Übernahmekampf : Gabriel: Regierung soll Hochtief helfen
- Aktualisiert am
„Hochtief ist eine Perle des deutschen Unternehmensbestandes”: Sigmar Gabriel vor Mitarbeitern in der Essener Konzernzentrale Bild: REUTERS
Der spanische Baukonzern ACS will Hochtief übernehmen, die Mitarbeiter befürchten eine Zerschlagung. Jetzt hat SPD-Chef Sigmar Gabriel die Konzernzentrale in Essen besucht und ein Eingreifen der Bundesregierung gefordert.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die Bundesregierung aufgefordert, den von einer feindlichen Übernahme bedrohten Baukonzern Hochtief in seinem Abwehrkampf zu unterstützen. Gabriel sagte am Donnerstag auf einer Betriebsversammlung des größten deutschen Baukonzerns in Essen, es bestehe die Gefahr, dass ein erfolgreiches deutsches Unternehmen zerschlagen werde, um einer angeschlagenen spanischen Firma wieder auf die Beine zu helfen. Hier dürfe die Bundesregierung nicht tatenlos zusehen.
„Wir reden über ein Unternehmen, dass keinen Cent staatliche Hilfe braucht“, sagte Gabriel. In Deutschland würden Regeln gelten, die ein gutes Unternehmen
nicht vor der Übernahme durch ein schlechtes Unternehmen schütze. Das müsse geändert werden. „Was hier passiert ist, ist volkswirtschaftlicher Unsinn.“
Hochtief sei derzeit ein Schnäppchen, dass an der Börse unterbewertet sei.
„Wir brauchen so schnell wie möglich eine Gesetzesinitiative“, forderte Gabriel. Dazu brauche man die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung. Sie müsse
auch der spanischen Regierung klarmachen, dass sie nicht deutsche Arbeitnehmer, die über EU-Mittel Steuergelder nach Spanien gebracht hätten, arbeitslos
machen dürfe.
Gabriel appellierte an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sich aktiv um die Bildung eines Konsortiums zu bemühen, das eine Sperrminorität von 25,1 Prozent an Hochtief erwerben soll. Ein solcher „weißer Ritter“ würde die Möglichkeit von ACS bei der Steuerung des Unternehmens selbst nach einer Mehrheitsübernahme deutlich einschränken und damit den Kauf unattraktiver machen. Auch die deutsche Finanzwelt sei hier gefordert, mit Investitionen in den Essener Baukonzern einen „guten unternehmerischen Patriotismus“ zu beweisen, sagte der SPD-Chef.
Gabriel forderte eine schnellstmögliche Nachbesserung des deutschen Übernahmerechts. Der Fall Hochtief zeige, dass es nicht ausreiche, wenn Unternehmenskäufer nur beim Überschreiten der 30-Prozent-Schwelle den anderen Aktionären ein Übernahmeangebot machen müssten. Notwendig seien weitere verpflichtende Übernahmeangebote - etwa in Zwei-Prozent-Schritten.
„Es riecht nach Insiderhandel“
An die deutsche Wertpapieraufsicht Bafin appellierte Gabriel, das Übernahmeangebot von ACS einer strengen Prüfung zu unterziehen. Denn es gebe Indizien, dass das Angebot nicht den deutschen Übernahmeregeln entspreche. „Das riecht nach Insiderhandel“, sagte Gabriel am Rande der Veranstaltung. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Siegfried Müller ergänzte, es bestehe der Verdacht, dass sich ACS über befreundete Käufer schon mehr als 30 Prozent der Hochtief-Anteile gesichert habe.
Gabriel war vom Betriebsrat nach Essen eingeladen worden. Die Arbeitnehmer befürchten im Falle einer Hochtief-Übernahme eine Zerschlagung des Konzerns. In einer am Donnerstag veröffentlichten Petition warnten die Beschäftigten, ACS habe am deutschen Geschäft von Hochtief kein Interesse und werde es nach Möglichkeit nicht weiterentwickeln. Damit stünden in Deutschland mehr als 11.000 Hochtief-Mitarbeiter vor einer ungewissen Zukunft. Die Beschäftigten appellierten an die Politik, den schleichenden Kontrollerwerb durch ACS „auf geeigneten Kanälen“ zu verhindern. ACS selbst hat allerdings wiederholt betont, das Unternehmen plane keine Zerschlagung des deutschen Konzerns.
ACS hatte vor vier Wochen seine Pläne für eine Übernahme des Wettbewerbers bekanntgegeben. Das spanische Unternehmen will den Hochtief-Anteilseignern acht eigene Aktien für fünf Hochtief-Papiere anbieten. Schon heute hält ACS knapp 30 Prozent der Hochtief-Aktien.
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bekräftigte ihre Kritik am Angebot der Spanier. Ein Sprecher sagte: „Das ist ein reines Alibi-Angebot.“ Es diene nur dazu, die gesetzliche Pflicht zu erfüllen. Danach sei ACS frei „in der Wahl der Waffen“ und könne die benötigten Papiere an der Börse oder bei Hedge-Fonds zukaufen.