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Wer muss weiterarbeiten? : In Frankreich wird Corona zum sozialen Sprengstoff

Am Mittwoch in Paris: Auch Sicherheitsbeamte der U-Bahn müssen weiterarbeiten. Bild: dpa

Wer muss zur Arbeit gehen, wer darf zuhause arbeiten? Diese Frage führt in den französischen Unternehmen zu wachsenden Konflikten. Macron ruft dazu auf, die Produktion nicht stillzulegen und fordert Lohnzuschläge für die physisch Anwesenden.

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          Präsident Emmanuel Macron wusste, warum er in seiner Fernsehansprache zu Wochenbeginn eindringlich an die Solidarität der Franzosen appellierte. „Erheben wir uns individuell und kollektiv, um auf der Höhe der augenblicklichen Anforderungen zu sein. Ich weiß, liebe Landsleute, dass ich auf Sie zählen kann“, hatte er verkündet. Auf das Personal im französischen Gesundheitswesen und vielen anderen Bereichen, die tagtäglich ihrer Pflicht nachgehen, kann sich Macron verlassen. Doch in einigen Sektoren kommt es wegen der wachsenden Angst vor Ansteckung zu Spannungen – zumal überall Gesichtsmasken, Desinfektionsmittel und Handschuhe fehlen. Die Frage, wer zur Arbeit gehen muss und wer zuhause bleiben darf, wird zum sozialen Sprengstoff.

          Christian Schubert
          Wirtschaftskorrespondent für Italien und Griechenland.

          Nicht wenige französische Arbeitnehmer sind mit der Rollenverteilung nicht einverstanden. „Ihr sollt zur Arbeit kommen, sagt die Firmenleitung den Arbeitern – die leitenden Angestellten dürfen dagegen zuhause arbeiten“, sagte beispielsweise Jean-Christophe Leroy, ein Lagerarbeiter und Vertreter der Gewerkschaft CGT beim Versandunternehmen La Redoute, der Tageszeitung „Le Monde“. Die Frage, was in diesen Tagen eine unverzichtbare Dienstleistung ist, spaltet. „Es ist absurd, uns arbeiten zu lassen, damit T-Shirts verkauft werden“, klagt Leroy. Die CGT fordert, zum Schutz der Arbeitnehmer nur noch die „unverzichtbaren“ Unternehmen arbeiten zu lassen, die „dem essenziellen Bedarf der Bevölkerung dienen“. Ansonsten würden die Unternehmen „auf dem Rücken der Arbeitnehmer ihre Profite machen“, wie die Gewerkschaftsvertreterin Céline Verzeletti sagte. Das sei auch für die Allgemeinheit schädlich, denn die Arbeitnehmer führen in öffentlichen Transportmitteln und kämen sich bei der Arbeit zu nahe.

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