Lucian Grainge : 274 Millionen Euro für den Universal-Music-Chef
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Mächtig und gut bezahlt: Lucian Grainge führt Universal seit 2011. Bild: Laif
Seit September 2021 ist Universal Music an der Amsterdamer Börse notiert. Für den Chef des Musikriesen hat sich das bestens bezahlt gemacht. Investorenvertreter halten das Boni-Paket indes für „ordinär hoch“.
Für traditionsbewusste Niederländer koppelt sich der Börsenleitindex AEX in seiner Zusammensetzung zunehmend von der heimischen Realwirtschaft ab. Nicht nur sind fünf der 25 Mitglieder im Ausland ansässig – darunter drei, die ursprünglich einen Doppelsitz hatten, aber ihre traditionelle niederländische Filiale aufgaben und nun ausschließlich in London sitzen. Das sind die spektakulären Fälle Unilever und Shell sowie der weniger beachtete Verlags- und Datenkonzern Relx , vormals Reed Elsevier.
Auch sind Gesellschaften an die Amsterdamer Börse gegangen, die wenig mit den Niederlanden zu tun haben, aber einen formalen Sitz dort einnahmen. Prosus etwa ist eine Abspaltung des südafrikanischen Konzerns Naspers , der sein internationales Geschäft ausgelagert hat. Es steht nicht für eigene Produkte oder Dienstleistungen, sondern beteiligt sich an Tech-Unternehmen. Der Aktienkurs ist in den vergangenen zwölf Monaten zwar stark gesunken, aber mit 93 Milliarden Euro Marktkapitalisierung ist die Gesellschaft immer noch ein Schwergewicht.
Im vergangenen September kam ein weiteres hinzu: Denn da brachte der französische Vivendi -Konzern Universal Music Group (UMG) an die Amsterdamer Börse – bis dato eine Tochtergesellschaft und ihres Zeichens der größte Musikkonzern der Welt. Vivendi hält weiterhin 10 Prozent.
Vivendi zahlt gleich drei Millionen-Boni
UMG erreichte mit 46 Milliarden Euro ebenfalls beachtlichen Marktwert. Formell hat sich das Unternehmen in Hilversum angesiedelt, geführt wird es jedoch schon seit Jahren aus Los Angeles. Im Schnellverfahren wurde es im Dezember in den AEX befördert. Dafür weichen musste eine urniederländische und sogar nur im Heimatland tätige Gesellschaft: der Versicherer ASR – Eigenschreibweise a.s.r. –, der trotz guter Wertentwicklung in den Mittelwerteindex AMX versetzt wurde.
Konservative Börsianer bekamen von UMG nun einen weiteren Schlag versetzt. Wie sich aus dem Geschäftsbericht abliest, hat Vorstandsvorsitzender Lucian Grainge im vergangenen Jahr ein Vergütungspaket von 274 Millionen Euro erhalten. Diese Summe setzt sich weitestgehend aus Boni im Zusammenhang mit dem Börsengang beziehungsweise vorherigen Anteilsverkäufen zusammen und wurde folglich zu großen Teilen von Vivendi ausgezahlt.
Allein der Bonus für den erfolgreichen Börsengang belief sich auf 195 Millionen Euro. Hinzu kamen 17,5 Millionen Euro im Zuge des Verkaufs weiterer 10 Prozent der UMG-Anteile an ein vom chinesischen Tencent -Konzern angeführtes Konsortium im Februar vergangenen Jahres.
Die Gruppe hält seitdem 20 Prozent an Universal. Im Sommer wiederum veräußerte Vivendi kurz vor dem Börsengang abermals 10 Prozent an den von Bill Ackman geführten Hedgefonds Pershing Square und Partner. Diese Transaktion brachte dem Briten, der seit 2011 an der Spitze des Marktführers steht, einen weiteren Bonus in Höhe von 20,9 Millionen Euro ein. Zu guter Letzt erhielt er auch noch neben seinem Fixgehalt von rund 13 Millionen Euro variable Vergütungen und andere Benefits, die sich auf 27,7 Millionen Euro summierten.
„Unniederländisch, unverhältnismäßig und ordinär hoch“
Eine viertel Milliarde Euro insgesamt also – das ist in den Niederlanden eine Summe jenseits aller bisherigen Dimensionen. Der bisherige Rekord lag bei 38,6 Millionen Euro, aufgestellt von Prosus und seinem Vorstandsvorsitzenden Bob van Dijk. Die Entlohnung des UMG-Chefs empört auch kapitalfreundliche Akteure. „Unniederländisch, unverhältnismäßig und ordinär hoch“ sei sie, befand Rients Abma von der Anlegervereinigung Eumedion in der Tageszeitung „de Volkskrant“. Schon die Entlohnungen, die einige klassische niederländische Unternehmen ihren Spitzenleuten zukommen ließen, haben in der Vergangenheit Unmut verursacht.
Heineken gab seinem langgedienten Vorstandschef Jean-François van Boxmeer zu dessen vorzeitigem Abgang ein derart üppiges Millionengeschenk mit auf den Weg, dass der Konzern zusätzlich etwa 7 Millionen Euro als „Steuerstrafe“ anerkannte. Das fiel in eine Zeit, in der der Braukonzern Tausende Stellen abbaute. Der Supermarktkonzern Ahold Delhaize fiel auf, weil er seinem Vorstandsvorsitzenden Frans Muller in der Pandemie-Krise 122 Mal so viel zahlte wie dem durchschnittlichen Mitarbeiter.
In der Politik befindet sogar der rechtsliberale Ministerpräsident Mark Rutte seit einiger Zeit, Gewinne von Großkonzernen kämen bei zu wenigen an. Und die Unternehmerlobby VNO-NCW zeigte sich besorgt um die Reputation der Arbeitgeber. Das jetzige Paket für UMG-Chef Grainge stellt in seiner Höhe nun alle bisherigen Managergehälter in den Schatten.
8,5 Milliarden Euro Umsatz
Für Aufregung hatte der Bonus für den Börsengang schon einige Monate zuvor gesorgt. Vor allem in Großbritannien, wo die Lage der Musikindustrie und die veränderten Rahmenbedingungen durch den Siegeszug des Streamings zuletzt sogar in einem Parlamentsausschuss Thema waren und die Debatte rund um die Verteilung der Gelder zwischen Künstlern, ihren Industriepartnern und den Streamingdiensten generell am präsentesten ist.
Unabhängig davon wie man Bonuszahlungen in einer solchen Höhe nun bewertet: Dass sich Universal unter der Führung von Grainge erfolgreich entwickelt hat, steht freilich außer Frage. 8,5 Milliarden Euro setzte Universal im vergangenen Jahr um. Konstante Wechselkurse vorausgesetzt, bedeutet das ein Wachstum von 17 Prozent im Vergleich zu 2020. Die um Sondereffekte bereinigte Ebitda-Marge belief sich auf 21 Prozent. Universal profitiert nicht zuletzt von dem riesigen Katalog an Werken, der durch das Streaming beständig Geld abwirft.
Grainges variable Vergütung ist indes neben dem Ergebnis von Universal auch an den Marktanteil auf dem US-Markt für Musikaufnahmen sowie die dortigen Charterfolge von „exklusiv bei Universal unter Vertrag stehenden Musikern“ gekoppelt. Sofern diese Vergütungsregeln 2022 gelten, dürfte er sich folglich mit dem Basisgehalt auch dieses Jahr kaum begnügen müssen. 274 Millionen Euro aber sind wohl kaum nochmals auch nur annähernd in Reichweite.