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Batterieproduzent braucht Geld : Varta im Würgegriff der Banken

Knopfzellenproduktion von Varta in Ellwangen an der Jagst Bild: Tobias Schmitt

Der Batteriehersteller will sich mit einer Kapitalerhöhung 50 Millionen Euro beschaffen und die Personalkosten deutlich senken. Doch von der Gewerkschaft kommen kämpferische Töne. Und das letzte Wort haben die Banken.

          3 Min.

          Der angeschlagene Batteriehersteller Varta braucht dringend neues Geld und muss auch auf Druck der Banken drastisch sparen. Nun soll der Mehrheitsaktionär, der österreichische Milliardär Michael Tojner, den Konzern im Rahmen einer Kapitalerhöhung mit 50 Millionen Euro stützen. Das teilte das traditionsreiche Un­­ternehmen aus Ellwangen bei Aalen am Montag mit.

          Gustav Theile
          Wirtschaftskorrespondent in Stuttgart.

          Bedingung für die Kapitalerhöhung ist allerdings eine Einigung mit den Banken, die von deren Zustimmung zu einem Sparprogramm des Un­ternehmens abhängt. Der Varta-Aktienkurs verlor am Montag bis zu 15 Prozent.

          Varta galt lange als große deutsche Batteriehoffnung, ist zuletzt aber im Kurs eingebrochen. Seit Sommer 2021 hat das Unternehmen an der Börse 85 Prozent seines Wertes verloren. Noch vor etwa ei­nem Jahr hatte der Konzern eine Dividende in Höhe von etwa 100 Millionen Euro ausgezahlt, Tojner hält gut die Hälfte der Anteile an dem Unternehmen.

          Berater und Prüfer sollen helfen

          Im vergangenen Jahr rutschte der Konzern nach zuvor hohen Margen in die Verlustzone. Der Apple-Konzern hatte Bestellungen von Varta-Batterien für seine Airpod-Kopfhörer reduziert, zudem setzten die Kosten dem Unternehmen zu: „Un­sere Materialkosten sind im Jahresverlauf um 25 Prozent gestiegen. Die machen 50 Prozent unserer Gesamtkosten aus“, hatte der neue Chef Markus Hackstein im Dezember im Gespräch mit der F.A.Z. ge­sagt. Der Österreicher hatte den lange sehr erfolgreichen Herbert Schein im September abgelöst. Auch weitere Vorstandsmitglieder wurden ausgetauscht.

          Um die Kosten zu drücken, setzte Hackstein auf externe Expertise. Berater der Boston Consulting Group sollten Sparvorschläge erarbeiten. In einem Gutachten von den Wirtschaftsprüfern von KPMG ließ sich Varta nun zudem „die Restruk­turierungsfähigkeit und klare Wachstumsperspektiven“ bescheinigen, heißt es in der Pressemitteilung. Das Gutachten „be­stätigt, dass stimmt, was wir sagen“, sagte ein Unternehmenssprecher. Es soll nun die Banken überzeugen.

          Gewerkschaft kämpferisch

          Für den Sparkurs soll einerseits die Be­schaffung verbessert werden, was Hackstein schon im Dezember angedeutet hatte. Anderseits kündigte er weitere Einschnitte für die Mitarbeiter an. Einsparungen bei den Personalkosten seien „leider unausweichlich“, wird er in der Mitteilung zitiert. „Dem Betriebsrat ha­ben wir deshalb angeboten, umgehend Gespräche über die Ausgestaltung der konkreten Maßnahmen aufzunehmen.“ Schon bisher sind 500 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Weitere Investitionen sind auf Eis gelegt, darunter auch etliche Bauvorhaben.

          Von der Gewerkschaft kamen am Montag kämpferische Töne. „Als Betriebsrat und IG Metall werden wir alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, um Arbeitsplätze zu sichern“, sagte der zuständige IG-Metall-Vertreter Fabian Fink der F.A.Z. „Bevor man an einen Personalabbau denkt, ist es noch ein weiter Weg. Das würden wir nicht so einfach hinnehmen.“ Noch habe der Arbeitgeber ohnehin keine Ideen präsentiert.

          Beobachter halten drastische Einsparungen für unvermeidbar. „Eine Personalrestrukturierung ist notwendig“, sagte Robert-Jan van der Horst, Varta-Analyst von Warburg Research.

          Sehr dünnes Liquiditätspolster

          Was passiert, sollte Varta keine Einigung mit den Banken erzielen, wollte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage nicht erläutern. „Dazu kann ich nichts sagen“, sagte er nur. Man sei sehr zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommen werde. Laut Analyst van der Horst war das Cashpolster von Varta zuletzt „sehr dünn“. En­de des dritten Quartals Ende September seien es nur 32 Millionen Euro gewesen. Varta brauche die 50 Millionen Euro nun, um das Liquiditätspolster aufzufüllen und „handlungsfähig zu bleiben“.

          Da­zu zählen trotz des Sparkurses auch weitere Investitionen. Das Unternehmen solle „mit und in den Zukunftsmärkten Energiewende und E-Mobilität“ wachsen, wird Aufsichtsratschef und Großaktionär Tojner in der Mitteilung zitiert. Die nun angekündigten Maßnahmen würden da­für die Vo­raussetzungen schaffen.

          Trotz der angespannten Finanzlage hält keiner der Beteiligten Varta für existenzbedroht. Auch wenn er die Aktie zum Verkauf empfehle, habe Varta ein Produkt, das gut sei, und einen Markt, in dem das Unternehmen zu wettbewerbsfähigen Prei­­sen produzieren könne, sagte van der Horst. „Es wird einen Fortbestand geben.“ Ganz ähnlich äußerte sich IG-Metall-Vertreter Fink. Und Hackstein hatte im De­zember auf die Frage, ob Varta ein Fall für den Insolvenzverwalter werde, geantwortet: „Wir gehen nicht davon aus. Wir gehen davon aus, dass es Varta auch in 140 Jahren noch gibt.“

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