Studie : Tankbetrug immer häufiger
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Tankstelle in Berlin Bild: REUTERS
Die Eigentümer von Tankstellen haben im vergangenen Jahr fast 90.000 Tankbetrugsdelikte bei der Polizei angezeigt - so viele wie nie zuvor. Besonders häufig betrügen Autofahrer in Magdeburg, Konstanz und Berlin.
Noch nie haben in Deutschland so viele Menschen ihr Fahrzeug betankt und vorsätzlich nicht gezahlt wie 2012. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr fast 90.000 (89.769) Tankbetrugs-Delikte bei der Polizei angezeigt. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Betrugsdelikte um 5,5 Prozent. Hier setzt sich ein Trend fort: Von 2010 auf 2011 war die Zahl der Delikte sogar um 10 Prozent gestiegen.
Dabei dürfte die Dunkelziffer hoch sein: Der Zentralverband des Tankstellen- und Garagengewerbes geht davon aus, dass nur rund 20 Prozent der Tankbetrugsfälle angezeigt werden. Das liegt unter anderem daran, dass besonders freie Tankstellen kaum über Videoüberwachungssysteme verfügen oder den bürokratischen Aufwand einer Anzeige scheuen. Während die großen Ketten die Kosten von durchschnittlich 15.0000 bis 20.000 Euro stemmen können, scheuen viele kleinen Anbieter die Ausgaben für Videoanlagen.
Wo sind in Deutschland die Tankbetrugs-Hochburgen? Eine Studie des Autoportals auto.de hat Daten von Polizei, Landeskriminalämtern und dem Bundeskriminalamt auf Stadtebene ausgewertet. Danach ist Magdeburg die Betrugshauptstadt Nummer eins in Deutschland - gemessen an der Anzahl der Tankstellen und den bei der Polizei gemeldeten Tankbetrugsfällen. Statistisch betrachtet werde jede Magdeburger Tankstelle mindestens 26-mal im Jahr von Tankbetrügern heimgesucht. Damit liege die Stadt in Sachsen-Anhalt 273 Prozent über dem Studiendurchschnitt. Insgesamt verzeichnete die Polizei 344 angezeigte Fälle im Jahr 2012. Im Jahr zuvor waren es auch schon 327 Delikte.
Platz zwei belegt in der Studie das beschauliche Konstanz. Die Stadt am Bodensee erlebe seit drei Jahren einen rasanten Anstieg der Betrügereien, obwohl günstigere Spritpreise nur einige hundert Meter in der Schweiz zu finden sind. Waren es 2010 nur 55 Delikte, zählte die Polizei im Jahr 2011 bereits 127 und 2012 sogar 146 Tankbetrugsfälle. Das bedeutet einen Anstieg um 165 Prozent. Gemessen an der Anzahl der Tankstellen wird jede Station 24-mal im Jahr von Betrügern heimgesucht.
Auf Platz drei folgt die deutsche Hauptstadt. 7049 Tankstellen-Betrügereien wurden 2012 in Berlin offiziell zur Anzeige gebracht - das sind 23 angezeigte Delikte je Station. Berlin liegt mit den angezeigten Delikten 231 Prozent über dem deutschen Städte-Schnitt.
Das bergische Solingen belegt Platz Vier in der Tankbetrugs-Studie. In der Stadt der Messerschleifer wurden 547 Tankbetrugsfälle gemeldet, genauso viele wie im Jahr zuvor. Gemessen an der Tankstellenanzahl, kam es statistisch zu 20 Delikten je Station im Jahr 2012. Platz Fünf bei den Betrugshochburgen teilen sich Köln und Frankfurt am Main. In beiden Metropolen kam es zu jeweils 17 angezeigten Delikten pro Tankstelle.
Ehrliche Tankstellen-Kunden in Heide, Aalen, Celle, Reutlingen, Straubing oder Salzgitter
Ehrliche Kunden finden sich laut der Studie in Heide. Dort werden 87 Prozent weniger Sprit-Betrügereien begangen als anderswo. In der Stadt in Holstein wird - statistisch betrachtet - jede Tankstelle nur alle 13 Monate mit dem Tatbestand des Tankbetrugs konfrontiert.
Vorbildliche Tankstellenkunden finden sich auch in Aalen und Celle. Hier verzeichnete man im Jahr 2012 nur ein Delikt pro Tankstelle. Zwei Vorfälle pro Station gab es in Weiden in der Oberpfalz, Reutlingen, Hildesheim, Straubing, Salzgitter, Fürth, Amberg, Esslingen und Tübingen. Ebenfalls noch vorbildlich beim Bezahlen der Tankrechnungen: Autofahrer in Remscheid, Bayreuth, Pforzheim, Marburg, Frankfurt an der Oder, Hof, Ulm, Bergisch Gladbach, Lüneburg, Neubrandenburg und Paderborn. Nur 3 Delikte je Station wurden hier gezählt.
Bundesländer: Bayern und Niedersachsen am ehrlichsten
Das Gros der Tankbetrügereien ereignete sich in Nordrhein-Westfalen mit über 23.000 Delikten. Zwischen Rhein und Ruhr trifft es jede Tanke statistisch betrachtet 7-mal im Jahr. Richtig hart trifft es jedoch die Tankstellen in Berlin und Hamburg. Die beiden Stadtstaaten führen das Ranking mit 23 und 11 Delikten pro Station an und sind auf Bundesebene die einzigen Betrugshochburgen.
Die größten Steigerungen im Vergleich zum Vorjahr auf Bundesebene verzeichneten Nordrhein-Westfalen mit +37,1% (1.500 Fälle), Berlin mit +13,3% (828 Fälle), Hessen mit +9,3% (542 Fälle), Sachsen mit +11% (413) und Niedersachsen mit +5,8% (392 Fälle). Einen untypischen Rückgang hingegen verzeichnet die Betrugshochburg Hamburg mit -6,8% (-192 Fälle).
Aufklärungsquote unter 50 Prozent
Positiv stellt sich die Aufklärungsarbeit der Polizei nicht dar. Trotz Kameraüberwachung an den Tankstellen liegt die Aufklärungsquote der angezeigten Tankbetrügereien deutschlandweit bei 43,1 Prozent. Jedoch schwanken die Quoten auf Länderebene zwischen 56,5 Prozent und 22,3 Prozent. Das Ranking führen Hessen (56,5 Prozent), Thüringen (54,2) und Rheinland-Pfalz (53,6) an. Am Ende finden sich Berlin (22,3) und Bremen (26,2).
Auf lokaler Ebene sind die Schwankungen der Aufklärungsquoten in den untersuchten Städten noch größer als auf Bundeslandebene. Besonders gut arbeiten die Ermittler in Trier. Rund 85% der angezeigten Fälle konnten die Beamten aufklären. Ebenfalls gute Arbeit leistet die Polizei in Ulm (81,8), Celle (78,3), Remscheid (76,2), Aschaffenburg, Tübingen oder Reutlingen (alle 75).
Grund für die mäßigen Aufklärungsquoten sind Betrüger, die mit gar keinen, gestohlenen oder gefälschten Nummernschildern an die Stationen fahren, tanken und dann flüchten. Hier versagen leider auch die besten Videoüberwachungssysteme. Von der Polizei werden diese Delikte nicht gesondert ausgewertet. Experten schätzen die Anzahl auf über 100.000 Delikte in Deutschland.