Kuvertiermaschinen : Mehr als nur Eintüten
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Das neue Sortierzentrum von Pin Mail in Berlin Bild: ddp
Das Internet hat die Zahl von Bankbelegen und Telefonrechnungen per Post verringert. Dafür steigt die Flut an personalisierter Hochglanz-Werbung. Die Hersteller von Kuvertiermaschinen stellen sich auf diesen Strukturwandel ein.
Internet und E-Mail-Euphorie haben nicht den erwarteten Niedergang der Briefpost eingeleitet - wie der tägliche Blick in den Briefkasten belegt. Das Internet hat zwar die Flut von Transaktionsschreiben wie Bankbelegen, Telefonrechnungen oder Standmitteilungen verringert. Die Flut von personalisierter Werbung - im Fachjargon Direct Mailing genannt - nimmt indes zu. Darauf stellen sich Post und Dienstleister, die Werbung und Briefe im Auftrag Dritter versenden, ein. Zugleich ändern sich die Anforderungen an die eingesetzten Anlagen wie Kuvertier-, Verpackungs- und Sortiermaschinen. Der Markt dafür befindet sich im Umbruch.

Wirtschaftskorrespondent mit Sitz in München.
Individualisierte Post, in der sich neben Anschreiben der Bank auch kundenspezifische Werbung findet, verlangt hohe Flexibilität. Die Maschinen werden „intelligenter“ und sind zunehmend mit Software vollgestopft. Die Hersteller dieser Maschinen stehen - wie ihre Kunden - vor dem Wandel, sei es die deutsche Böwe Systec, die amerikanische Pitney Bowes, Kern aus der Schweiz oder die niederländische Buhrs. Das Internet hat Dynamik entwickelt und das Werbeaufkommen via Post noch stimuliert. Und es kommt noch mehr: „Deutschland ist Entwicklungsgebie“, sagt Michael Meyer, Technik-Vorstand von Böwe Systec in Augsburg. Er verweist auf die Postflut in den Vereinigten Staaten oder in der Schweiz, wo auf einen Haushalt das Zweieinhalbfache dessen kommt, was hierzulande im Briefkasten landet.
Mehr als das bloße Eintüten
Der Farbdruck sei deutlich preiswerter geworden, was zur Flut von Hochglanzwerbung führt. Der Fall der Postmonopole in Europa wird dem Briefverkehr neue Impulse geben. Zudem hat es für Meyer ein Umdenken in den Marketingetagen in den vergangenen zwei bis drei Jahren gegeben. Mit dem Fokus auf das kostensparende Internet, sagt der Vorstand, hätten viele Unternehmen den Kontakt zu den Kunden verloren. Ein Brief indes könne mit personalisierter Werbung die Klientel zielgerichtet ansprechen.
Es geht um einen Nischenmarkt. Derzeit entfallen drei Viertel des Volumens von schätzungsweise 600 Millionen Euro auf Maschinen für die Transaktionspost; also Kuvertiermaschinen, die Bank- oder Versicherungsschreiben in fertige Umschläge stecken. Der Rest, rund 200 Millionen Euro, wird durch das Direct-Mail-Geschäft bestritten: Es erfordert Maschinen, die über das bloße Eintüten hinausgehen; zu den Anschreiben kommt personalisierte Werbung in Form von Prospekten oder Broschüren hinzu.
Kaum Wachstum
„Den Transaktionsmarkt wird es auch künftig geben“, zeichnet Adrian van der Klooster, Präsident von Buhrs, das Zukunftsszenario, „aber er wird nur noch einen Bruchteil des Gesamtmarktes ausmachen.“ Die Grenzen würden sich verwischen und beide Bereiche verschmelzen. Das gilt auch für das dritte Segment, die Maschinen für das Verpacken von Postsendungen wie Zeitschriften, Bücher, CDs, Kreditkarten oder kleine Geschenke. Das Volumen solcher Folien- und Papierverpackungsanlagen für den Postversand macht noch einmal 125 Millionen Euro aus.
Klooster und Meyer vertreten einhellig die Meinung: „Trotz der Dynamik wird der Markt insgesamt kaum Zuwachsraten aufweisen.“ Es werde gravierende Umschichtungen geben. Das Wachstum im Direct-Mail-Bereich wird den Rückgang im noch dominierenden Bereich der Transaktionspost bestenfalls kompensieren. Die Informationstechnik erhält mit der Personalisierung ein größeres Gewicht, da es nur noch kleine Losgrößen gibt. Neben den Qualitätsansprüchen wird es auch um die Quantität gehen. Ob Post, Banken, Versicherungen, Versender von Plastikkarten oder Touristikunternehmen - sie alle werden in kürzerer Zeit ein höheres Postvolumen bewältigen. Heute verarbeiten Kuvertiermaschinen bis zu 14.000 Poststücke in der Stunde, Folienverpackungsmaschinen 20.000 Stücke. Buhrs entwickelt eine Folienanlage, die 60.000 Stücke in der Stunde behandelt. Damit steigt der Ersatz- und Modernisierungsbedarf, der im Abnehmerkreis meist mit neuen Geschäftsmodellen und Organisationen einhergehen wird. "Denn am Ende geht es um höhere Produktivität, Flexibilität und um Schnelligkeit", beschreibt Mayer den damit verbundenen härteren Wettbewerb.