Prokon-Übernahme : Es sieht gut aus für EnBW
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Windanlagenbetreiber Prokon steht vor der Übernahme durch EnBW. Bild: dpa
EnBW will in erneuere Energien investieren. Die wichtigsten Gläubiger des insolventen Windparkbetreibers Prokon haben den Konzern jetzt als Investor ausgewählt. Entschieden ist damit aber noch nichts.
Der Energieversorger EnBW will die insolvente Windenergie-Firma Prokon für rund eine halbe Milliarde Euro übernehmen - und kann sich Hoffnungen darauf machen, dass das klappt. Die wichtigsten Gläubiger von Prokon gaben am Dienstag der Offerte des drittgrößten Energieversorger Deutschlands den Vorzug vor einem niedrigeren Gebot des Solarpark-Betreibers Capital Stage, wie die Beteiligten nach der Sitzung mitteilten.
Das letzte Wort haben jedoch die fast 100.000 Gläubiger von Prokon, die sich Anfang Juli in Hamburg treffen. Denn statt des Verkaufs an den Stromriesen könnten die rund 75.000 Inhaber von Prokon-Genussrechten der 54 Windparks in Deutschland und Polen mit einer installierten Leistung von 537 Megawatt auch als Genossenschaft in Eigenregie weiterführen.
Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin gab am Dienstagabend nicht zu erkennen, welche Lösung er favorisieren würde. „Beide Planvarianten erfordern Verzichte von Seiten der Gläubiger, werden aber in jedem Fall zu einem besseren Ergebnis als eine Zerschlagung des Unternehmens führen“, erklärte der Verwalter. Prokon hatte Genussrechte im Wert von 1,4 Milliarden Euro auch an Kleinanleger ausgegeben. Das Unternehmen aus Itzehoe geriet jedoch Anfang 2014 ins Trudeln, als viele Anleger ihre mit Rendite-Versprechungen von mehr als sechs Prozent verkauften Papiere an Prokon zurückgeben wollten. Denn Prokon hatte die erwarteten Gewinne teilweise schon an die Anleger ausgeschüttet.
Bei einem Verkauf an EnBW bekämen sie umgehend bares Geld, müssten aber auf einen großen Teil ihrer Forderungen verzichten. Für den Versorger, der lange auf Atomstrom gesetzt hatte, wäre die Übernahme ein großer Schritt zum Ausbau der Erzeugung von Erneuerbaren Energien.
EnBW will Atom-Image loswerden
Bei der alternativen Lösung würde ein Teil der Genussrechte in Genossenschaftsanteile an einer „neuen“ Prokon umgewandelt, eine Anleihe böte den Genussrechts-Inhabern Gelegenheit, einen weiteren Teil ihrer Verluste über die Zeit wieder wettzumachen. Damit die Genossenschaft auf das erforderliche Kapital kommt, müssten ausreichend Anleger mitziehen. Sie erhalten bis Anfang Juni Post vom Insolvenzverwalter und sollen sich anschließend entscheiden. Die restlichen Prokon-Beteiligungen, darunter ein Holzpalettenwerk in Torgau und Wälder in Rumänien, sollen in jedem Fall verkauft werden.
Passen würde die Prokon-Übernahme aber in die Strategie von EnBW, das sich vom Atomkonzern zum Ökostromanbieter wandeln will. „Mit einem Erwerb der Prokon würde EnBW einen großen Schritt im Hinblick auf ihre strategischen Ausbauziele im Bereich der Erneuerbaren Energien machen und ihr Wachstum in diesem Bereich deutlich beschleunigen“, schrieb der Versorger zu seinen Übernahme-Absichten.
Die Hamburger Capital Stage deutete an, dass ihr Angebot dem von EnBW finanziell unterlegen gewesen sei. „Wir hätten uns gefreut, die Prokon in unser Geschäftsmodell zu integrieren - aber nicht um jeden Preis“, erklärte Finanzvorstand Christoph Husmann. Die im Kleinwerteindex SDax notierte Aktie von Capital Stage war auf ein Jahreshoch gestiegen, nachdem das Unternehmen sein Gebot für Prokon öffentlich gemacht hatte.