Auftragsflut für Konzern : Siemens und der „beispiellose Boom“
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Siemens-Vorstandschef Roland Busch steht Aktionären auf der virtuell veranstalteten Hauptversammlung Rede und Antwort. Bild: via REUTERS
Der neue Vorstandschef Roland Busch präsentiert den Siemens-Aktionären nach seinem ersten Jahr glänzende Zahlen. Die Kunden stehen Schlange – was neue Probleme mit sich bringt.
Seit einem Jahr steht Roland Busch nun an der Spitze des Industriekonzerns Siemens. Auf der virtuell stattfindenden Hauptversammlung konnte der neue Vorstandschef am Donnerstag mit sehr guten Zahlen für das erste Quartal auftrumpfen, die der Konzern am Morgen vorgelegt hatte. Siemens habe in den Monaten Oktober bis Dezember einen „beispiellosen Boom“ erlebt, sagte Busch, der die Jahresziele bekräftigte. Der Auftragseingang legte um 42 Prozent auf mehr als 24 Milliarden Euro zu. Kunden hätten vielfach Bestellungen vorgezogen, auch um längere Lieferzeiten abzufedern. Sie investierten viel in die Automatisierung ihrer Fabriken, in moderne Industrieanlagen , in Mobilität und weitere Bereiche.
Allerdings bekommt der Dax-Konzern zunehmend die angespannten Lieferketten zu spüren, vor allem mit Blick auf Halbleiter und elektronische Komponenten. „Die Knappheit einiger Bauteile wird bis ins Geschäftsjahr 2023 andauern“, sagte Busch. Es werde nun einige Quartale dauern, bis die Aufträge abgearbeitet seien, und teilweise zu längeren Lieferzeiten führen, sagte Busch. Konkurrenten wie der Schweizer Konzern ABB hatten zuletzt auch von Lieferproblemen berichtet. Busch sieht sich gegenüber Wettbewerbern dennoch im Vorteil: „Gerade in dieser Zeit entscheidet Lieferfähigkeit auch über Marktanteile.“ Die Zahlen zeigten aber, dass Siemens sich gut geschlagen habe. Auch die Produktionsauslastung in den eigenen Fabriken sei trotz der angespannten Lieferketten gut gewesen. Insgesamt erwirtschaftete Siemens im ersten Quartal Einnahmen von 16,5 Milliarden Euro, 9 Prozent mehr als im Vorjahr. Unterm Strich verblieb ein Gewinn von 1,8 Milliarden Euro – 20 Prozent mehr als zuvor. Der Aktienkurs legte zwischenzeitlich um mehr als 7 Prozent zu und setzte sich damit an die Spitze des Dax.
Siemens hat „Wachstumskurs sogar noch beschleunigt“
Das erste Quartal schloss sich damit nahtlos an das schon erfolgreiche vergangene Geschäftsjahr an, in dem der Umsatz um mehr als 11 Prozent auf gut 62 Milliarden Euro gesteigert wurde. Die Marge hat sich auf 15 Prozent verbessert. Die Aktionäre sollen an dem Erfolg mit einer 50 Cent höheren Dividende in Höhe von 4 Euro teilhaben. Siemens ist vor 175 Jahren gegründet worden. „Anfangs waren wir eine Garagenfirma in einem Berliner Hinterhof“, nach heutigen Standards ein Technologie-Start-up, sagte Busch. Heute sei der Konzern zu einem fokussierten Technologieunternehmen gewachsen.
Auch Aufsichtsratschef Jim Hagemann Snabe fand lobende Worte: „Im ersten Quartal ist das Unternehmen auf Wachstumskurs geblieben und hat diesen sogar noch beschleunigt.“ Er könne sich keinen besseren Start vorstellen, sagte Snabe, der von Aktionären oft für seine Vielzahl an Aufsichtsratsmandaten kritisiert wird. Am Donnerstag teilte die Allianz mit, dass Snabe sein Mandat im Kontrollgremium im Mai niederlegen werde. Busch sei schon im März 2020 als neuer Konzernlenker vorgestellt worden und habe sich in den Folgemonaten intensiv vorbereiten, eine Strategie ausarbeiten und sein Team zusammenstellen können. „Dieser ‚fliegende Start‘ bedeutete in einer Zeit großer Veränderung und Unsicherheit einen unschätzbaren Vorteil für Siemens.“
Siemens fokussiere sich auf zukunftsweisende Technologiefelder und habe das Portfolio in den vergangenen Monaten und Jahren weiter geschärft. „Siemens hat heute ein weit klareres Profil als noch vor vier Jahren“, sagte er. Das Unternehmen sei nun wachstumsstärker und profitabler. Der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers und das Energietechnikunternehmen Siemens Energy waren in den vergangenen Jahren an die Börse gebracht worden. Siemens versteht sich mit seinen drei Kernsparten Automatisierungstechnik (Digital Industries), Infrastruktur (Smart Infrastructure) und Bahntechnik (Mobility) als Technologiekonzern. Mit Softwareanwendungen will man künftig zunehmend wiederkehrende Umsätze generieren. Für diese Fokussierung hatte sich Siemens in der Vergangenheit immer wieder von Geschäftsbereichen getrennt, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehörten, zuletzt vom Verkehrsmanagementanbieter Yunex.