Süßwaren-Riese : Ferrero kauft Eiscreme-Hersteller Wells Enterprise
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Gehört bald zu Ferrero: Eismarken des Herstellers Wells aus den Vereinigten Staaten Bild: AP
Das amerikanische Familienunternehmen Wells Enterprise gehört künftig zu Ferrero. Die Übernahme dürfte mehrere Milliarden Euro kosten. Mit Eis haben die Italiener aber schon Erfahrung.
Der italienische Süßwarenhersteller Ferrero wird Eigentümer des größten Produktionsstandortes der Welt für Eiscreme. Er kauft das amerikanische Unternehmen Wells Enterprises, das an seinem Sitz in der Kleinstadt Le Mars in Iowa zwei große Werke führt. Wells Enterprises ist ein fast 100 Jahre altes Familienunternehmen, das mit seinen 4100 Mitarbeitern und Marken wie Blue Bunny und Halo Top in diesem Jahr einen Umsatz von 1,7 Milliarden Dollar erwartet. Es bezeichnet sich als größter familieneigener Speiseeishersteller der Welt.
In der mit Sehenswürdigkeiten nicht gerade reich gesegneten Gegend in den Vereinigten Staaten hatte man einst die Idee, Le Mars als die „Eiscreme-Hauptstadt der Welt“ zu vermarkten, die zwei Anlagen von Wells produzieren dort jährlich mehr als 500 Millionen Liter Speiseeis – nach eigenen Angaben mehr als an jedem anderen Standort auf der Erde. Doch nach Aussagen des Vorstandsvorsitzenden Mike Wells will kein Familienmitglied das Unternehmen in die Zukunft führen. Mit Ferrero fand man indes rasch eine Reihe von Gemeinsamkeiten.
Immer mehr Snacks gehören Ferrero
Der 1946 gegründete Konzern aus Italien macht mit Kernmarken wie Nutella, Kinder, Tic Tac und Ferrero Rocher heute zwar mehr als zehnmal so viel Umsatz, doch auch er befindet sich in Familienbesitz und hat seine Wurzeln in der Kleinstadt Alba im Piemont, selbst wenn der juristische und operative Sitz vor Jahrzehnten nach Luxemburg verlegt wurde. Ferrero verspricht, Wells als weitgehend „eigenständiges“ Unternehmen und alle seine Standorte fortzuführen. Der aktuelle Präsident von Wells, Liam Killeen, soll Vorstandsvorsitzender des amerikanischen Unternehmens werden.
Ferrero setzt mit der Übernahme seine Expansion durch Zukäufe fort. 2015 begann nach dem Tod von Michele Ferrero, dem Erfinder von Nutella und Tic Tac, ein Reigen von Akquisitionen, besonders in Nordamerika. 2017 kaufte Ferrero von Nestlé den Süßwarenhersteller Fannie May, im Jahr darauf das Früchte- und Snackgeschäft von Kellogg. In 18 Werken und 9 Bürostandorten in Nordamerika beschäftigt das italienische Unternehmen heute mehr als 8000 seiner knapp 39.000 Mitarbeiter.
Speiseeis ist ein Wachstumsmarkt
Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Es dürfte sich um mehrere Milliarden Euro handeln. Der amerikanische Hersteller Hershey wird an der Börse mit dem fast fünffachen Wert seines Umsatzes gehandelt. 2018 kaufte Ferrero das Nestlé-Süßwarengeschäft mit seinem Umsatz von 900 Millionen Dollar für 2,8 Milliarden Dollar.
Speiseeis ist ein interessanter Wachstumsmarkt. Die globalen Umsätze würden bis 2030 um 3 bis 4 Prozent im Jahr steigen, heißt es in verschiedenen Studien. Daher kaufte Ferrero in einer zweistufigen Transaktion bereits 2019 und 2021 den führenden spanischen Hersteller Ice Cream Factory Comaker (ICFC). Die Pralinen Rocher und Raffaelo sind auch als Eis am Stiel erhältlich, hergestellt werden sie in einem spanischen ICFC-Werk. Zusammen mit Unilever bringt Ferrero zudem eine Eisversion der Kinder-Marke heraus.
Über alle Produktkategorien hinweg hat Ferrero seinen Umsatz im Geschäftsjahr bis August 2021 um 3,4 Prozent auf 12,7 Milliarden Euro erhöht. Viel mehr ist nicht bekannt, das Unternehmen ist äußerst verschwiegen. Giovanni Ferrero, der seit dem Tod seines Bruders vor mehr als elf Jahren die Geschäfte führt, gilt als reichster Mann Italiens. Das Vermögen der Familie wird von der Nachrichtenagentur Bloomberg auf 42 Milliarden Dollar geschätzt. Zu Beginn des Jahres war Ferrero mit einer Salmonellen-Vergiftung seiner Kinder-Produkte konfrontiert, die in einem belgischen Werk ihren Ursprung hatte. Die Ursache ist inzwischen beseitigt, doch Umsatzeinbußen und Rufschaden waren die Folge.