Hohe Glyphosat-Preise : Bayer spürt den Monsanto-Schub
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Das Agrargeschäft beflügelt Bayer. Bild: dpa
Vor allem hohe Preise für Glyphosat beflügeln das Geschäft des Dax-Konzerns. Doch die Sorge vor anhaltend hohen Kosten verdirbt den Anlegern die Laune.
Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer profitiert von hohen Preisen für sein Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Auch weil es Lieferengpässe etwa von Herstellern in China gegeben hat, rechnet der Dax-Konzern für dieses Jahr mit einem Durchschnittspreis für das Herbizid, der zweieinhalb Mal so hoch sein wird wie er noch Anfang 2021 war. Zwar gingen die Preise im dritten Quartal im Vergleich zum ersten Halbjahr zurück, gleichwohl legte der Umsatz mit Herbiziden immer noch um 45 Prozent zu im Vergleich zum Vorjahresquartal. „Wir sehen jetzt eine gewisse Normalisierung, nachdem wir zu Beginn des Jahres Spitzenpreise gesehen haben“, sagte der Bayer-Vorstandsvorsitzende Werner Baumann in einer Telefonkonferenz am Dienstag.
Der glyphosathaltige Unkrautvernichter Roundup ist mit Abstand das wichtigste Produkt von Bayer in diesem Bereich, ins Portfolio geholt haben sich die Leverkusener das Mittel durch die milliardenschwere Übernahme des amerikanischen Saatgutkonzerns Monsanto. Gerade weil Glyphosat ein besonders profitables Produkt für Bayer ist, treiben die hohen Verkaufspreise auch das Ergebnis an.
Landwirte retournieren ihr Saatgut
So hat die Agrarsparte ihr bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im dritten Quartal um gut ein Drittel auf 629 Millionen Euro steigern können, obwohl es im Geschäft mit Saatgut zu einem Umsatzrückgang kam, weil viele Landwirte in Nordamerika ihre Bestellungen zurückgeschickt haben. Bauern ordern ihr Saatgut zum Jahresanfang, je nach Wetter, Nachfrage und Ertragslage verändert sich im Jahresverlauf aber die Anbaufläche und damit auch die Menge der Aussaat – daher gibt es häufig im Herbst Retouren. Trotzdem habe Bayer nach Worten Baumanns beim Mais – der wichtigsten Pflanze für Bayer – im Vergleich mit der Konkurrenz seinen Marktanteil ausbauen können, im Geschäft mit Sojasaatgut hingegen habe es einen leichten Verlust im Marktanteil gegeben.
Doch auch wenn sich das hohe Preisniveau nun wieder langsam normalisiere gebe es langfristig weiterhin große Umsatzchancen für die Agrarsparte, argumentierte Baumann. So gebe es durch den Klimawandel etwa deutlich längere und stärkere Trockenzeiten, nicht nur in Amerika und dem südlichen Europa. „Darauf muss die Agrarindustrie reagieren mit Innovationen“, sagte Baumann, also etwa durch Saatgut, was mit weniger Wasser zurechtkommt, eine andere Schädlingsresistenz hat oder auf weniger Anbaufläche gleich Erträge bietet. „Das ist eine große Herausforderung für die Landwirte“, sagte Baumann.
Fünf Erfolge in Serie
Gerade in diesem Geschäftsjahr zeigt sich operativ, was sich Bayer von der 63 Milliarden Euro schweren Übernahme von Monsanto erhofft hat, zusätzlich haben die Leverkusener auch in einem anderen Bereich Rückenwind – einem, der dem Unternehmen lange Sorgen gemacht hat. So hat das Unternehmen die Prognose für den Mittelzufluss aus dem operativen Geschäft (Free Cash Flow) währungsbereinigt um 500 Millionen auf drei Milliarden Euro erhöht. „weil die Vergleichszahlungen für Rechtsfälle niedriger ausfallen als erwartet“, wie der Finanzvorstand Wolfgang Nickl mitteilte.
Nachdem das Unternehmen zuletzt fünf Verfahren in Folge gewonnen hat, lässt es sich nur noch in sehr strategischen Einzelfällen auf Vergleiche ein. Das Risiko der Rechtsstreitigkeiten um Glyphosat, die das Unternehmen insgesamt bis zu 15 Milliarden Euro kosten dürften, will das Unternehmen weiterhin unter anderem mit einer Kombination aus Vergleichsverhandlungen und weiteren Verfahren reduzieren. Noch ausstehend sind 41.000 der insgesamt 149.000 aktuellen Klagen.
Pharmageschäft in China unter Druck
Auch in den zwei anderen Sparten, dem Pharmageschäft und den rezeptfreien Gesundheitsprodukten konnte Bayer zulegen, was vor allem an neuen Produkten lag. Der Gerinnungshemmer Xarelto hingegen verlor an Umsatz, weil in Brasilien das Patent abgelaufen ist und das Medikament in China unter Preisdruck. Generell sei das Pharmageschäft in China auch wegen der Corona-Politik schwierig, weil etwa das Vertriebspersonal wegen Lockdowns wenig Krankenhäuser besuchen könne, sagte Baumann.
Konzernweit stieg der Umsatz gleichwohl um mehr als 15 Prozent auf 11,28 Milliarden Euro. Der bereinigte Betriebsgewinn von Bayer legte im dritten Quartal um gut 17 Prozent auf 2,45 Milliarden Euro, was die Analystenschätzungen deutlich übertraf. Gleichwohl lag der Aktienkurs am Dienstag im Tagesverlauf mehr als 4 Prozent im Minus, womit Bayer der schwächste Wert im Dax war. Das dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass das Unternehmen auch im kommenden Jahr noch weiter damit rechnet, mit hohen Kosten konfrontiert zu werden. Auch wenn Bayer in Deutschland zum Ende des Jahres unabhängig von russischem Gas sein will, sei die Lage noch angespannt. Zudem baue das Unternehmen weiterhin Lagerbestände auf, „um Lieferengpässe abfedern zu können“, wie Baumann sagte.