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Mehrbelastung für Arbeitgeber : Unternehmer zerpflücken rot-grüne Steuerpläne

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Bedrohte Arbeitsplätze: Der Pharmakonzern Merck aus Darmstadt sieht sich in seiner Existenz gefährdet. Bild: picture alliance / dpa

Welche Mehrbelastungen auf die hessische Wirtschaft zukommen, falls SPD und Grüne nach der Bundestagswahl eine Regierung bilden, haben namhafte Unternehmen aus Hessen erstmals vorgerechnet. Sie lehnen vor allem eine neue Vermögensteuer und eine Vermögensabgabe ab.

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          Namhafte Unternehmen aus Hessen haben erstmals vorgerechnet, welche Mehrbelastungen sie erwarten, falls SPD und Grüne nach der Bundestagswahl eine Regierung bilden. Auf besonders scharfe Ablehnung stieß die Forderung der SPD nach einer neuen Vermögensteuer und der Wunsch der Grünen nach einer Vermögensabgabe. Die Arbeitgeber kritisierten ferner Pläne der Oppositionsparteien, die Einkommensteuer anzuheben, die Erbschaftssteuer zu verschärfen, die Abgeltungssteuer zu erhöhen, das Ehegattensplitting zu schleifen sowie die Beiträge zur Krankenkasse durch eine höhere Bemessungsgrenze anzuheben. Stellvertretend für mehr als 500 Unternehmen, warnte der Hauptgeschäftsführer der hessischen Unternehmerverbände, Volker Fasbender, am Freitag: „Deutschland würde wieder in das Siechtum des kranken Mannes Europas zurückfallen.“

          Konkret erwartet beispielsweise der Pharmakonzern Merck, dass allein die Vermögensteuer das Unternehmen und seine Gesellschafter jedes Jahr 260 Millionen Euro kosten würde. Das ist etwa ein Viertel des operativen Gewinns der Gruppe und entspricht ziemlich genau der Summe, die der Dax-Konzern im vergangenen Jahr in Deutschland investierte. Eine Vermögensabgabe nach Vorstellung der Grünen käme noch teurer und kostete 274 Millionen Euro. In einer Präsentation warnt der Konzern ausdrücklich: „Für künftige Investitionen stellt sich verstärkt die Standortfrage.“ Und: „Durch hohe Substanzsteuerbelastungen ist der Bestand von Merck als Familienunternehmen gefährdet.“

          Die SPD hält die Warnungen der Wirtschaftsvertreter für Unfug

          Ähnlich äußerte sich Annette Beller, Finanzvorstand des Medizintechnikherstellers B. Braun: „Die Folgen für das Unternehmen wären fatal.“ Ihrer Rechnung zufolge würde die von der SPD geplante Vermögensteuer das Unternehmen etwa 66 Millionen Euro im Jahr kosten, die Vermögensabgabe der Grünen sogar 100 Millionen Euro. Um letztere bezahlen zu können, müsste die Gruppe vor Steuern 161 Millionen Euro erwirtschaften. Das wäre fast so viel, wie das Unternehmen im Jahr in Deutschland investiert. Im Ergebnis wären viele Arbeitsplätze gefährdet.

          Der Getränkehersteller Hassia, der im Jahr rund 240 Millionen Euro umsetzt, erwartet Mehrbelastungen von 3,5 Millionen Euro, sollte die Vermögensteuer reaktiviert und die Einkommensteuer erhöht werden. Das vergleichsweise kleine Maschinenbauunternehmen Hegra in Limburg befürchtet, dass der Nettogewinn um 63.000 auf 132.000 Euro zurückginge.

          Ob die Zahlen stimmen, lässt sich von außen nicht prüfen. Außerdem ist die steuerliche Materie hoch komplex und die Pläne der Parteien in wichtigen Details nicht präzisiert. Im Wahlprogramm der SPD etwa heißt es nur, „wir wollen eine Vermögensteuer, die der besonderen Situation des deutschen Mittelstandes (...) Rechnung trägt und (...) Investitionsspielräume nicht belastet“. Allerdings liegt von einigen rot-grünen Landesregierungen ein Entwurf für ein Vermögenssteuergesetz vor. Demnach soll das zu versteuernde Vermögen von natürlichen und juristischen Personen oberhalb eines persönlichen Freibetrags von 2 Millionen Euro und einer Freigrenze von 200.000 Euro bei Kapitalgesellschaften mit einem Prozent belastet werden. Der Entwurf befindet sich aber noch in der Abstimmung. Weiter ist die Bundestagsfraktion der Grünen: Sie schlägt eine einmalige Vermögensabgabe von 15 Prozent vor. Diese könnte über zehn Jahre in Höhe von 1,5 Prozent des Vermögens gestreckt werden. Ende April beschlossen die Grünen auf ihrem Bundesparteitag zudem, dass der Vermögensabgabe später eine Vermögensteuer folgen soll.

          Die SPD hält die Warnungen der Wirtschaftsvertreter für Unfug. In einer Stellungnahme für diese Zeitung heißt es: „Da sich bei der Unternehmensbesteuerung nichts verschlechtern wird, sehen wir keine negativen Auswirkungen.“ Die geplanten Steuererhöhungen beträfen „nur die obersten 5 Prozent der Einkommensbezieher und Vermögenden“, negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort seien ausgeschlossen.

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