Amazon Fresh : Post schreibt Geschäft mit Lebensmitteln ab
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In Deutschland noch kein Erfolgsmodell, in den Vereinigten Staaten schon: Amazon-Fresh-Mitarbeiter liefern in New York Frischware aus. Bild: Reuters
Der Paketdienst DHL beendet die Zusammenarbeit mit Amazon Fresh wegen Erfolglosigkeit. Warum kommt der Online-Handel mit Nahrungsmitteln hierzulande nicht voran?
Der Paketdienst DHL stellt für Amazon keine frischen Produkte mehr zu. Amazons Tochtergesellschaft Fresh liefert in Berlin, Hamburg und München seit mehr als zwei Jahren Lebensmittel an die Kunden aus – bisher in Zusammenarbeit mit der Post-Tochtergesellschaft DHL. Seit Anfang August stellt Amazon die bestellten Lebensmittel jedoch über sein eigenes Logistiknetzwerk zu, das auch die „Prime Now“-Lieferungen verantwortet. Das hatten der „Supermarktblogger“ und das Fachblatt „Lebensmittel Zeitung“ berichtet. „Wir können bestätigen, dass wir entschieden haben, die Zusammenarbeit mit Amazon Fresh im Bereich der Zustellung frischer Lebensmittel bis auf Weiteres nicht mehr fortzuführen“, sagte eine Sprecherin von DHL.
Der Paketdienstleister glaubt wohl nicht mehr daran, dass die Deutschen in Zukunft mehr Nahrungsmittel im Internet bestellen. Der Markt für online bestellte frische Lebensmittel bleibe „bis dato weit hinter den Erwartungen zurück“, sagte die Sprecherin. Die übrige Zusammenarbeit mit Amazon sei von der Entscheidung aber nicht betroffen. Die Post war mit ihrem Online-Lebensmittelhändler „Allyouneedfresh“ vorübergehend selbst in diesen Markt eingestiegen, um Abläufe und Zustellungswege zu verbessern. Das teure Experiment wurde vor knapp einem Jahr beendet, der Internetsupermarkt wurde verkauft.
Nach Angaben des Handelsverbands Deutschland machte der Anteil des Online-Handels bei Lebensmitteln im vergangenen Jahr nur knapp 1,2 Prozent des Umsatzes von rund 182 Milliarden Euro aus. Martin Fassnacht, Professor für Handel und Marketing an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Düsseldorf, ist der Ansicht, dass die Lieferung von Lebensmitteln in Deutschland im Vergleich zu den Vereinigten Staaten nicht profitabel sei. „Die Deutschen wollen gerne alles umsonst haben, deshalb ist es schwierig, mit der Lieferung von frischen Produkten Geld zu verdienen“, sagt Fassnacht.
Angebot wird nur zaghaft angenommen
In den Vereinigten Staaten lassen sich die Menschen lieber Lebensmittel nach Hause liefern. Nach Ansicht von Fassnacht liegt das daran, dass die Amerikaner eine andere Einstellung zu Dienstleistungen als die Deutschen haben. „Sie sind es eher gewohnt, für Dienstleistungen zu bezahlen.“ Amazon-Prime-Kunden müssen hierzulande für eine Fresh-Mitgliedschaft knapp 10 Euro im Monat bezahlen. Für Kunden, die im Online-Shop von Real Frischware ordern, ist die Bestellung erst ab 120 Euro kostenlos.
Rewe und Real investieren trotz mancher Bedenken verstärkt in ihre Onlineplattformen. Nach Angaben des Instituts für Handelsforschung Köln deckt Rewe mit seinem Shop das größte Liefergebiet in Deutschland ab. Das Unternehmen bringt seinen Kunden nach eigenen Angaben in mehr als 75 Städten Frischware nach Hause. Trotzdem sieht auch Rewe Herausforderungen. „Der Bereich ist langsamer wachsend als von vielen Experten angenommen“, hatte der für das Digitalgeschäft bei dem Kölner Konzern zuständige Vorstand Jan Kunath im April gesagt. Diese Aussage gelte auch heute noch, heißt es von Rewe. Auch Real biete seinen Kunden die Lieferung von Frischware an, obwohl die Nachfrage nicht so stark ausgeprägt sei, sagte ein Sprecher. Das liege wohl an den vielen Filialen hierzulande. Trotzdem arbeite das Unternehmen daran, sein Netzwerk auszubauen.
Für Amazon war es sowieso eher ungewöhnlich, Lebensmittel über ein externes Unternehmen ausliefern zu lassen. In Großbritannien und den Vereinigten Staaten stellt Amazon Fresh seine Lebensmittel größtenteils selbst zu. Nach Ansicht von Martin Fassnacht hat sich DHL durch die Entscheidung, Amazon nicht mehr bei der Auslieferung zu unterstützen, unter Druck gesetzt. „Ich denke, dass Amazon in Zukunft noch mehr Produkte selbst ausliefern wird, so dass sie die DHL nicht mehr brauchen“, sagt Fassnacht.
Lieferdienst wollte Konkurrenzsituation vermeiden
DHL und Amazon arbeiteten seit Frühjahr 2017 zusammen. Achim Dünnwald, der damalige Chef von DHL, wollte mit der Zusammenarbeit wohl verhindern, dass der Online-Händler noch mehr Transporte selbst übernimmt. Die Investitionen in die Zusammenarbeit dürften jedoch relativ hoch gewesen sein. Um die Kunden zu jeder Zeit bedienen zu können, lieferte DHL nicht nur mit Stammpersonal aus, sondern stellte auch externe Fahrer ein. Der Vorstandsvorsitzende des Postkonzerns, Frank Appel, will das Paketgeschäft inzwischen profitabler machen. In der Vergangenheit stiegen zwar die Umsätze noch schneller, aber auch die Kosten.
Das Ende der Zusammenarbeit wollte Amazon grundsätzlich nicht kommentieren. „Wir bestätigen aber, dass die Meldung vom Supermarktblogger bezüglich der Lieferbeziehungen nicht falsch ist“, sagte ein Sprecher gegenüber der F.A.Z. Für die Kunden von Amazon Fresh ändere sich nichts.