„Mass Customization“ : Massenware nach Maß
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Sonderanfertigung auf Wunsch: Produktion von Adidas in Scheinfeld Bild: Fricke, Helmut
Personalisierte Produkte sind im Trend. Immer mehr junge Kunden stellen ihr Lebensmittel oder Geschenke online selbst zusammen, was den Preis und die Kaufbereitschaft steigen lässt.
Giftgrüne Turnschuhe, Müsli mit besonders vielen Pistazien und ein Parfumflakon mit Widmung. Massenware lässt sich heute in kurzer Zeit per Mausklick individualisieren. „Mass Customization“ nennen Fachleute den seit Jahren wachsenden Trend. Der Konsument bekommt eine persönliche Note, für die er gern auch ein bisschen mehr ausgibt. Das Geschäftsmodell sieht bei allen Anbietern aus dem Netz ähnlich aus: Der Kunde formt sein Wunschprodukt mit ein paar Klicks nach einer Art Baukastensystem und lässt sich seine persönliche Kreation nach Hause liefern. Das Internet macht es einfach, Millionen von Kombinationen anzubieten.
Große Sportartikelhersteller wie Adidas und Nike haben das Bedürfnis beim Konsumenten nach Individualität schon vor Jahren entdeckt. Mit „mi adidas“ und „Nike ID“ geben sie ihnen die Möglichkeit, Turnschuhe und Trikots zu personalisieren. Auch der Süßwarenhersteller Mars lässt seine Kunden M&M-Schokolinsen mit Botschaften bedrucken. Gleichzeitig bieten immer mehr kleine Start-ups individualisierbare Produkte im Netz an. Denn die Einstiegshürden sind vergleichsweise gering, unter anderem durch geringe Lagerkosten, weil nur den Bestellungen entsprechend eingekauft wird.
Deutsche Vorreiterrolle bei Produktindividualisierungen
Dafür gibt es großes Potential, wenn das Konzept beim Kunden ankommt. Branchenkenner schätzen die Zahl der deutschen Anbieter für personalisierte Produkte auf etwas mehr als 400. Bekannte darunter sind Mymuesli, Spreadshirt und PosterXXL. Auch die Berliner Michael Bruck und Franz Duge blicken mit ihrem Schokoladenversand Chocri auf eine Erfolgsgeschichte zurück. Seit seiner Gründung vor fünf Jahren ist der Shop rasant gewachsen und expandierte 2010 unter Createmychocolate.com sogar auf den amerikanischen Markt. In der Hochsaison zu Weihnachten verkauft Chocri bis zu 150.000 Tafeln im Monat an die durchschnittlich 20 bis 30 Jahre alten Kunden.
Die essen die Schokolade aber meist nicht selbst, rund 80 Prozent der Bestellungen werden verschenkt. „Deswegen sind unsere direkte Konkurrenz nicht die Schokoladenhersteller im Supermarkt, sondern Anbieter von Geschenkartikeln“, sagt Chocri-Gründer Michael Bruck. Personalisierte Geschenke zeigen schließlich, dass sich der Geber Gedanken gemacht und Zeit investiert hat. Mitunter finden die Ideen einiger in Deutschland gegründeter Start-ups sogar Nachahmer in Amerika: Mymuesli aus Passau diente als Vorbild für den amerikanischen Müslishop Me&Goji.
Der amerikanische Anbieter Blank Label verkauft wie sein deutsches Vorbild Youtailor maßgeschneiderte Hemden und Anzüge. Den Ideenreichtum deutscher Gründer in der Branche bestätigt auch eine aktuelle Studie der Fachhochschule Salzburg und der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zum Thema Mass Customization. Sie bescheinigt deutschen Unternehmen eine internationale Vorreiterrolle bei Produktindividualisierungen. Dabei hatte der amerikanische Müslihersteller General Mills vor rund zehn Jahren schon die gleiche Idee wie Mymuesli, schaffte es jedoch nie über die Testversion hinaus.