Karstadt-Investor René Benko : Möchtegern-Retter auf Bewährung
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Im August 2014 übernimmt Benko schließlich die ganze Karstadt-Kette - und damit der nächste schillernde Unternehmer. Berggruen zieht sich nach seinem erfolglosen Engagement aus dem Unternehmen zurück. Bild: picture alliance / APA/picturede
Der österreichische Milliardär René Benko übernimmt Karstadt. Informationen über ihn gibt es nur sparsam dosiert, dabei wurde er schon einmal auf Bewährung verurteilt.
Das Geschäft von René Benko ist das Entwickeln und Vermieten von Immobilien, nicht das Betreiben und Sanieren von Warenhäusern. Da verwundert es schon, dass der österreichische Investor nun die angeschlagene Karstadt-Kette übernimmt. Seit dem vergangenen Jahr gehören einer Investorengruppe um Benkos Signa-Gruppe und den israelischen Geschäftsmann Beny Steinmetz schon die Renommierhäuser in Berlin (Kadewe), München (Oberpollinger) und Hamburg (Alsterhaus), die ausgegliederten Sporthäuser plus knapp ein Viertel der Immobilien der 83 Karstadt-Filialen. Nun übernimmt Benko das komplette Geschäft, es ist Neuland für ihn.
Der 37 Jahre alte Unternehmer zählt zu den reichsten 50 Österreichern, ist der größte private Immobilienbesitzer in Wien und ist auf vielen Fotos der sogenannten Seitenblicke-Gesellschaft zu sehen, ob mit Bernie Ecclestone, Niki Lauda oder Tina Turner. Zugleich hat er es erstaunlich gut verstanden, seine öffentlichen Äußerungen und Berichte über sein Privatleben sparsam zu dosieren. Benko ist in zweiter Ehe verheiratet und hat insgesamt drei Kinder.
Wenn etwas über seine Unternehmensphilosophie oder seinen wirtschaftlichen Aufstieg geschrieben wird, so wird immer wieder auf dieselben Interviews zurückgegriffen, hauptsächlich aus dem Jahr 2011, als Benko erstmals in Deutschland versucht hat, ein großes Rad zu drehen. In der Zeit bewarb er sich bei der Metro-Gruppe um die Kaufhof-Kette – schon da im Wettstreit mit Niclas Berggruen, der jetzt eiskalt aus Karstadt herausgeworfen wird. Das Kaufhof-Geschäft scheiterte damals nach einem Wechsel an der Metro-Spitze. Berichtet wurde über Zweifel, ob die Finanzierung der gebotenen 2,4 Milliarden Euro tatsächlich gesichert sei.
Dabei zielten Benkos Selbstauskünfte aus jener Zeit auch auf eine Korrektur des Images vom Jetset-Neureichen. Sein Ferrari sei eine Art Jungentraum gewesen und längst verkauft. Die Privatjets seien eben notwendig, wenn man so viel unterwegs sein müsse. Seine Grundsätze, so die Botschaft, seien nicht Wagemut und Draufgängertum, sondern Arbeit und Beharrlichkeit. „Man muss weder frech sein, noch besonders mutig, sondern besonders konsequent in der Umsetzung der Investitionsziele“, lautete einer dieser Sätze. Und man müsse zusehen, „dass man professionelle Leute an seiner Seite hat.“
Mit Gesundheits-Hotels fing er an
René Benko hat sich seinen Erfolg selbst erarbeitet. 1977 wurde er als Sohn eines Gemeindebediensteten und einer Erzieherin in der Tiroler Hauptstadt Innsbruck geboren. Bei einem Baumeister, der Dachwohnungen ausbaute, erlernte und praktizierte er schon als Schüler die ganze Kette, die dem Handwerk folgt: Planung, Bau, Vermietung, Verkauf. Zur Aufsteiger-Saga gehört der Schulabbruch. In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ präzisierte er einmal: Wegen zu vieler Fehlzeiten sei er zur Matura nicht zugelassen worden. Auch wenn er das nicht gerade als Vorbild hinstellen wolle, habe er das nie bereut. „Ich war halt immer schon der geborene Unternehmer. Das ist mein Talent, nicht das Pauken in der Schule.“
Hinzu kommt offensichtlich ein besonderes Talent, Geschäftspartner für sich einzunehmen und von seinen Fähigkeiten zu überzeugen. Der fast dreißig Jahre ältere Tankstellen-Erbe Karl Kovarik ebnete ihm den Weg als selbständiger Investor. Mit Gesundheits-Hotels fing Benko an. Dabei bewies er ein goldenes Händchen.
2004 machte er mit einem Coup auf sich aufmerksam, als Benko das traditionelle, aber heruntergekommene Kaufhaus Tyrol in seiner Heimatstadt Innsbruck übernahm und, woran sich vorher einige die Zähne ausgebissen hatten, wieder mit einer Geschäftsidee belebte: Kein Warenhaus im eigentlichen Sinne mehr, sondern eine Einkaufsmeile. Wenn Benko je über ein Projekt mit persönlicher und nicht nur geschäftlicher Anteilnahme gesprochen hat, dann über dieses.
2008 gewann er dann den griechischen Reeder George Economou als Partner für seine inzwischen etablierte Signa. Deren Beirat ist ebenfalls Ausweis von Benkos Begabung zum Netzeknüpfen. Von ehemaligen österreichischen Politikern (Alfred Gusenbauer, Susanne Riess) bis zu internationalen Wirtschaftsgrößen wie Roland Berger oder Wendelin Wiedeking ist dort eine illustre Runde vertreten. Mit über 6,5 Milliarden Euro beziffert die Signa Unternehmensgruppe heute ihr Immobilienvermögen in Europa.
Wie ein Versuch fehlgeleiteten Netzwerkertums liest sich allerdings auch die Geschichte, die einen Schatten auf den Erfolg Benkos gelegt hat. 2013 wurde er von einem österreichischen Gericht zu einer einjährigen Haftstrafe zur Bewährung verurteilt. Die Richterin sprach von einem „Musterbeispiel für Korruption“. Der Fall wirkt jedoch eher seltsam als musterhaft: Benkos Steuerberater (der ebenfalls verurteilt wurde) hat – nach Auffassung des Gerichts als Beauftragter Benkos – mit dem ehemaligen kroatischen Ministerpräsidenten Ivo Sanader einen schriftlichen Vertrag über 150.000 Euro geschlossen, damit dieser den damaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi bewege, in einer italienischen Steuerstrafsache zugunsten Benkos zu intervenieren. Geld ist nie geflossen. Benko will das zweitinstanzlich bestätigte Urteil vor dem Verfassungsgericht anfechten. Er hat sich formal aus der operativen Ebene bei Signa in den Beirat zurückgezogen. Gleichwohl zweifelt niemand daran, dass Benko in allen wichtigen Fragen die handelnde und entscheidende Persönlichkeit geblieben ist.