Shi Zhengrong : Chinas Sonnenkönig
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Shi Zhengrong Bild: Müller, Andreas
Der in Schwierigkeiten geratene Solarkonzern Suntech setzt seinen Gründer Shi Zhengrong vor die Tür. Für den einst gefeierten Aufsteiger ist es bereits die zweite Degradierung innerhalb eines Jahres. Nun droht ein langer Streit.
Der einst größte Solarmodulhersteller der Welt, die Suntech-Gruppe aus Wuxi westlich von Schanghai, jagt ihren eigenen Gründer aus dem Haus, den gefeierten Aufsteiger Shi Zhengrong. In einer dürren Pressemeldung teilt die Suntech Power Holdings Co. Ltd. mit, Shi sei nicht länger der Vorsitzende ihres Aufsichtsrats. Ihn ersetze das bisher einfache Mitglied Susan Wang. Für Shi, der einst als chinesischer „Sonnenkönig“ galt, ist das die zweite Degradierung innerhalb eines Jahres. Im August 2012 musste er schon den Posten des Vorstandschefs an David King abtreten.
In einer Erklärung bezeichnete „Dr. Shi“, wie er allgemein genannt wird, die Absetzung als ungesetzlich, weshalb er im Amt bleibe. Dem widersprach Suntech am Mittwoch, so dass jetzt ein längerer Streit droht. Und das ausgerechnet in dem Moment, wo der Konzern, Shis Lebenswerk, möglicherweise vor dem Aus steht. Shi hat sich selbst und Suntech aus dem Nichts heraus ganz nach vorn gebracht. Seine Eltern gaben das jüngste von vier Kindern einst zur Adoption frei. Die neue Familie ermöglichte ihm ein technisches Studium in Changchun, später in Schanghai. An der Universität von New South Wales forschte und promovierte er zur Solartechnik und nahm die australische Staatsbürgerschaft an. 2001 kehrte er nach Wuxi zurück, wo er Suntech gründete. 2005 brachte er es in Amerika an die Börse. Danach ging es bis zur Finanz- und Solarkrise immer nur bergauf. Noch 2008 verfügte Shi über ein Vermögen von 3,2 Milliarden Dollar und galt, je nach Angaben, als der reichste oder siebtreichste Chinese.
Leid durch Preisverfall und Überkapazitäten
2012 führte ihn das Hurun-Institut in Schanghai mit 470 Millionen Dollar dann nur noch auf Platz 571. Schuld an dem Absturz ist der Wertverfall von Suntech. Der langjährige Marktführer leidet schwer unter der globalen Krise in der Photovoltaikindustrie, unter Preisverfall und Überkapazitäten. Aber ihn drücken auch hausgemachte Schwierigkeiten, darunter ein möglicher Betrugsfall. Im Mai 2010 hatte Suntech im Zuge seiner Investitionen in den Global Solar Fund (GSF) eine Finanzgarantie über 554,2 Millionen Euro abgegeben. Als Sicherheit sollten bei GSF deutsche Staatsanleihen über 560 Millionen Euro dienen. Als Suntech seine Beteiligung zu Geld machen wollte, stellten sich Ungereimtheiten heraus. Wie das Unternehmen im Juli 2012 mitteilte, könnte es sein, „dass die Staatsanleihen gar nicht existieren und Suntech Opfer eines Betrugs gewesen ist“. Später hieß es, wegen des Vorfalls sollten sich die Anleger auf die Finanzberichte seit 2010 „nicht verlassen“.
Den alten Zahlen zufolge verzeichnete das Unternehmen 2011 bei einem Umsatz von 3,15 Milliarden Dollar einen Verlust von einer Milliarde Dollar. Die Gruppe war damals vom Erlös her der größte Anbieter der Welt. Im ersten Quartal 2012 – jüngere Daten liegen nicht vor – ging das Geschäft weiter zurück, im Nettoergebnis von plus 95 auf minus 119 Millionen Dollar. Im laufenden Monat werden Wandelanleihen über 541 Millionen Dollar fällig. Für deren Refinanzierung gebe es bisher keine Lösung, sagte Shi der Agentur Bloomberg. Am wahrscheinlichsten erscheint, dass der Staat einspringt. „Wir sehen die finanzielle Situation bei Suntech als sehr schwierig, aber nicht als unlösbar an“, sagt der Leiter des Zentrums für Solarmarktforschung in Berlin, Wolfgang Hummel. „Die Regionalregierung in Wuxi dürfte nichts unversucht lassen, um Suntech zur Seite zu stehen, etwa mit staatlichen Garantien.“
Hummel könnte sich vorstellen, dass die Rückschläge deutschen Anbietern nutzen. „Solarworld, obwohl selbst angeschlagen, kann von Suntechs Schwierigkeiten profitieren, weil dessen Kunden äußerst verunsichert sind.“ Die Suntech-Anleger setzen indes weiter auf eine Rettung und auf die anspringende Konjunktur. In den vergangenen Monaten ist deshalb der Aktienkurs in New York um 41 Prozent gestiegen. Große Hoffnungen ruhen auf dem chinesischen Markt, der bisher unbedeutend war, aber im Zuge einer neuen Umweltpolitik stark wachsen soll.