Im Porträt: Jürgen Großmann : Ein Mann und seine Meinung
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Unkonventionelles Handeln im XXL-Format: Jürgen Großmann Bild: Daniel Pilar
Jürgen Großmann, Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns RWE, hält viel von klaren Worten - auch in Sachen Atomstrom. Dass er die Initiative zum „energiepolitischen Appell“ an Umweltminister Röttgen ergriff, passt zum zuweilen extravaganten und in großen Zahlen denkenden Selfmade-Milliardär.
Jürgen Großmann, der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns RWE, hat ganz offensichtlich genug. Der Mann hat sowieso immer eine dezidierte Meinung, die er in jeder Hinsicht gewichtig vorzutragen weiß. Aber das, was sich in der gesellschaftlichen Diskussion in Deutschland rund um die Energiepolitik abspielt, stinkt ihm mehr als alles andere.
Vor allem regt er sich darüber auf, dass es in der Bundesregierung mit Norbert Röttgen einen Umweltminister von der CDU gibt, der Sätze schreibt wie diese: Energieintensive Industrien, die einem starken internationalen Wettbewerb ausgesetzt seien, hätten durch ambitionierten Klimaschutz „möglicherweise Nachteile zu erwarten“. Und: „Eine Regierung, welche die gesamte Gesellschaft im Blick haben muss, kann aber nicht durch ein zu enges Verständnis von Wettbewerbsfähigkeit die Wettbewerbsvorteile in Zukunftsbranchen“ aufs Spiel setzen. So geschrieben in einem Gastbeitrag für die F.A.Z., erschienen am 30. April dieses Jahres.
Solche Sätze haben in der Industrie eingeschlagen wie der Blitz. Die Betroffenen lesen die Sätze so: Röttgen ist bereit, klassische Industriebranchen zu opfern, wenn im Gegenzug „grüne“ Branchen vom Klimaschutz profitieren. Großmann ist alarmiert: „So geht die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes unter“, sagt er beschwörend im Gespräch, unmittelbar nachdem bekannt geworden ist, dass 40 deutsche Manager einen „Energiepolitischen Appell“ unterzeichnet haben, der sich wie eine Attacke auf den tatsächlichen oder vermeintlichen gesellschaftlichen Konsens zur Energiepolitik liest.
Großmann ist davon überzeugt, dass die Deutschen eine ganz andere Meinung zur Kernenergie haben, als gemeinhin suggeriert wird. „Gegen eine Verlängerung von Laufzeiten hat die breite Mehrheit der Bevölkerung nichts einzuwenden“, sagt Großmann. „In den Umfragen wird nicht das Richtige gefragt.“ Und wenn der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel das Auftreten der Energiekonzerne als „beispiellose Propaganda“ bezeichne, sei genau das Gegenteil richtig. „Wer hat denn die ganze vergangene Woche die Medien beherrscht?“, fragt Großmann bissig zurück. Und die Antwort ist klar: Es sind stets die Gegner der Atomkraft.
„Energiepolitik ist knallharte Wirtschaftspolitik“
Dabei hat Großmann nach eigenem Bekunden gar nichts gegen Investitionen in erneuerbare Energien. Tatsächlich beginnt der Appell mit dem Punkt „Die Zukunft gehört den Erneuerbaren“. Aber, wendet Großmann ein, wer solle die großen Offshore-Windparks vor der Küste denn bezahlen? „Die sind so teuer wie ein Atomkraftwerk, das können sich zwei, drei Stadtwerke nicht leisten.“ Gefragt sei daher die Finanzkraft der großen Konzerne, die sich dazu auf einen sicheren Mittelzufluss (Cash-flow) aus den bestehenden Großkraftwerken stützen müssten.
Röttgen und seine Mitstreiter verstünden nicht, dass Energiepolitik „knallharte Wirtschaftspolitik“ sei - das müsse er aber wissen, wenn er zum Beispiel mit den Franzosen über eine Verknappung von Emissions-Zertifikaten verhandle. „Da befinden die sich mit ihren Kernkraftwerken nämlich ebenfalls in einer relativ viel stärkeren Wettbewerbsposition.“ Zudem werde den beiden Versorgern GDF Suez und EDF in ihrer Auslandsexpansion jede heimische Unterstützung zuteil, die man sich wünschen könne.