Stefan Piëch im Porträt : „Die Firma hat nichts mit der Familie zu tun“
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Es muss nicht immer Auto sein Bild: Jan Roeder - F.A.Z.
Der Urgroßvater hat den Käfer erfunden. Der Onkel beherrscht VW und Porsche. Stefan Piëch dagegen hat mit Autos nichts am Hut: Er verdient sein Geld mit Kinderfernsehen.
Das Sortiment steht hinten in der Ecke, in einer Glasvitrine. Fix und Foxi. Tobias Totz und sein Löwe, Landmaus und Stadtmaus, dazu das Personal von Enid Blyton. Allesamt Kinderfiguren, dargereicht in jeder erdenklichen Form: Puppen, Hörbücher, DVDs. Und würde uns der vermaledeite Receiver nicht im Stich lassen, könnten wir die Comics auch im firmeneigenen Fernsehkanal empfangen. Nur klappt es nicht mit dem digitalen Empfang in München-Schwabing. Nicht schlimm. So fühlt es sich nun mal an in einem Start-up-Laden. „Aufbauen macht Spaß“, sagt der Vorstandsvorsitzende Stefan Piëch, ein Enddreißiger mit hoher Stirn und angenehmem Ösi-Schmäh.
40.000 Bänder stellen das Kapital des Unternehmens dar, 3500 halbe Stunden Kinder- und Familienprogramm - das ist die Währung, mit der in der TV-Branche gerechnet wird. Wer die Serien durchgucken wollte, müsste sich für zweieinhalb Monate im Keller einschließen. Die Bibliothek samt zugehöriger Lizenzen hat Piëch übernommen von den Vorbesitzern. Außerdem: jede Menge Schulden, eine ruinierte Marke und eine Villa als Firmensitz.
„Gerade Kinder haben ein Recht, niveauvoll unterhalten zu werden“
Zum Neustart vor anderthalb Jahren hat Stefan Piëch die Altlasten weggeräumt. Der Name der Company ist neu, der dazugehörige Fernsehsender auch, die bescheidenen Büros unweit des „Café Schwabing“ ebenfalls, er als Vorstandschef sowieso. „Your family entertainment“ hat er die AG getauft. Der Spielehersteller Ravensburger hatte sie einst gegründet und an die Börse gebracht. RTV Family Entertainment hieß sie damals und hat vielen Leuten viel Geld gekostet. Im Gefolge von EM.TV hatte die Aktie zunächst abgehoben und war dann abgestürzt. Von der Klitsche zum Milliardenkonzern und wieder zurück. EM.TV selbst hat sich seitdem mehrfach gehäutet, die Haffas sind weg, Biene Maja ist müde. Das Heil sucht der alte Konkurrent jetzt im Sport.
Das schafft Platz für Piëch im Kinderzimmer. Er liefert seine Ware an TV-Sendern wie direkt an den Endkunden. „Wir könnten 800 DVD-Titel rausbringen.“ Sein Label will er zum „Gütesiegel für Familienunterhaltung“ hochpolieren: „Wir sind das Holzspielzeug im Mediengeschäft.“ Pädagogisch korrekte Ware für den Bildschirm, für Eltern, denen es nicht gleichgültig ist, was dem Nachwuchs vorgesetzt wird. „Gerade Kinder haben ein Recht, niveauvoll unterhalten zu werden“, sagt Piëch.
Wann hat man das schon, dass eine Familie einen Weltkonzern einsackt?
Das ist seine Story. Die erzählt er ethisch motivierten Anlegern wie institutionellen Investoren, in der Hoffnung, sie geben ihm Geld, damit seine 12-Mann-Firma wächst und gedeiht. Und so ist dies die Geschichte von großen Träumen mit einer kleinen Firma, von einem jungen Filmhändler, der mit Wagemut und Enthusiasmus sein unternehmerisches Glück sucht. Und es ist die Geschichte von einem großen Namen, von der Last und auch der Lässigkeit, die er verströmt.
Spätestens jetzt muss die Familie des Unternehmers erwähnt werden, auch wenn dem das nicht behagt: Stefan Piëch ist der Urenkel des genialen Käfer-Konstrukteurs Ferdinand Porsche und der Neffe von Ferdinand Piëch. Sein Papa ist dessen jüngster Bruder; Hans Michel Piëch, Anwalt in Wien, Sprecher der Familie in deren Salzburger Autoholding, außerdem Kontrolleur in der Stuttgarter Porsche-Holding, die sich gerade Volkswagen einverleibt. Auf dem Papier ist Vater Hans Michel der Mächtigste aller Piëchs. Als Ferdinand ihm neulich den Vortritt im Porsche-Aufsicht überlassen hat, provozierte das die absurdesten Gerüchte über Verschiebungen in der Familie. Überhaupt läuft der Porsche-Piëch-Clan sehr hochtourig seit dem VW-Coup. Wann hat man das schon einmal, dass eine Familie einen Weltkonzern einsackt? Eine verwegene Geschichte, grandioser Stoff.
„Diese Erbengemeinschaft widert mich an“, hat Ferdinand Piëch einmal gesagt
Einigermaßen vermögend sind sie alle, die fünf Dutzend Nachfahren des Ferdinand Porsche; auch wenn Stefan Piëch sein Erbe wird eines Tages mit fünf Schwestern teilen müssen. Reden mag er nicht über das Innenleben der Familie. Streng achtet er auf Loyalität zum Porsche-Piëch-Clan, zu dessen Autos und zu dessen Gesetzen, der „Family-Policy“, wie er sagt.