Kampf um Sanierung : General Motors plant tiefe Einschnitte bei Opel
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Verlierer: Immer weniger Autos verlassen die Opel-Werke Bild: dapd
Opel-Betriebsratschef Schäfer-Klug ringt in Detroit mit der Konzernspitze um den neuen Sanierungsplan. Das erfuhr die F.A.Z. aus Gewerkschaftskreisen. Unterdessen versucht Unternehmenschef Stracke daheim per Brief die Beschäftigten zu besänftigen.
Auch drei Jahre nach der Insolvenz des amerikanischen Autoherstellers General Motors (GM) kommt die deutsche Tochtergesellschaft Opel nicht zur Ruhe. Im Gegenteil: Der Kampf um die Sanierung verschärft sich wieder. Opel büßt im schrumpfenden europäischen Markt immer mehr Absatz ein und verliert Marktanteile an die Konkurrenz. Im laufenden Jahr droht dem Unternehmen der fünfte Milliardenverlust in Folge. Deshalb wächst der Druck aus der Konzernzentrale, endlich etwas zu ändern, indem die Kosten gesenkt werden - notfalls auch durch Werksschließungen, Stellenabbau oder die Verlagerung von Produktion in Niedriglohnländer.
Nach Informationen der F.A.Z. aus Gewerkschaftskreisen hat der zu Jahresbeginn neu angetretene Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug am gestrigen Mittwoch in der Konzernzentrale in Detroit mit der GM-Führung über die geplanten Einschnitte verhandelt. Voraussichtlich heute werde er zurückkommen und möglicherweise über Details der Sparpläne berichten können, hieß es. Offiziell ließ Schäfer-Klug lediglich Spekulationen des „Wall Street Journal“ über eine von GM angedrohte Schließung des Werks in Bochum dementieren: „Der Gesamtbetriebsrat hat keinerlei Hinweise darauf, dass General Motors oder das Management der Adam Opel AG planen, die bestehenden Verträge zu verletzen. Diese schließen Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen für alle europäischen Standorte bis Ende 2014 aus.“
Abschied des glücklosen Vertriebschefs?
Während Schäfer-Klug in Detroit weilt, kocht die Gerüchteküche in Deutschland hoch. Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke sah sich gezwungen, ebenfalls abzuwiegeln. In einem Schreiben an die Belegschaft, das dieser Zeitung vorliegt, heißt es: „Lassen Sie sich zunächst versichert sein, dass es bis jetzt keinerlei Entscheidungen im Opel/Vauxhall Management, bei GM oder im Opel Aufsichtsrat gibt, wonach Werke geschlossen, Stellen abgebaut oder Produktionsvolumen verlagert werden sollen.“
Allerdings scheint dies nur eine Momentaufnahme zu sein, die bis zur Bilanzvorlage von GM am kommenden Donnerstag Bestand hat: „Sobald die Zahlen bekannt sind, werde ich Sie wieder informieren. Bis dahin bitte ich Sie, weiter mit Energie Ihrer täglichen Arbeit nachzugehen“, schreibt Stracke.
Der Opel-Chef hat einen schweren Stand. GM entsandte Ende 2011 Strategiechef Girsky an die Spitze des Opel-Aufsichtsrats und plazierte Asien-Chef Lee, Entwicklungschefin Barra und Finanzchef Ammann als Aufpasser in dem Gremium.
Jetzt stellt der Konzern Stracke auch noch den von außen geholten Sanierungsfachmann Thomas Sedran als neuntes Vorstandsmitglied an die Seite, um die Neuordnung zu beschleunigen. Als wäre die Führung damit noch nicht genug umgekrempelt worden, wird jetzt schon wieder über einen Abschied des glücklosen Vertriebschefs Alain Visser gemunkelt.
Nur wenige Zugeständnisse bleiben
Die wichtigsten Fakten liegen längst auf dem Tisch: GM hat zwar im vergangenen Jahr den höchsten Gewinn der Firmengeschichte erzielt, in Europa wird der Konzern jedoch einen Milliardenverlust ausweisen. Für GM-Chef Daniel Akerson ist das besonders unangenehm, weil in Amerika gerade der Präsidentschaftswahlkampf läuft und die Regierung noch immer mit einem Viertel an GM beteiligt ist. Damit Präsident Obama das Engagement ohne Verlust beenden kann, müsste sich der Aktienkurs von GM verdoppeln.
Umso härter dürften die Verhandlungen mit dem deutschen Opel-Betriebsrat ausfallen. Schon vor einem Monat hatte GM den Verzicht auf einen Teil der eigentlich schon ausgehandelten Lohnerhöhungen von insgesamt 11 Prozent von den 40.000 Beschäftigten gefordert. Betriebsratschef Schäfer-Klug wies das Ansinnen zurück und pochte auf die Umsetzung der 2011 aufgeschobenen Tariferhöhung. Damit bleiben dem Gewerkschafter nur wenige Zugeständnisse, die er machen kann, um die Schließung der Werke in Bochum und dem englischen Ellesmere Port mit zusammen 5000 Beschäftigten zu verhindern. Er kann Teile des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes zur Disposition stellen und auf die kommende Tariferhöhung, die gerade von der IG Metall mit den Arbeitgebern ausgehandelt wird, verzichten.
Sonst droht langfristig auch die Verlagerung von Teilen der Produktion in Niedriglohnländer. Der neue kompakte Geländewagen Opel Mokka, der auf der Automesse in Genf gezeigt wird, läuft in Korea vom Band. Er hätte auch im unterausgelasteten Werk im spanischen Saragossa produziert werden können. Auch beim Minivan Agila gibt es die Notwendigkeit zu wählen - zwischen Korea und dem polnischen Gleiwitz. Und der Geländewagen Antara kann in Bochum oder Mexiko hergestellt werden.