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Geschäftsklima wird besser : „Bankenprobleme lassen Unternehmen kalt“

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Mit den laufenden Geschäften waren die Unternehmen im März etwas zufriedener als im Februar. Bild: dpa

US-Bankenpleiten und die Übernahme der angeschlagenen Schweizer Großbank Credit Suisse sorgen an den Finanzmärkten für Unruhe. Trotzdem stabilisiert sich die deutsche Konjunktur.

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          Trotz des jüngsten Bankenbebens hat sich die Stimmung in den Chefetagen deutscher Firmen im März überraschend aufgehellt. Das lässt sich an dem an den Finanzmärkten als Frühindikator geschätzten Ifo-Geschäftsklimaindex ablesen. Dieser stieg auf 93,3 Zähler von 91,1 Punkten im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zur Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Es war der fünfte Anstieg in Folge. Ökonomen hatten hingegen einem leichten Rückgang erwartet. Die deutsche Konjunktur stabilisiere sich, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

          Der Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) in Kalifornien hatte Befürchtungen ausgelöst, dass eine neue Bankenkrise heraufziehen könnte. Für weitere Nervosität an den Börsen sorgte der Notverkauf der angeschlagenen Schweizer Großbank Credit Suisse an den heimischen Rivalen UBS. Zu Wochenbeginn zeigte sich der Dax allerdings auf Erholungskurs. Zu den größten Gewinnern zählte hier die Deutsche Bank. Am Freitag hatten sich die Versicherungen für einen Zahlungsausfall des größten deutschen Geldhauses stark verteuert und teilweise den höchsten Stand seit Jahren erreicht. Manche Marktteilnehmer vermuten Aktionen von Shortsellern dahinter, die auf einen Kursverfall der Deutschen Bank gewettet hatten.

          „In allen Schlüsselbranchen geht es nach oben“

          Ifo-Experte Klaus Wohlrabe sagte, die deutsche Wirtschaft starte trotz der Turbulenzen an den Finanzmärkten „mit einem guten Gefühl in den Frühling“. Eine Winter-Rezession sei unwahrscheinlicher geworden. Im vierten Quartal 2022 war Europas größte Volkswirtschaft noch um 0,4 Prozent geschrumpft. Bei zwei negativen Quartalen in Folge sprechen Volkswirte von einer technischen Rezession.

          Mit den laufenden Geschäften waren die Unternehmen etwas zufriedener als im Februar. Und die Erwartungen mit Blick auf die nächsten sechs Monate legten sogar deutlich zu. Das Geschäftsklima hellte sich zugleich auf breiter Front auf: „In allen Schlüsselbranchen geht es nach oben, von den Auto- und Maschinenbauern bis hin zur Chemie- und Elektroindustrie“, erläuterte Wohlrabe. Das dürfte auch mit nachlassenden Lieferengpässen zusammenhängen. Ein Blick auf die sogenannte Konjunkturuhr der Ifo-Forscher zeigt allerdings, dass die Wirtschaft noch immer im Krisenmodus verharrt. Denn die Urteile der befragten Firmen zu Lage und Erwartungen bleiben trotz der Verbesserung per saldo unterdurchschnittlich.

          IW: „Neue Zeit der Stagflation“

          „Die Bankenprobleme lassen die Unternehmen kalt. Die Stimmung der Unternehmen stieg an, unabhängig davon, ob sie von den Ereignissen um Credit Suisse und Co. wussten oder nicht“, meint Ökonom Andreas Scheuerle von der Dekabank. Dennoch sei zu erwarten, dass die Banken mit einer Verschärfung der Kreditvergabekonditionen auf die aktuellen Ereignisse reagieren würden: „Und das wird Sand in das konjunkturelle Getriebe streuen.“

          Laut dem arbeitgebernahen Forschungsinstitut IW ist der Wirtschaftsstandort Deutschland ohnehin schon unter Druck. Die hohe Inflation, das gestiegene Zinsniveau, geopolitische Unsicherheit im Zuge des Ukraine-Krieges und nun auch die Finanzmarktprobleme trübten das Investitionsklima. Für 2023 prognostiziert das Institut der deutschen Wirtschaft Köln daher nur ein kleines Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 0,25 Prozent. „Die Wirtschaft hat die Krise besser bewältigt, als wir es im vergangenen Jahr hätten hoffen können“, sagt IW-Konjunkturexperte Michael Grömling. Die große Erholung bleibe 2023 dennoch aus: „Wir stehen vor einer neuen Zeit der Stagflation.“ Dieses Szenario beschreibt eine Phase stagnierender Wirtschaftskraft bei gleichzeitig hoher Inflation.

          Bundesbankchef Joachim Nagel betonte, die Europäische Zentralbank werde dem Preisauftrieb weiter Paroli bieten: „Seien Sie aber versichert, dass wir auf dem Weg der geldpolitischen Normalisierung weiter entschlossen voranschreiten werden, bis wir die Inflation eingefangen haben und Preisstabilität wiederhergestellt ist.“ Die Inflation im Euroraum lag im Februar bei 8,5 Prozent. Das Ziel der EZB einer Teuerung von zwei Prozent liegt damit immer noch weit entfernt.

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