften Journalisten.

          Johannes Pennekamp
          Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung.
          Patrick Bernau
          Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaft und „Wert“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Willkommen in der Welt der Verschwörer, Populisten und Paranoiden. Eine Welt, die man lange getrost ignorieren konnte, die seit einiger Zeit aber nicht mehr zu übersehen ist. Krude Argumente und Parolen zum Zustand der Medien, zum Islam oder zu Russland haben es aus der Nische auf Marktplätze, in die Talkshows und gesellschaftliche Debatten geschafft. Wer wissen will, wer diesen Trend befeuert, der stößt auf teils junge Unternehmen, die das Geschäft mit der Angst entdeckt haben. Ihre Ware sind konspirative Theorien und furchteinflößende Deutungen des Weltgeschehens, die von einer überschaubaren, aber offenbar wachsenden Szene dankbar angenommen werden.

          Männer wie Jochen Kopp liefern den Stoff, aus dem die Albträume vieler Menschen sind. In Rottenburg am Neckar, einer Stadt mit rund 40.000 Einwohnern, vertreibt er mit seinem Kopp-Verlag Bücher wie „Der Dritte Weltkrieg – Schlachtfeld Europa“, die „Rückkehr der Seuchen (Wie Sie sich schützen und zu den Überlebenden zählen)“ oder „Insiderwissen Gold“. Was viele Titel vereint: Sie suggerieren Insiderwissen über angebliche Bedrohungen, die von Politik und den Massenmedien verschwiegen werden. Nur wer sich schnell mit der entsprechenden Lektüre eindeckt, kann Krankheit, finanziellem Ruin und Krieg noch entgehen.

          Kopp hat auch ein Online-Portal. Dessen Leser lernen, dass Muttermilch krank macht – und dass Impftermine für Kinder nur dazu dienen, die Eltern einer Gehirnwäsche zu unterziehen. Die Zentralbanken planen vielleicht einen großen Aktiencrash. Im August kündigte ein Autor auf der Seite eine Erdbebenwelle in Kalifornien an. Und fast immer sind gleich die passenden Bücher beworben.

          Kopp wächst „im zweistelligen Prozentbereich“

          Wer glaubt, dass auf diese Masche niemand hereinfällt, der täuscht sich. Kopp beschäftigt nach eigenen Angaben 60 Mitarbeiter. „Wir versenden zwischen 10.000 und 25.000 Bücher pro Tag, das Wachstum ist konstant positiv im zweistelligen Prozentbereich“, sagt er. Zu seinen Geschäftszahlen schweigt der 48 Jahre alte frühere Polizist. Die Wirtschaftsauskunftei Bürgel schätzt den Jahresumsatz 2013 auf immerhin 5 bis 10 Millionen Euro. 2013 ist Kopp in ein größeres Gebäude umgezogen. Offenbar war das alte zu klein geworden, berichten Medien. Das Interesse an den Schriften des Kopp-Verlags wächst. Das Online-Portal hatte im Dezember schon vier Millionen Besuche– ein Drittel mehr als im Juni. Inzwischen hat der Kopp-Verlag im Internet die seriöse „Wirtschaftswoche“ überholt.

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