Leere Tresen : Kneipen stemmen sich gegen den Absturz
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Eine Helferin verteilt Kleidung, Suppe und anderen Lebensmitteln an Obdachlose und Bedürftige vor der Kneipe „Elbschlosskeller“ im Hamburg. Bild: dpa
Die Corona-Krise trifft Bars und Gaststätten mit Wucht. Wirte fürchten um ihre Existenz. Aber es gibt auch kreative Ideen für die Rettung. Wenn etwa die „härteste Kneipe“ Hamburgs kurzerhand zur Suppenküche wird.
Die Kultkneipe „Zum Silbersack“ ist am Abend normalerweise zum Bersten voll. Stammgäste und Touristen drängen sich in dem Ecklokal nahe dem Hans-Albers-Platz an der Hamburger Reeperbahn, trinken Astra-Pils und hören Schlager aus der Jukebox. Doch seit Corona herrscht Stillstand. Pächter Dominik Großefeld fürchtet deshalb wie viele Wirte in der Gegend um seine Existenz. Zwar staue sich derzeit in der Stadt viel Partylaune an, was auf eine Sonderkonjunktur hoffen lasse, sobald die Behörden den Betrieb wieder freigäben. Komplett aufholen ließen sich die Umsatzeinbußen im Lauf des Jahres aber nie und nimmer: „Die Leute kommen nicht im Juli wieder und trinken dann das Doppelte.“
So wie dem „Silbersack“ geht es derzeit den meisten Bars in Deutschland. Anders als viele Restaurants, die mit Bringdiensten oder Essen zum Mitnehmen wenigstens einen Teil ihres Geschäfts aufrechterhalten können, sind die Kneipen auf Geheiß der Politik dicht. Für die Betreiber ist das ein Graus, denn ihre Einnahmen gehen auf null, während Mietkosten und andere finanzielle Verpflichtungen in der Regel weiterlaufen.
30 Prozent der Betriebe rund um Reeperbahn könnten verschwinden
Zwar bilden sich vielerorts Hilfsinitiativen von Bürgern, Politikern und Unternehmen, die die Kneipen mit Spenden und anderer finanzieller Unterstützung durch die Krise bringen wollen. Großefeld vom „Silbersack“ fürchtet aber, dass viele Bars trotzdem am Ende sind. „Im schlimmsten Fall könnten 30 Prozent der Betriebe rund um die Reeperbahn verschwinden.“ Er selbst habe zwar einige Rücklagen, doch wenn die Sperre zu lange andauere, könne es auch für ihn und seine Kneipe eng werden.
Besonders heikel ist, dass die Einschnitte für die Hamburger Wirte zu einem schlechten Zeitpunkt gekommen sind. Die in diesem Jahr abgesagte Gastronomiemesse Internorga und andere Veranstaltungen spülen normalerweise im März nach Dienstschluss Tausende Gäste auf die berühmte Amüsiermeile im Stadtteil St. Pauli. Mit den Einnahmen bilden viele Kneipen finanzielle Polster, die jetzt im weiteren Jahresverlauf fehlen werden, selbst wenn demnächst Lockerungen in Kraft treten.
Viele Betreiber mit digitalem Hilfsantrag überfordert
Staatshilfe soll einen Teil der Lücke füllen. So stehen in Hamburg, wo Landes- und Bundeshilfen zusammengelegt werden, für Unternehmen mit einem bis fünf Mitarbeitern Soforthilfen bis zu 14.000 Euro zur Verfügung. Wer sechs bis zehn Leute beschäftigt, bekommt bis zu 20.000 Euro. Großefeld findet das gut. Er fürchtet jedoch, dass das Geld nur in Teilen des Kiezes ankommt, wo viele Traditionskneipen seit Jahrzehnten geöffnet haben. „Manche der alten Betriebe hatten schon Schwierigkeiten, eine Registrierkasse einzuführen. Mit einem digitalen Hilfsantrag sind viele Betreiber überfordert.“ Immerhin: In einer Whatsapp-Gruppe der Interessengemeinschaft St. Pauli wollen sich Unternehmer mit Tipps und Hinweisen gegenseitig helfen.