Vereinigte Staaten : Fast Food im Kulturkampf
- -Aktualisiert am
Die Burger Patties von Beyond Meat schmecken nach Fleisch, sehen aus wie Fleisch und sind doch rein pflanzlich. Bild: AP
Mindestlohn, Ersatzfleisch und der liebe Gott: In Amerikas Schnellrestaurants wird hart über politische Grundsatzfragen gerungen.
Amerikas Schnellrestaurantketten werden zunehmend in politische und gesellschaftliche Auseinandersetzungen hineingezogen. Oder sie ziehen selbst in die Schlacht.

Wirtschaftskorrespondent in Washington.
Das jüngste Beispiel liefert die Sandwich-Kette Arby’s, die seit Jahren mit dem Slogan „Wir haben das Fleisch“ Kunden in ihre rund 3500 Filialen lockt. Das Unternehmen hat jetzt mit zorniger Vehemenz Gerüchte zurückgewiesen, es wolle in seinen Restaurants pflanzliches Ersatzfleisch in Kooperation mit der Firma Impossible Burger ausprobieren.
Impossible Burger und Beyond Burger machen in den Vereinigten Staaten aktuell Furore mit ihren Ersatzfleischprodukten, die inzwischen in Supermärkten und eingefleischten Schnellrestaurants wie Burger King verkauft werden. Die Vorstellung, dass alles Pflanzliche gesund sei und die bemerkenswerte Toleranz der Amerikaner für hoch prozessierte Nahrung befeuert diesen Trend.
Arby’s wird nicht mitmachen: Es würden jetzt und in Zukunft kein Pflanzenprodukt angeboten werden, das als Fleisch daher komme, verkündete das Unternehmen. Fleisch auf Pflanzenbasis sei ein Versuch, Pflanzen aussehen zu lassen wie etwas, das die Amerikaner in Wahrheit wollten: großartiges, geschmackvolles Fleisch.
Arby’s geht aber noch weiter und liefert eine Inkarnation des Mottos „Fleisch ist mein Gemüse“: Die Kette bietet jetzt ein Karotte auf Fleischbasis an. Sie besteht im Grunde aus Putenfleisch und Mohrrübensaft-Pulver. Eine Youtube-Anleitung zeigt die Zubereitung. Das „Marrot“ (aus Meat + Carrot) genannte Produkt ist laut Arby’s nur der erste Versuch einer Reihe von Gemüseprodukten auf Pflanzenbasis. Das könnte aber eine vom Marketing motivierte leere Drohung sein, die offenbar dazu dient, Veganer und Tierschutzorganisationen zu provozieren. Erste verbale Scharmützel kann man bereits auf Twitter sehen.
Lizenzverweigerung aus politischen Gründen?
Im Zentrum einer etwas ernster zu nehmenden Kontroverse steht unterdessen die Chick-Fil-A-Kette, die vor allem Hähnchenfleisch-Mahlzeiten in ihren guten 2000 Filialen verkauft. Die Gründerfamilie ist religiös und lehnt gleichgeschlechtliche Ehen ab. Im März dieses Jahres verweigerte der Stadtrat im texanischen San Antonio der Firma eine Restaurantlizenz mit der Begründung, Chick-Fil-A spende für Organisationen, die Homosexuelle diskriminierten.
Das wiederum hat den Gesetzgeber des texanischen Bundesstaates auf den Plan gerufen. Er hat ein „Rettet Chick-Fil-A-Gesetz“ verabschiedet, das lokalen Regierungen verbietet, Lizenzen wegen religiös motivierter Gründe zu verweigern.
Konservative Politiker hatten schon früher Sympathie für die Kette und die Möglichkeit gezeigt, sie für politische Zwecke auszuschlachten. Als 2012 der Chef der Kette heftige Kritik für seine öffentliches Bekenntnis erntete, er folge der biblische Vorstellung, dass eine Ehe nur von Mann und Frau geschlossen werden könne, provozierte das nicht nur Boykottaufrufe. Der ehemalige Prediger und Gouverneur von Arkansas, Mike Huckabee, verkündete einen Ehrentag zur Würdigung des Fast Food-Kette, dem offenbar viele Christen folgten. Das Unternehmen verzeichnete Rekordumsätze am auserkorenen Tag.
Twitter-Gründer Jack Dorsey durfte kürzlich erfahren, wie politisch aufgeladen Chick-Fil-A immer noch ist: Er besuchte ein Restaurant der Kette ausgerechnet im Pride-Monat Juni und postete die Tatsache auf Twitter. Im Pride-Monat wird an Proteste Homosexueller gegen brutale Polizei-Razzien in New York erinnert. Die indirekte Promotion für die Gaststätte provozierte Ärger auf Twitter. Dorsey entschuldigte sich ausführlich. Das brachte wiederum Konservative wie Marco Rubio auf die Palme, der eine kleine Twitter-Kanonade abließ. Es ist schließlich Vorwahlkampfzeit.
Bill de Blasio boykottiert McDonald's
Daran dürfte sich auch der Bürgermeister von New York, Bill de Blasio, erinnert haben, als er verkündete, er und sein Wahlkampfteam würden McDonald’s boykottieren. De Blasio würde gerne von der Demokratischen Partei zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden, hat aber katastrophale Zustimmungswerte. Der Politiker will die Schnellrestaurant-Kette dafür strafen, dass sie noch keinen Mindestlohn in Höhe von 15 Dollar in der Stunde eingeführt hat.
Das Embargo ist vermutlich ein verkraftbarer Schlag für McDonald’s. De Blasios Wahlkampf-Team besteht nur aus sechs Mitgliedern. Für den New Yorker Bürgermeister selbst könnte der Boykott aber ein echtes Opfer werden: In umkämpften Bundesstaaten wie Iowa, die jeder Kandidat frequentieren muss, sind Alternativen rar. In eine Chick-Fil-A darf er sich ohnehin nicht sehen lassen und Arby’s passt nicht gut zu seinem jüngst verkündeten Plan, den Fleischkonsum der Menschheit zu halbieren.