Prozessauftakt in Österreich : Kaufhauskönig Benko unter Korruptionsverdacht
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René Benko am Dienstag im Gericht in Wien Bild: dpa
Der Immobilieninvestor René Benko und andere prominente Wirtschaftsvertreter müssen sich vor dem Strafgericht verantworten. Zum Beginn des Verfahrens betonen die Angeklagten ihre Unschuld.
So viel österreichische Unternehmerprominenz hat es in einem Strafprozess wegen Korruptionsverdacht vor dem Landesgericht Wien noch selten gegeben. Fast ein Dutzend Figuren aus der Wirtschaftswelt müssen sich verantworten. Alle betonen ihre Unschuld.
Im Zentrum steht allerdings ein Politiker, der frühere Wiener Kommunalpolitiker der Grünen Christoph Chorherr. Der frühere Gemeinderatsabgeordnete, der unter anderem Planungssprecher seiner Fraktion war, hat nach Lesart der Anklagebehörde von namhaften Immobilienunternehmen Zahlungen für einen von ihm initiierten gemeinnützigen Verein gefordert oder angenommen. Die Spender sollen sich im Gegenzug Vorteile bei Genehmigungsverfahren versprochen haben.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft Chorherr Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit, den prominenten Unternehmern Bestimmung zum Amtsmissbrauch und Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen vor. Zu den Mitangeklagten gehören unter anderen der Tiroler Investor und Kaufhauskönig René Benko, der Industrielle Michael Tojner und der Immobilienentwickler Erwin Soravia.
Chorherr, so versicherte sein Verteidiger im Eröffnungsplädoyer am Dienstag, sei der Meinung gewesen, dass man mit den Bürgern der Stadt auf Augenhöhe kommunizieren solle – auch mit Immobilienunternehmern. Er habe die Arbeitshypothese vertreten, dass nur so die Interessen der Stadt bestmöglich gewahrt werden könnten. Niemals seien Ansinnen an ihn gestellt worden, für Spenden Gegenleistungen zu erbringen. Es sei immer mit offenen Karten gespielt worden.
Ein Projekt am Wiener Hauptbahnhof im Mittelpunkt
Der Vertreter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sah dies völlig anders. Jeder in Wien habe gewusst, dass man gegen Spenden bekomme, was man wolle. Dafür gebe es nun Beweise. Konversationen von Tojner würden etwa belegen, dass davon ausgegangen worden sei, dass man Einfluss auf die Politik nehmen könne, „um sein Projekt durchzubringen“. „Ohne Magister Chorherr kein Projekt, so einfach ist das“, zeigte sich der Anklagevertreter überzeugt. „Zeigen Sie uns, dass der Kampf gegen Korruption kein sinnloser ist“, bat er die Schöffen. Ganz fehlerfrei sei das Vorgehen seines Mandanten nicht gewesen, befand selbst der Verteidiger. Chorherr hätte den Vereins-Vorsitz schon vor 2011 zurücklegen müssen. Die Botschaft sei angekommen. Dies sei „nicht zeitgemäß“, es sei sogar falsch gewesen, das nicht schon früher zu tun.
Ein Projekt am Wiener Hauptbahnhof steht im Mittelpunkt der Vorwürfe gegen Benko und die von ihm kontrollierte Signa-Gruppe. Verteidiger Stefan Prochaska betonte nicht nur, dass Benko zum damaligen Zeitpunkt nicht mit Chorherr in Kontakt war, sondern verwies auch auf den – wie er beteuerte – völlig rechtmäßigen Ablauf der entsprechenden Ausschreibung und anschließenden Genehmigung. Diese sei keine „Wunschwidmung“ gewesen, sondern eine Festlegung der Bebauungsbestimmungen. Für den gemeinnützigen Verein hat Benko laut seinem Rechtsvertreter 100.000 Euro gespendet. Benko würde seit vielen Jahren immer wieder verschiedene Einrichtungen unterstützen, unterstrich sein Anwalt.
Wiederholt verwiesen die Verteidiger auch auf Ausführungen in der Anklageschrift zum Aufgabengebiet Chorherrs – und zwar mit der Bitte um Richtigstellung. Der Politiker wird unter anderem als Mitglied der Stadtregierung, Planungsstadtrat oder auch nicht amtsführender Stadtrat bezeichnet. Tatsächlich übte er zum inkriminierten Zeitpunkt, also von 2011 an, aber keine dieser Funktionen aus.