Media-Markt : „Die größte Sauerei des Jahres“
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„Rabiater Einsatz” der Marktmacht Bild: AP
So wirbt der Media-Markt. Und überzieht die Konkurrenz mit Abmahnungen und Klagen. Joachim Steinhöfel, häufig Anwalt der Media-Märkte, gibt mit Vorliebe den Großkotz und inszeniert sich in Illustrierten als „Pitbull in Robe“.
Joachim Steinhöfel verkörpert nicht gerade das, was sich der feine Hanseat unter einem altehrwürdigen Hamburger Anwalt vorstellt. Der 44 Jahre alte Jurist gibt mit Vorliebe den Großkotz, inszeniert sich in Illustrierten als "Pitbull in Robe": "Wo ich hinlange, wächst kein Gras mehr."
Das Geld verdient er mit Europas Giganten im Elektrohandel: der Media-Saturn-Holding. Als rüpelnde Werbefigur tritt er für die im Fernsehen auf, als deren Vollstrecker vor Gericht. "Jetzt beginnt die große Sauerei", hat der Marktführer für die Herbstkampagne plakatieren lassen. "Das riecht schon mal nach Ärger."
Mit allem schießen, was das Gesetz her gibt
Für die Konkurrenz riecht es nicht nur. Die hat bereits massiven Ärger. Der Media-Markt überzieht Händler mit Abmahnungen. Angegriffen werden mittelständische Geschäfte, vor allem Online-Shops. Und immer vorneweg: Anwalt Joachim Nikolaus Steinhöfel. Dessen Kanzlei schießt mit allem, was das Gesetz an Munition hergibt. "Die versuchen den Wettbewerb mit dem Wettbewerbsrecht zu zerstören", klagt Joachim Ehmann, Geschäftsführer des Internethändlers Comtech. Neun Verfahren hat er im Moment am Hals - wegen Vergehen wie zum Beispiel jenem, daß er ein Produkt als "vielfachen Testsieger" beworben hat, ohne die exakte Ausgabe des Testheftes anzugeben. Prompt mahnte ihn Steinhöfel ab. "Das kostet mich viel Zeit und viel Geld", sagt Ehmann.
Selbst wenn ihm ein Fehler unterlaufen ist, er für jede Lappalie eine Unterlassungserklärung unterschreibt - zahlen muß er immer: Gebühren und das Honorar Steinhöfels. Wehrt er sich und wagt den Gang durch die Instanzen, dann wird es erst recht teuer. Ein paar tausend Euro laufen schnell auf. "Steinhöfel generiert Kosten und ist gnadenlos bei der Vollstreckung", berichtet Carsten Föhlisch, Justitiar bei "Trusted Shops". Die Firma hat an 1600 Internethändler Gütesiegel vergeben, "mehrere hundert davon werden von den Media-Märkten mit bösartigen Methoden verfolgt", sagt der Justitiar: "Denen geht es um eine Marktbereinigung."
Auf dem Boden des Rechts - mit Raffinesse
Von einer "massiven Welle, bestimmt 1000 Fällen" berichtet auch der Kölner Anwalt Rolf Becker, der fünf Dutzend Firmen vertritt. "Manche Mandanten erhalten fünf Abmahnungen von drei verschiedenen Media-Märkten. Steinhöfel zieht nomadisierend durch die Republik, zu den Gerichten, wo er den größten Erfolg und die höchsten Streitwerte vermutet." Eine Statistik über die Verfahren führen die Gerichte nicht, sie berichten nur von "sehr vielen, sehr ähnlichen" Fällen.
Konkrete Zahlen über die Verfahren nennen weder Steinhöfel noch die Media-Saturn-Holding. Für sie beweist ihr massenhafter Einsatz von Rechtsmitteln nur, daß viele Konkurrenten gegen "ordentliches Kaufmannsgebaren und geltendes Recht gleichermaßen verstoßen, dadurch ihre Kunden täuschen und sich unrechtmäßig einen Wettbewerbsvorteil erschwindeln". "Wenn die bei der Blutgrätsche Ertappten mit Zeitverzug zu Boden sinken und theatralisch Vernichtungsfeldzug hauchen, entbehrt das nicht einer gewissen Chuzpe", höhnt der Media-Markt-Sprecher.
In der Tat: Steinhöfel bewegt sich auf dem Boden des Rechts. Und das mit einiger Raffinesse. Brenzlig würde es für ihn erst dann, wenn nachzuweisen wäre, daß die Abmahnungen zentral gesteuert werden und daß die Media-Saturn-Holding die einzelnen Märkte vorschickt, um die Wettbewerber von mehreren Seiten in die Zange zu nehmen. Solche "Konzernsalven" wären mißbräuchlich. Die bloße Häufung der Verfahren sei dafür aber kein Indiz, bestätigte jüngst das Münchner Landgericht die Auffassung des Media-Marktes, der stets auf seine spezielle Konstruktion verweist: Jeder der 215 Märkte in Deutschland tritt als eigenständige GmbH auf, mit eigenen Geschäftsführern.