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Genauere Spielanalyse : Der Fußballgott würfelt nicht

  • -Aktualisiert am

Packing: Summe der überspielten Gegner Bild: Impect

Ballbesitz und Torschüsse sagen wenig aus über den Ausgang eines Fußballspiels, sagt der frühere Profi Stefan Reinartz. Sein Unternehmen hat eine bessere Methode entwickelt. Und schielt auf den Wettmarkt.

          3 Min.

          Wie sagt man den Ausgang eines Fußballspiels vorher? Diese Frage beschäftigte Stefan Reinartz schon, als er noch Fußballprofi war und für Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt spielte und unter Joachim Löw sogar drei Länderspiele macht. Er erkannte, dass die üblichen Parameter wie Ballbesitz, Torschüsse, Eckbälle, Pass- und Zweikampfquote nicht aussagekräftig genug sind.

          Reinartz gibt ein Beispiel: Fußballteam A hat 52 Prozent Ballbesitz, 18 Torschüsse, 55 gefährliche Angriffe, 19 Pässe innerhalb des Strafraums und sieben Eckbälle. Mannschaft B hat 48 Prozent Ballbesitz, 14 Torschüsse, 34 gefährliche Angriffe, 11 Pässe innerhalb des Strafraums und fünf Eckbälle. Nach diesen klassischen Kennzahlen hätte Team A eindeutig gewinnen müssen, sagt Reinartz.

          Doch gewann Team B 7 zu 1 – im Halbfinale der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Team A ist Brasilien und Team B Deutschland, der spätere Weltmeister. Warum lieferte die Statistik keinen Hinweis auf das außergewöhnlich deutliche Ergebnis? „In jeder Aktion muss ein qualitatives Moment eingebunden werden“, findet Reinartz.

          Besondere Parameter

          Mit 27 Jahren beendete Reinartz wegen häufiger Verletzungen seine Sportlerkarriere. 2015 gründete er die Impect GmbH mit Jens Hegeler, einem früheren Mannschaftskollegen von Bayer 04 Leverkusen, Betriebswirt Lukas Keppler und IT-Fachmann Matthias Sienz. Die Gründung finanzierten sie aus eigener Tasche. Mittlerweile besteht das Team aus sechs Personen. Das Kölner Start-up misst den Erfolg von Mannschaften und Spielern anhand besonderer Parameter.

          Im Gründungsjahr erzielte Impect nach eigenen Angaben einen Verlust von fast 40.000 Euro. „Wir hatten Schwierigkeiten, von der Entwicklung der Kennzahlen bis zum Verkauf“, berichtet Keppler. „Es mussten Daten erhoben werden, die wissenschaftlichen Standards genügen, eine extrem hohe Korrelation zum Spielergebnis haben und für Verbraucher und Medien nachvollziehbar sind.“ Vor allem die Entwicklung skalierbarer Produkte, die man Vereinen anbieten könne, habe gedauert. Nach etwa eineinhalb Jahren stellte sich der Erfolg ein.

          Die Daten der Bundesligaspiele kauft Impect nach Aussage von Keppler für einige tausend Euro je Saison von der Deutschen Fußball Liga. Die einzelnen Spieler werden mit Hilfe von Wärmebildkameras 25 Mal je Sekunde „getrackt“. Es sei gelungen, Angriffe zu bewerten, indem offensive Aktionen wie Pässe, Flanken und Dribblings aufsummiert und gleichzeitig Defensivaktionen wie Balleroberungen und Befreiungsschläge berücksichtigt würden, erklärt IT-Fachmann Matthias Sienz.

          Wie viele Gegner zwischen Ball und Tor?

          Interessant ist, ob sich nach einer Offensivaktion weniger Gegner zwischen Ball und gegnerischem Tor befinden als vorher. Diese überspielten Gegner können ihr Tor nicht mehr verteidigen; sie sind „gepackt“ und aus dem Spiel genommen. Mit einer Aktion dafür zu sorgen, dass weniger Gegner zwischen dem Ball und dem gegnerischen Tor stehen, heißt Packing.

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