
Zukunft von Opel : Löwe, vom Blitz geschlagen
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Peugeot gehört jetzt auch die Marke Opel. Bild: dpa
Peugeot übernimmt Opel. Auf den ersten Blick passen die Unternehmen gut zusammen. Auf den zweiten steht eine Herkulesaufgabe bevor. Eine Analyse.
Für Opel beginnt heute ein neues Kapitel in seiner 155 Jahre langen Geschichte. Mehr als die Hälfte dieser Zeit befand sich der deutsche Autohersteller im Besitz von General Motors. Nun wechselt das Unternehmen aus Rüsselsheim unter das Dach der Franzosen von Peugeot.
In Zeiten von Trump und drohendem Protektionismus rückt Europa zusammen und es lockern sich die transatlantischen Beziehungen. Ein Zeichen, das über die Automobilindustrie hinausgeht?
Man soll solche Transaktionen nicht überinterpretieren. Doch es stimmt, dass sich nun eine Muttergesellschaft bei Opel ans Werk macht, die Europa besser versteht als die Amerikaner. Zudem kennt Peugeot die Lage eines krisengeschüttelten mittelgroßen Herstellers aus eigenem Erleben – und die Rezepte, um sich aus der Misere zu befreien.
Zunächst sanfte Ziele
Die Opelaner können froh sein, dass Peugeot im Jahr 2017 zu guter Gesundheit genesen ist und die Expansion zur Erhöhung der Stückzahlen sucht. Der europäische Automarkt hat sich erholt und bietet so die Basis zur Finanzierung von Übernahmen.
Übernahme unter Dach und Fach : Peugeot kauft Opel
Der Peugeot-Vorstandsvorsitzende Carlos Tavares hat zunächst recht sanfte Ziele für die Integration gesetzt. Bis 2020 sollen der operative Cashflow von Opel positiv und die operative Umsatzrendite nur 2 Prozent erreichen. Für 2026 sind dann 6 Prozent vorgesehen – das aktuelle Niveau von Peugeot. Bis 2018 will der aus Portugal stammende PSA-Chef die aktuellen Arbeitsplatzgarantien für die Standorte in Deutschland garantieren. Er will den Opel-Mitarbeitern vertrauen, wie er sagt, denn er glaubt, dass sie ihre Leistung noch spürbar steigern können.
Doch was wird, wenn nicht? Was kommt nach Auslauf der Jobgarantien? Man täusche sich nicht. In die dreijährige Amtszeit von Tavares fiel nur deswegen keine Werksschließung, weil sein Vorgänger die harten Einschnitte auf sich nahm. Dennoch übt Tavares zur Senkung der Kosten massiv Druck auf die Beschäftigten aus. Er hat keine andere Wahl. Ohne seine Spararbeit stünde Peugeot heute noch da, wo sich Opel befindet. Oder es würde gar nicht mehr existieren.
Kosten senken alleine reicht freilich nicht. Die beiden Unternehmen verstärken durch ihren Zusammenschluss lediglich ihre Verankerung in Europa. Dabei müssen sie mit neuen Modellen dringend die weite Welt erobern, vor allem die asiatischen Märkte. Die Umstellung auf abgasschwache Antriebe, Elektromotoren und neue Mobilitäts-Bedürfnisse erfordert gleichzeitig Milliarden-Investitionen. Daher wird auch Peugeot seine aktuellen Gewinnmargen erst mal nicht halten können; und gleichzeitig müssen die Franzosen Opel auf ein zukunftsträchtiges Fundament stellen. Das ist eine Herkulesaufgabe.
In den ganz finsteren Zeiten der deutschen Geschichte stand Peugeot unter der Zwangsverwaltung von Volkswagen. Nach dem zweiten Weltkrieg saßen Ferdinand Porsche und Anton Piëch fast zwei Jahre in französischer Haft, weil ihnen vorgeworfen wurde, für die Deportation kooperationsunwilliger Peugeot-Manager nach Deutschland gesorgt sowie Peugeot-Patente und Anlagen geklaut zu haben. Jetzt tut sich ein neues deutsch-französisches Kapitel auf, das glücklicherweise unter einem besseren Stern steht. Doch der Beweis, dass der Markenblitz von Opel und der Löwe von Peugeot zusammenpassen, muss erst noch erbracht werden.
