Schuhhändler in der Krise : Reno meldet Insolvenz an
- -Aktualisiert am
Sortiment des Schuh-Discounters Reno in Osnabrück Bild: Picture Alliance / dpa
Nach Görtz und Salamander strauchelt die nächste bekannte Marke: Der Schuhfilialist Reno meldet Insolvenz an. Deichmann hingegen strotzt vor Kraft. Woran liegt das?
Die Muttergesellschaft des Schuhhändlers Reno, die Reno Schuhcentrum GmbH, ist insolvent. Am Mittwoch ist am Amtsgericht Hameln das Insolvenzverfahren eröffnet worden, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, am Mittwochmorgen folgte auch die Eröffnung für die Reno Schuh GmbH. Das Gericht in Hameln hat den Rechtsanwalt Immo Hamer von Valtier zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
Er wolle sich nun zunächst einen Überblick verschaffen und dafür sorgen, den Geschäftsbetrieb wieder in Gang zu bringen, sagte er der „Wirtschaftswoche“, die zuerst über die Insolvenz berichtet hatte. Es gehe nun darum, den rund 1100 Mitarbeitern eine Perspektive zu geben und die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes zu klären. Reno betrieb zuletzt rund 300 Filialen. Welche Auswirkungen das auf mögliche Schließungen hat, ist noch völlig offen.
Die gesamte Schuhbranche ist arg gebeutelt
Die Insolvenz kommt nur wenige Monate nachdem die Eigentümer des Unternehmens gewechselt hatten. Die Schuhhandelsgruppe HR Group aus Osnabrück hatte die Reno Schuhcentrum GmbH mit ihren Tochtergesellschaften inklusive der Standorte in Deutschland, Österreich und der Schweiz an den Investor cm.sports GmbH und seinen Kooperationspartner GA Europe verkauft. Dazu gehörte auch der Onlineshop – der war am Mittwoch nicht erreichbar. „Wir bitten um Dein Verständnis und sind bald wieder mit Neuigkeiten für Dich da!“, heißt es auf der Internetseite.
Reno reiht sich damit ein in eine illustre Runde an bekannten Schuhmarken, die in der letzten Zeit in Schwierigkeiten geraten sind. Im September hatte die Schuhhandelskette Görtz Insolvenz angemeldet, im Dezember trat die Marke Salamander in ein Schutzschirmverfahren ein, also eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Die Unternehmen beklagten die Belastungen der Corona-Pandemie und in der Folge auch die gestiegenen Kosten bei gleichzeitiger Kaufzurückhaltung der Kunden. Die Branche ist arg gebeutelt: Nach Angaben des Branchenverbands BTE hat im vergangenen Jahr mehr als jedes zehnte Schuhgeschäft in Deutschland dichtgemacht. Doch auch im Onlineschuhhandel gingen die Erlöse im vergangenen Jahr um mehr als 16 Prozent zurück.
Deichmann steigert Umsatz auf Rekordniveau
Gänzlich unbeeindruckt von der Krise scheint nur der größte Schuhhändler Europas zu sein: Von einer Kaufzurückhaltung infolge der Inflation und der Unsicherheit vieler Verbraucher spürt Deichmann noch nichts. Das Familienunternehmen aus Essen hatte erwartet, dass die Verkäufe zurückgehen würden, doch sind im Gegenteil neue Kunden hinzugekommen. So hat Deichmann seinen Bruttoumsatz im Jahr 2022 erstmals in der Unternehmensgeschichte auf mehr als 8 Milliarden Euro steigern können. „Es hat eine wesentliche Rolle gespielt, dass die Kunden in diesen Zeiten nach einer guten Preis-Leistung suchen“, sagte Heinrich Deichmann, der Vorsitzende des Verwaltungsrats des Familienunternehmens, am Montagabend vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung in Düsseldorf. „Das hat uns in diesem inflationären Umfeld sehr geholfen.“
Deichmann hingegen konnte davon profitieren, dass Kunden nun in die Läden strömten, die früher eher woanders mehr Geld ausgegeben haben. Zudem baut das Unternehmen seine Partnerschaften aus, Deichmann gehört die Europalizenz von Fila, das Unternehmen vertreibt auch Kollektionen unter der Marke Esprit. Angelockt werden sollen Käufer auch von mehr Sportartikeln, neben großen Marken wie Adidas, Nike und Puma ist nun auch New Balance im Programm. Gut 30 Prozent am Sortiment machten Sportmarken inzwischen aus, die hochpreisigen Sneaker finden Kunden aber tendenziell eher bei dem Tochterunternehmen Snipes, nicht in den Deichmann-Filialen. „Schuhe für 120 Euro sehe ich erst einmal nicht bei uns“, sagte Deichmann.
„Der stationäre Einzelhandel ist nicht tot“
Das Onlinegeschäft macht bislang nur rund 11 Prozent am Umsatz aus, das macht den Familienunternehmer aber nicht bange. Das hängt auch damit zusammen, dass Preissuchmaschinen im Internet vor allem für Markenartikel benutzt werden, Deichmann aber gut 70 Prozent Eigenmarken vertreibt. Die Größe des Unternehmens helfe dann gleichzeitig dabei, auch in den Verhandlungen mit den großen Sportartikelherstellern eine wichtige Rolle zu spielen. Das Unternehmen plant in diesem Jahr Rekordinvestitionen von 500 Millionen Euro und will 350 Läden umbauen. „Der stationäre Einzelhandel ist nicht tot. Jeder, der das behauptet, versteht nichts von der Materie“, sagte Deichmann. Rund 1400 Filialen betreibt das Familienunternehmen allein in Deutschland, in insgesamt 31 Ländern hat das Unternehmen im vergangenen Jahr 178 Millionen Paar Schuhe verkauft. Das sind zwar etwas weniger als im Jahr 2019, aber 18 Millionen mehr als im Vorjahr, wie aus dem Bundesanzeiger hervorgeht. Das Umsatzwachstum liegt also nicht allein an Preiseffekten.
Deichmann weist seinen Umsatzanstieg gegenüber 2019 aus, also dem letzten Geschäftsjahr, das noch nicht von der Corona-Pandemie betroffen war. Damals lag der Bruttoumsatz bei 6,4 Milliarden Euro, zu 2022 liegt das Plus damit bei 23 Prozent. Aus der letzten Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist zu erkennen, dass der Bruttoumsatz, also vor Abzug der Umsatzsteuer, im Jahr 2021 konzernweit 6,1 Milliarden Euro betrug, 2020 etwa 5,4 Milliarden. Angesichts der behördlich angeordneten Schließungen war das Unternehmen stark gebeutelt in der Corona-Pandemie. In Deutschland hatte es gar zwei Jahre in Folge einen Fehlbetrag gegeben, wie aus veröffentlichten Unterlagen hervorgeht. Für das Jahr 2020 weist das Unternehmen laut Bundesanzeiger einen Konzernfehlbetrag von nahezu 74 Millionen Euro aus, ein Jahr später war es aber wieder ein Gewinn von 316 Millionen Euro. Eine Zahl zum Gewinn von 2022 nennt Deichmann nicht, einzig, dass er „zufriedenstellend“ war. Er liegt zudem oberhalb der Prognose, die damals einen Anstieg gegenüber 2021 erwartete.