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Lipstick-Effekt : Die Lippen dürfen wieder rot leuchten

Welche Farbe darf es sein: Die Kosmetikbranche verkauft nach dem Wegfall von Corona-Beschränkungen wieder mehr Lippenstifte Bild: dpa

Nach dem Wegfall der Corona-Sperren erleben Lippenstifte & Co. derzeit ein echtes Comeback. Und in düsteren Zeiten sind sie besonders beliebt. Die Kosmetikbranche freut sich jetzt.

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          In wirtschaftlich schwierigen Zeiten verändert sich das Verhalten der Konsumenten zum Teil deutlich – weil die Lage unsicher oder das Geld knapp ist. Eine auf den ersten Blick eher ungewöhnliche These lautet: Während solcher Krisen kaufen Menschen mehr Lippenstifte. In der Wissenschaft wurde dieses Phänomen gleichwohl schon häufiger beobachtet, etwa während der großen Depression in den 1930er-Jahren. Allgemein bekannt und durch Verkaufszahlen auch belegt wurde der „Lipstick“-Effekt nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 durch Leonard Lauder, den damaligen Chef des Kosmetikkonzerns Estée Lauder. Die Annahme dahinter: Es kommt zu einer Substitution. Fehlt das Geld für teure Kleider oder Schmuck, wird gerade die Farbe auf den Lippen zu einem kleinen und verhältnismäßig günstigen, aber sichtbaren Luxus.

          Kerstin Papon
          Redakteurin in der Wirtschaft.

          In Zeiten von Corona war dies anders. Die Pandemie mit Lockdowns und anderen Einschränkungen hinterließ deutliche Spuren: Die Verkäufe von Lippenstiften und dekorativer Kosmetik insgesamt gingen merklich zurück. Das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes machte rote Lippen, zumindest nach außen hin, obsolet. Konzerte oder Theaterbesuche fielen aus, gearbeitet wurde oft im Homeoffice.

          Mit dem Wegfall vieler Beschränkungen im dritten Jahr der Corona-Pandemie erleben Lippenstift & Co. nun ein echtes Comeback. Dies zeigen etwa die Halbjahreszahlen des Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel (IKW). Demnach fiel der Umsatz mit Kosmetikprodukten wie Lippenstift, Lidschatten oder Nagellack in den ersten sechs Monaten 2022 um 15,7 Prozent höher aus als noch ein Jahr zuvor. Düfte verzeichneten sogar ein Umsatzplus von 56 Prozent.

          Wachstumstreiber Ausland

          Zum Vergleich: Der Wert der verkauften Kosmetik- und Körperpflegeprodukte insgesamt stieg um 9,4 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro. Für Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittel belief sich das Plus dagegen nur auf 0,9 Prozent (3,8 Milliarden Euro). Die in dem Verband organisierten rund 430 Unternehmen und ihre etwa 50.000 Mitarbeiter erzielten damit im ersten Halbjahr einen Umsatzanstieg von 7,1 Prozent auf insgesamt 14,5 Milliarden Euro, 9,3 Milliarden Euro davon im deutschen Markt (plus 2,7 Prozent). Wachstumstreiber war aber vor allem das lebhafte Auslandsgeschäft mit einem Anstieg um 15,9 Prozent.

          Die Schönheits- und Haushaltspflegeindustrie habe sich auch unter dem Einfluss des Ukrainekriegs robust gezeigt, sagt Thomas Keiser, Geschäftsführer des IKW und bleibt für den weiteren Jahresverlauf zuversichtlich. Die größte Herausforderung für die Branche sei aber der deutliche Kostenanstieg für Rohstoffe und Energie sowie das eingetrübte Konsumklima in Deutschland.

          Der Ukrainekrieg könnte sogar zu dem Umsatzplus bei Lippenstiften beigetragen haben, vermuten Fachleute. Was für Frauen das Rot auf den Lippen, sei für Männer der Duft. In beiden Fällen gehe es um Attraktivität und auch darum, sich etwas Gutes zu tun. In der Wissenschaft gilt der Lippenstift zuweilen als ein weicher Indikator für eine Rezession, der aber, auch ganz unabhängig von Corona, nicht immer zutrifft. Zudem werden Kosmetika in wirtschaftlich prosperierenden Zeiten ebenfalls stärker nachgefragt.

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