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Yougov-Umfrage : Mehrheit hat kein Verständnis für Bahn-Streiks

  • Aktualisiert am

GDL-Chef Claus Weselsky Anfang September während eines Lokführerstreiks Bild: dpa

Schon drei Streikwellen – und im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn ist immer noch keine Lösung in Sicht. Viel Rückhalt für die Arbeitsniederlegungen haben die Lokführer in der Bevölkerung aber offenbar nicht.

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          Gut jeder zweite Deutsche hat kein Verständnis für den jüngsten Streik bei der Deutschen Bahn. 53 Prozent der Befragten äußerten sich entsprechend in einer Yougov-Umfrage für die Nachrichtenagentur dpa. Hingegen haben 36 Prozent Verständnis für die Aktion. Die Lokführergewerkschaft hatte bis Dienstagfrüh rund fünf Tage lang große Teile des Zugverkehrs lahmgelegt. Es war ihr dritter Streik in der laufenden Tarifrunde. Weitere Arbeitskämpfe sind möglich. YouGov befragte vom 6. bis 8. September online 2030 Frauen und Männer im Alter von mindestens 18 Jahren.

          Der Streik in der Ferienzeit traf neben Pendlern auch wieder Urlaubsreisende, zudem dauerte der dritte Streik im Personenverkehr auch über das Wochenende an. Rund jeder siebte Bundesbürger war nach der repräsentativen Umfrage von den Arbeitsniederlegungen betroffen.

          Wer ist verantwortlich?

          Die GDL und die Deutsche Bahn konnten sich trotz monatelanger Tarifauseinandersetzung bisher nicht auf einen Abschluss verständigen. Die GDL fordert Einkommensverbesserungen wie im öffentlichen Dienst und kämpft gegen Änderungen am Betriebsrentensystem der Bahn. Sie will außerdem neben Lokführern und Zugbegleitern auch Rahmentarifverträge für Beschäftigte in den Werkstätten und in der Infrastruktur sowie für Auszubildende schließen.

          Einen Hauptverantwortlichen für die verfahrene Situation sehen die Deutschen nach der Umfrage jedoch nicht. Etwa jeder zweite meint, beide Seiten müssten sich gleichermaßen auf die jeweils andere zubewegen. 25 Prozent sehen in erster Linie die Gewerkschaft am Zug, 19 Prozent die Deutsche Bahn.

          Die Bahn konnte nach eigenen Angaben während des Streiks 25 bis 30 Prozent der üblichen Kapazität anbieten, im Regionalverkehr etwa 40 Prozent. Das Unternehmen rief jedoch dazu auf, nicht notwendige Fahrten zu verschieben. Und tatsächlich wollten sich nicht alle vom Streik betroffenen Kunden auf die Züge verlassen. 48 Prozent wichen zumindest teilweise auf andere Verkehrsmittel wie das private Auto, den Bus oder Mietwagen aus, 36 Prozent verzichteten teilweise auf Fahrten. Nur 31 Prozent sagten uneingeschränkt: „Ich bin trotzdem mit der Bahn gefahren.“

          Für Kritiker des Streiks und der GDL schadet die Gewerkschaft mit ihren Arbeitskämpfen der angestrebten Verkehrswende. Um Deutschlands CO2-Bilanz zu verbessern, will der Bund deutlich mehr Menschen dazu bringen, von Auto und Flugzeug in Züge umzusteigen.

          Einige Bahnkunden sind angesichts der Streiks aber skeptisch. 19 Prozent der befragten Betroffenen erwarten, dass sie künftig generell weniger mit der Bahn fahren. Mit 61 Prozent sagt jedoch die Mehrheit: „Der Bahnstreik hat keine Auswirkungen auf mein künftiges Reiseverhalten.“

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