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Shell stoppt Lieferungen : „Die Lage ist sehr ernst“

Steigende Benzinpreise (Symbolbild) Bild: picture alliance / Eibner-Pressefoto

Der Shell-Konzern will auf Öllieferungen aus Russland verzichten. Wer Heizöl bestellt hat, könnte bald enttäuscht werden

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          Überraschend hat Shell am Dienstag angekündigt, künftig komplett auf Erdöl- und Gas-Lieferungen auf Russland verzichten zu wollen. Es werde einen „stufenweisen Rückzug“ geben. Als ersten Schritt werde Shell sofort alle Spotmarkt-Käufe von russischem Rohöl stoppen, teilte der Konzern mit.

          Philip Plickert
          Wirtschaftskorrespondent mit Sitz in London.
          Susanne Preuß
          Wirtschaftskorrespondentin in Hamburg.
          Christian Siedenbiedel
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Shell wolle jetzt seine Bezugsquellen ändern, um russische Liefermengen zu beenden. „Wir werden das so schnell wie möglich tun“, teilte der Konzern mit. Aber wegen der physischen Lieferorte und der Verfügbarkeit von Alternativen dürfte es „Wochen dauern“, bis der Russland-Bezug komplett gestoppt werden könne. Und es werde zu einer verringerten Benzinherstellung in den Raffinerien führen. Shell, einer der größten Mineralölkonzerne der Welt, hat für sich selbst damit schneller auf den Ukraine-Krieg reagiert als die Politik – wobei gerüchteweise schon die Rede von einem entsprechenden Vorstoß der US-Regierung war, als Shell seinen Rückzug aus Russland am Dienstagmittag verkündete.

          „Steter Dialog und ein besonnenes Vorgehen“

          Die Entscheidung des britischen Konzerns rückt die Abhängigkeit der deutschen Unternehmen und Verbraucher von russischen Öllieferungen ins Blickfeld: 34 Prozent des gesamten deutschen Rohöl-Imports kommt aus Russland. „Wir betrachten die Lage als sehr ernst“, erklärt der Wirtschaftsverband en2x, in dem die deutsche Mineralölwirtschaft sich organisiert. Ein interner Krisenstab bewertet die Lage fortlaufend. Und wenn auch ein Sprecher sagt: „Die inländische Versorgung ist momentan noch normal“, so zeigt der Satz doch die Dynamik der Lage.

          „Sollten Lieferungen ausfallen, ist das eine Herausforderung, mit der wir uns derzeit intensiv beschäftigen“, heißt es bei dem Verband, der keineswegs Panik schüren will, im Gegenteil: „In diesen schwierigen Tagen sind ein steter Dialog und ein besonnenes Vorgehen von besonderer Bedeutung.“

          Ohne große Worte zu machen, hat Mineralölwirtschaft ihrerseits schon einmal mit der Vorsorge für mögliche Engpässe begonnen und die Belieferung von Großhändlern über den Spot-Markt erheblich eingeschränkt, um so selbst Reserven schaffen zu können. Während der größte Teil der Öllieferungen aufgrund bestehender Verträge ausgeliefert wird, ist es durchaus üblich, dass gewisse Mengen zu tagesaktuellen Preisen direkt an den Raffinerien oder Depots der Mineralölkonzerne gekauft werden. Das kann entweder zur Deckung von unerwartetem Bedarf dienen oder um Preisschwankungen gezielt auszunutzen. Schätzungen aus der Branche zufolge werden rund 10 Prozent des Benzins auf diesem Wege verkauft, bei Diesel, der für allem für die Industrie und das Transportgewerbe wichtig ist, sollen es doppelt so viel sein und im Fall von Heizöl geht zeitweise sogar die Hälfte des Volumens auf den Spot-Markt. Diese Mengen dürften nun deutlich schrumpfen. „Wir tun alles, um die Versorgung sicher zu stellen. Dazu gehört, dass die Spot-Ware limitiert wird“, bestätigte eine Sprecherin von Shell Deutschland.

          Öl-Preise steigen rasant

          Akute Engpässe bei der Versorgung gebe es nicht, berichtete am Dienstag das Internetportal Heizoel24, an das 500 Ölhändler ihre Preise melden – wohl aber drastisch gestiegene Preise. 100 Liter kosteten derzeit 185 Euro. Das sei nicht nur ein neues Allzeithoch, sondern auch ungefähr das Doppelte von vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine. „Ware ist genug da“, sagte Oliver Klapschus, der Chef von Heizoel24 der F.A.Z. Auch die Wartezeit sei mit zwei bis drei Wochen im Moment nicht ungewöhnlich lang.

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