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Neuer Eigentümer : Happy End für das Kettcar?

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Kettcars der Firma Kettler aus den 1960er Jahren Bild: dpa

In den vergangenen Monaten hing das Schicksal des Freizeitgeräteherstellers Kettler am seidenen Faden. Der Finanzinvestor Lafayette will das Traditionsunternehmen jetzt retten.

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          Für Millionen Deutsche ist das Kettcar ein unvergessliches Stück Kindheit. Mehr als 15 Millionen Kettcars wurden seit der Erfindung des Tretautos durch Heinz Kettler im Jahr 1961 verkauft. Michael Schumacher drehte damit ebenso seine ersten Runden wie Heinz-Harald Frentzen und Millionen andere Kinder. Sogar einen eigenen Eintrag im Duden bekam das Tretauto als „mit Pedalen über eine Kette angetriebenes Kinderfahrzeug“.

          Doch von einer ruhmreichen Vergangenheit allein lässt sich nicht leben. Das erfuhr zuletzt auch der Kettcar-Hersteller Kettler. Knapp 70 Jahre nach der Gründung hing die Zukunft des Unternehmens in den vergangenen Monaten am seidenen Faden. Zeitweise schien eine Schließung wahrscheinlicher als eine Weiterführung. Doch jetzt gibt es wieder eine Zukunftsperspektive für das Unternehmen aus dem sauerländischen Ense-Parsit.

          Der auf mittelständische Unternehmen spezialisierte Finanzinvestor Lafayette will den Kettcar-Hersteller übernehmen und neu ausrichten, wie Kettler und Lafayette bestätigten. Der Kaufvertrag über die Vermögenswerte der Firma sowie die Marken und Lizenzrechte wurde am Donnerstag unterzeichnet. Ziel des neuen Eigentümers sei es nun, „die Kurve von der Traditions- zur Trendmarke“ zu kriegen, sagte ein Lafayette-Sprecher.

          Rettung in letzter Minute

          Rund 500 der bislang noch 700 Arbeitsplätze in den Werken in Sönnern, Ense-Parsit und Werl sollen dadurch gerettet werden. Die restlichen Mitarbeiter sollen in den kommenden Wochen in eine Transfergesellschaft wechseln, in der sie sechs Monate weiterbeschäftigt und qualifiziert werden. Zum Kaufpreis machten die Beteiligten keine Angaben. Der Kaufvertrag steht noch unter Gremienvorbehalt und weiteren Bedingungen. Diese müssen noch in diesem Jahr erfüllt werden, damit der Kontrakt rechtswirksam wird.

          Dem sich nun abzeichnenden Happy End waren allerdings bange Monate vorausgegangen. Kettler hatte schon im Juli einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Ziel war eine Neuausrichtung des schwächelnden Freizeitgeräteherstellers mithilfe eines Luxemburger Investors. Der Investor warf allerdings das Handtuch, als die Heinz-Kettler-Stiftung nicht bereit war, seine Forderungen zu erfüllen. Erst als sich quasi in letzter Minute das NRW-Wirtschaftsministerium und die Stiftungsaufsicht einschalteten, kam Bewegung in die festgefahrene Situation. Der designierte Geschäftsführer der neuen Kettler-Gruppe, Olaf Bierhoff, sieht nach dem Einstieg von Lafayette erstmals nach langer Zeit wieder die Chance, auf einen Wachstumskurs zurückzukehren.

          Firmengründer Heinz Kettler hatte das Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem der führenden Hersteller von Sportgeräten, Fahrrädern und Gartenmöbeln gemacht. Er nahm für sich in Anspruch, 1977 weltweit das erste Aluminium-Bike auf den Markt gebracht zu haben. Der Kettler-Hometrainer Golf war in den 1980er Jahren eines der beliebtesten Fitnessgeräte Europas.

          Doch verlor das Unternehmen später an Schwung. Spätestens nach dem Tod des Gründers 2005 ging es bergab. Schon 2009 musste Kettler Hunderte Arbeitsplätze abbauen. 2015 meldete das Unternehmen erstmals Insolvenz an. Doch gelang nach dem Abbau von rund 200 Stellen und dem Verkauf der Fahrradsparte ein Neuanfang. Im Jahr 2017 sorgte dann ein tödlicher Autounfall der Kettler-Erbin, Karin Kettler, für neue Turbulenzen.

          Wie die Firma hatte zuletzt auch das Kettcar mit einer holprigen Wegstrecke zu kämpfen. Besonders gefragt waren die Tretautos Ende der 1990er Jahre, als die Jahresproduktion eine halbe Million Stück erreichte. Nach der Jahrtausendwende sank die Nachfrage – auch wenn die aktuellen Modelle bis zuletzt mit klangvollen Namen wie Dakar Air und Daytona lockten. Jetzt können Kettler und das Kettcar auf eine neue Chance hoffen.

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