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Toyota laufen die Kunden davon : Erst das Gaspedal, jetzt die Bremse

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Ausgerechnet das Vorzeigemodell gerät in Misskredit: Bitte seien Sie vorsichtig, steht auf dem Kofferaumdeckel

Ausgerechnet das Vorzeigemodell gerät in Misskredit: Bitte seien Sie vorsichtig, steht auf dem Kofferaumdeckel Bild: REUTERS

Der japanische Autobauer bleibt vom Pech verfolgt. Nachdem in Amerika und Europa gerade 4,5 Millionen Autos wegen klemmender Gaspedale in die Werkstätten zurückgerufen wurden, gibt es jetzt auch bei der neuesten Version des Toyota Prius Probleme.

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          Der japanische Hersteller Toyota sieht sich neuen Vorwürfen über die Zuverlässigkeit seiner Autos ausgesetzt. Nachdem in Amerika und Europa gerade 4,5 Millionen Autos wegen womöglich klemmender Gaspedale in die Werkstätten gerufen wurden, gibt es jetzt angeblich mit der neuesten Version des Modells Prius Probleme. Ausgerechnet das Vorzeigemodell mit Hybridantrieb (im Hybridantrieb arbeiten ein Benzin- und ein Elektromotor zusammen) soll durch mangelhafte Bremsen aufgefallen sein. Das japanische Verkehrsministerium forderte Toyota am Mittwoch in Tokio auf, den Beschwerden von Verbrauchern nachzugehen. Die Sprecherin des Unternehmens, Ririko Takeuchi, bestätigte, dass die Regierung diese Untersuchung angeordnet hat. Sie sagte aber nicht, wann das Unternehmen diese Aufforderung erhalten hat. Toyota werde den Ursachen nachgehen und dann über weitere Maßnahmen entscheiden, hieß es. Bei den in der Bundesrepublik verkauften Prius sind Probleme mit den Bremsen nach Angaben von Toyota-Deutschland nicht bekannt. Der Rückruf wegen möglicherweise klemmender Gaspedale umfasst nach Informationen der F.A.Z. hierzulande freilich schon rund 200.000 Autos.

          Für den Konzern sind die neuen Schwierigkeiten mit dem Aushängeschild ihrer Modellpalette ein schwerer Schlag, weil die Klagen dieses Mal auch von japanischen Kunden kommen. Nach dem Verkaufseinbruch im Ausland droht dem Unternehmen damit auch ein Absturz der Verkaufszahlen auf dem Heimatmarkt. In Japan war der ohnehin gute Absatz des Prius im vergangenen Jahr noch einmal spürbar angestiegen, nachdem die Regierung Steuervergünstigungen für umweltfreundliche Autos beschlossen hatte. Mit weltweit 1,6 Millionen verkauften Autos ist der Prius heute das erfolgreichste Hybridmodell auf dem Markt.

          14 Beschwerden von japanischen Prius-Fahrern

          Nach Angaben der japanischen Regierung liegen dem Verkehrsministerium 14 Beschwerden von japanischen Prius-Fahrern über Schwierigkeiten mit den Bremsen vor. Sie funktionieren angeblich kurzfristig nicht, wenn über unebene oder rutschige Straßen gefahren wird und das Auto dabei einen Schlag erhält. In einem Fall sei im Juli 2009 ein Prius an einer Kreuzung in ein anderes Fahrzeug gefahren. Dabei hat es zwei Verletzte gegeben. In den Vereinigten Staaten liegen den Sicherheitsbehörden nach Meldungen vom Mittwoch rund 170 Beschwerden über schwache Bremsen des Prius vor. Zwei Unfälle seien gemeldet worden. In Amerika verkauft sich das Hybrid-Auto bislang auch deswegen gut, weil es als Modeauto der sich umweltbewusst gebenden Hollywoodgrößen gilt.

          Mit Spannung werden jetzt die Zahlen erwartet, die Toyota an diesem Donnerstag über die ersten drei Quartale des Geschäftsjahres 2009/2010 und über die Erwartungen des Unternehmens für das kommende Geschäftsjahr mitteilen will. Toyotas Vize-Vorstandschef Shinichi Sasaki hatte schon am Dienstag angekündigt, dass er einen Einbruch der Verkaufszahlen befürchtet. Er sagte, das Unternehmen sei „sehr besorgt“, seine für 2010 angestrebte Verkaufszahl nicht mehr erreichen zu können. Nachdem jetzt mit dem Prius auch das Vorzeigemodell des für seine Qualität bislang weltweit geschätzten Unternehmens in die Schlagzeilen gekommen ist, dürfte der Einbruch im Verkauf noch stärker werden. Erfahrungen in der Vergangenheit zeigten, dass ein Rückruf im ersten Monat etwa 20 Prozent Absatz koste, sagte Sasaki. Die Aktie des Unternehmens, die sich Dienstag wieder leicht erholt hatte, verlor nach den neuesten Nachrichten abermals deutlich.

          Auf Kritik stieß derweil die Kommunikationsstrategie des Unternehmens im Zusammenhang mit der Pannenserie. Sasaki hatte eingeräumt, dass der Zeitraum zwischen der Ankündigung der Rückrufaktion und dem Beginn der Reparaturen im Fall der Gaspedale lang gewesen sei. Toyota habe zuerst eine Lösung finden wollen. Die in Tokio erscheinende Zeitung „Japan Times“ berichtete am Mittwoch unter Berufung auf Quellen aus dem Unternehmen, die Schwierigkeiten seien Toyota schon seit dem Jahr 2007 bekannt gewesen. Die Ursache sei aber ergründbar gewesen. Deswegen habe es damals nicht gleich einen Rückruf gegeben. Auch bei den neuen Beschwerden über die Probleme mit den Bremsen des Prius blieb am Mittwoch unklar, seit wann dem Unternehmen Kundenbeschwerden bekannt sind und Toyota darauf reagieren will. Für die technischen Schwierigkeiten an den Gaspedalen solle in den kommenden Tagen eine Lösung vorgestellt werden, heißt es.

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