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Flugreisen : Luftfahrt befürchtet auch in diesem Sommer Engpässe

Volles Haus: So sah es zum Ferienbeginn 2022 im Frankfurter Flughafen aus. Bild: dpa

Verspätungen und Schlangen sind Passagieren aus dem vergangenen Jahr in Erinnerung. Nicht alle Schwierigkeiten sind beseitigt, es kommen sogar neue dazu. Warum die Branche keine Entwarnung gibt.

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          Entspannung für den Sommer, die Aussicht auf weniger Verspätungen und Warteschlangen, darauf dürften viele Flugpassagiere nach chaosähnlichen Erfahrungen 2022 hoffen. Doch Jost Lammers, Präsident der Luftfahrtverbands BDL und Chef des Münchner Flughafens wollte am Mittwoch nicht die große Entwarnung aussprechen. Zum Beginn von Schulferien werden es „Spitzenlagen“ mit „Herausforderungen“ geben, Warteschlangen seien nicht auszuschließen. Immerhin: „Wenn alle an einem Strang ziehen, wird es in diesem Sommer machbar sein.“

          Timo Kotowski
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Doch es bleiben Sorgen. Der Flugverkehr werde zunehmen, nach Flugplandaten sei im Europa- und Interkontinentalverkehr mit 88 Prozent des Vorkrisenniveaus zu rechnen, 2022 waren es 80 Prozent auf Europa- und 74 Prozent auf Fernstrecken. Gleichzeitig drohten im Luftraum Einschränkungen, weil für Juni die internationale militärische Großübung „Air Defender“ geplant sei, die sich auf die zivile Luftfahrt auswirken könne.

          Engpässe am Arbeitsmarkt

          An Flughäfen läuft derweil die Personalsuche: „Mit unseren Rekrutierungsmaßnahmen stoßen wir auf Engpässe am Arbeitsmarkt“, sagte Lammers. Er forderte Erleichterungen für Beschäftigte aus dem Ausland – und zwar nicht bloß für drei Monate, wie es 2022 in einer von der Branche kaum genutzten Sonderregelung für Leihkräfte aus der Türkei möglich war.

          Für die Luftfahrt seien sechs bis acht Monate nötig, da der aufkommenstarke Sommerflugplan länger dauere als die Erntephase in der Landwirtschaft, für die auch Helfer aus dem Ausland kämen. Der BDL hofft, dass eingearbeitete Kräfte aus dem Ausland auch darüber hinaus bleiben dürfen. „Werden solche Möglichkeiten nicht geschaffen, laufen wir in Deutschland auf eine Beschäftigungslücke von insgesamt sechs bis sieben Millionen Arbeitskräften zu“, mahnte BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow.

          Neue Kontrollgeräte nur in München und Frankfurt

          An Sicherheitskontrollen sollen neue CT-Geräte zur Durchleuchtung von Handgepäck für mehr Tempo sorgen. Allerdings bleiben diese Reisenden in Frankfurt und München vorbehalten. „Ansonsten hinken wir an den deutschen Flughäfen hinterher“, sagte von Randow. Dort werde der Einsatz von CT-Technik zum Sommer nicht mehr möglich sein. Dabei würde sie die Kontrollen beschleunigen, da Passagiere Computer und Flüssigkeiten nicht mehr auspacken müssen.

          Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte jüngst allen Flughäfen angeboten, nach dem Vorbild von Frankfurt die Steuerung der Kontrollen von der Bundespolizei übernehmen und somit auch über den Technikeinsatz bestimmen zu dürfen. Diese Verlagerung der Verantwortung sei der entscheidende Schritt, um die Effizienz gegenüber einer Dreieckskonstellation aus Bundespolizeipräsidium, Bundesbeschaffungsamt und Flughäfen zu steigern, sagte von Randow.

          In der Erholung des Flugverkehrs hinkt Deutschland nach BDL-Angaben dem übrigen Europa hinterher. 2022 habe das Sitzplatzangebot auf Flügen 70 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht, im übrigen Europa seien es 84 Prozent gewesen. Diese Entwicklung setze sich fort, sagte Lammers. Für den kommenden Sommer sieht er einen Anstieg hierzulande auf 85 Prozent, während im übrigen Europa wohl mit 98 Prozent fast die alte Normalität erreicht werden. Billigflieger wie Ryanair und Easyjet hatten zuletzt ihr Angebot in Deutschland ausgedünnt, sie expandieren anderswo. „Airlines wägen ab, in welchen Märkten sie mit ihrer Sitzplatzkapazität die höchsten Erträge erzielen können“, sagte Lammers.

          Und an deutschen Flughäfen hat der BDL hohe Kosten ausgemacht – nicht wegen der von Terminalbetreibern kassierten Entgelte, sondern wegen der hiesigen Luftverkehrssteuer und staatlicher Abgaben für Sicherheitskontrollen, die zuletzt stiegen. Den je Ticket abzuführenden Steuersatz hat der Bund allerdings für 2023 leicht herabgesetzt – für einen Fernflug von 58,23 auf 58,06 Euro, für einen Kurzflug von 12,77 auf 12,73 Euro.

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