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Pharma-Konzerne : Die multiple Sklerose und die Milliarden

Der Film „Endlich wieder ich“ erzählt aus dem Leben mit Multipler Sklerose. Bild: obs/Merck Healthcare/Filip Piskorzynski

Roche hat ein neues Medikament gegen MS entwickelt. Andere Pharmakonzerne wittern ebenfalls große Chancen – der Wettlauf ist in vollem Gange.

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          „Nach der Diagnose stand ich erst mal völlig unter Schock und fühlte mich plötzlich wahnsinnig allein. Was würde nun passieren? Wie würde sich mein Leben verändern? Ich war doch erst 30!“, notiert eine junge Frau in einem Blog von Patienten, die an multipler Sklerose (MS) erkrankt sind. Mit 30 Jahren, so schreibt sie, solle man feiern, einen Bungee-Sprung machen oder mit dem Rucksack durch Australien wandern, „kurzum einfach das Leben genießen“. Durch die Diagnose MS fühle sie sich darum betrogen. Mit multipler Sklerose, einer Entzündung des zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark betrifft, gehen im schlimmsten Fall Lähmungen und Spastiken einher. Es gibt Medikamente, die Symptome lindern oder den Verlauf der Krankheit abschwächen. Doch heilbar ist sie nach wie vor nicht.

          Ilka Kopplin
          Wirtschaftskorrespondentin in München.
          Johannes Ritter
          Korrespondent für Politik und Wirtschaft in der Schweiz.

          Für Pharmakonzerne ist dieses Therapiefeld deshalb sehr attraktiv. Zumal die Betroffenen – darunter doppelt so viele Frauen wie Männer – typischerweise jung, nämlich zwischen 20 und 40 Jahren erkranken. „Es handelt sich um eine lebensbegleitende Therapie. Denn die Lebenserwartung MS-Erkrankter gilt als normal“, sagt Judith Haas, Vorsitzende der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG). Schätzungen zufolge leben auf der Welt rund 2,5 Millionen Menschen mit der Krankheit, in Deutschland sind es mehr als 200.000.

          Roche bringt das neue Medikament Ocrevus

          Dass es sich lohnt, trotz schon existierender Medikamente weiter in dieses forschungsintensive Feld zu investieren, dafür ist Roche ein gutes Beispiel. Der Schweizer Pharmakonzern ist eigentlich ein Spezialist auf dem Gebiet der Krebstherapien. Doch nach zehn Jahren Forschung hat das Basler Unternehmen im vergangenen Jahr das MS-Medikament Ocrevus in Amerika auf den Markt gebracht. Vor kurzem haben die Schweizer auch die Zulassung für Europa erhalten. Analysten trauen dem Medikament zu, in der Spitze Jahresumsätze von bis zu 5 Milliarden Euro zu generieren.

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          Roche hat seinen Umsatz 2017 um 5 Prozent auf 53,3 Milliarden Franken (46 Milliarden Euro) erhöht. Dabei gehörte Ocrevus zu den größten Wachstumstreibern. Bei der Bilanzvorlage in Basel geriet der Vorstandsvorsitzende Severin Schwan ins Schwärmen. Unter den neu zugelassenen Arzneien sei das MS-Mittel ein „Highlight“ gewesen, das sich deutlich besser als erwartet entwickelt habe. Tatsächlich spielte Ocrevus, obwohl es erst seit dem zweiten Quartal 2017 auf dem Markt ist, auf einen Schlag 869 Millionen Franken ein. „Wir werden weiterhin ein sehr starkes Wachstum für dieses Medikament sehen“, sagte Schwan, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Aber klar scheint, dass Ocrevus im laufenden Jahr leicht und locker über die Umsatzschwelle von einer Milliarde Franken kommt.

          Nach Aussage von Roche-Forschungschef Daniel O’Day wurden bisher mehr als 30.000 Personen mit dem neuen Mittel behandelt. Die Reaktionen von Patienten und Ärzten seien positiv. Ocrevus schlage nicht nur sehr gut an, sondern habe weniger Nebenwirkungen als andere MS-Medikamente. „Das sind sehr gute Nachrichten für die Patienten“, sagte der Amerikaner am Rande der Pressekonferenz.

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