„Sauberer“ Stahl : Biokoks für grünen Edelstahl
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Sauberer Edelstahl: Klöckner kooperiert mit Outokumpu. Bild: Outokumpu
Branchenprimus Outokumpu wirbt für besonders sauberen Edelstahl. Zu den ersten Kunden gehört der Duisburger Stahlhändler Klöckner & Co.
Möglichst viel Metallschrott, Grünstrom und Bio-Koks. Das sind einige der wichtigsten Zutaten, wenn der finnische Konzern Outokumpu seinen besonders „sauberen“ Edelstahl kocht. „Circle Green“ heißt die neue Produktlinie, bei der je Tonne Edelstahl nur noch 0,5 Tonnen Kohlendioxid anfallen sollen. Gegenüber dem internationalen Industriedurchschnitt ist das nach Konzernangaben eine Verbesserung um 92 Prozent und Weltrekord in Sachen Nachhaltigkeit. „Mit Circle Green bieten wir den weltweit CO2-ärmsten Edelstahl an. Damit heben wir den Standard noch einmal deutlich an“, sagte Technik-Vorstand Stefan Erdmann der F.A.Z.
Ein erstes Coil mit Edelstahl in Circle Green-Qualität hat der Stahlhändler Klöckner & Co gekauft. Von 2023 an sollen nach Angaben des Duisburger Unternehmens größere Mengen folgen. Die „Anarbeitung“ der Ware nach den Vorgaben der Kunden soll unter anderem die deutsche Tochtergesellschaft Becker Stainless übernehmen. Klöckner hatte sich schon früh in diesem Jahr CO2-reduzierten Stahl von anderen Herstellern gesichert. Mit dem neuen Vertrag gehe das Unternehmen nun auch in das Edelstahlsegment und stärke seine „Position als Vorreiter der Nachhaltigkeit“, sagte Vorstandschef Guido Kerkhoff.
Reststoffe werden verwertet
Für die neue „Premiumqualität“ habe sich der Konzern die gesamte Wertschöpfungskette vorgenommen, sagte Erdmann. Eine der Stellgrößen ist Holzkohle, um herkömmlichen Koks immer stärker zu ersetzen. Dann wird nur so viel CO2 freigesetzt wie der Wald zuvor aus der Atmosphäre gebunden hat. Großen Wert legt Erdmann darauf, dass das Unternehmen den Bio-Koks aus skandinavischen Forstabfällen gewinne und nicht „aus tropischen Regenwald-Plantagen wie unser Wettbewerb“. Damit spielt er auf den Konkurrenten Aperam an, der in Brasilien zwei mit Holzkohle befeuerte Hochöfen betreibt. Der Bio-Koks für Outokumpu entstehe ausschließlich in Skandinavien aus Reststoffen, die maximal 300 Kilometer bis zum weiterverarbeitenden Werk zurücklegten. Das bei der Verkohlung anfallende Gas werde vor Ort wiederum für die Erzeugung von Strom und Wärme eingesetzt.
Auch außerhalb seines Premium-Segments sieht sich Outokumpu mit durchschnittlich 1,8 Tonnen Kohlendioxid je Tonne Edelstahl an der Spitze des Branchenvergleichs. Wie Erdmann erläutert, liegt das an der überdurchschnittlich hohen Verwendung von Metallschrott, der im Elektrolichtbogenofen eingeschmolzen wird. Über alle Produkte hinweg komme der Konzern auf eine Recyclingquote von rund 90 Prozent. Als einen anderen wichtigen Hebel nennt er die Versorgung mit Chrom aus einer eigenen Mine, die bis zum Jahr 2025 vollständig CO2-neutral produzieren soll.
Das sehr selbstbewusste Nachhaltigkeits-Marketing überrascht zunächst. Denn Aperam, in Europa Nummer zwei hinter Outokumpu, reklamiert für sich ganz ähnliche oder sogar leicht bessere Werte. Für Erdmann ist das allerdings ein Fall von Äpfel und Birnen, denn der CO2-Fußabdruck werde nach unterschiedlichen Modellen berechnet. „Für einen fairen Vergleich muss man berücksichtigen, dass Outokumpu die strengsten Maßstäbe der Branche anlegt und auch Emissionen aus der vorgelagerten Lieferkette so weit wie möglich erfasst“, sagte er.
Erster Hersteller, der Daten zur Verfügung stellt
Diese im Klimaschutz-Vokabular als Scope 3 bezeichneten Emissionen beziehen sich unter anderem auf die CO2-Bilanz von Rohmaterialien wie Erz, Nickel und Chrom, den Transport und die Produktionsabfälle. Zudem habe sich Outokumpu gegen „Offsetting“ entschieden, also gegen die rechnerische Reduktion von CO2 durch Kauf von Zertifikaten.
Mit den entlang der Prozesskette erfassten Daten weist das Unternehmen nun produktspezifisch aus, wie hoch die CO2-Belastung des Materials ist. Nach eigenen Angaben sind die Finnen der erste Edelstahlhersteller, der diese Daten zur Verfügung stellt. Die Kunden hätten damit eine verlässliche Grundlage, um den CO2-Fußabdruck ihrer eigenen Produkte exakt zu berechnen und dem Markt nachhaltigere Lösungen anzubieten, sagte Erdmann. Um die Nachfrage ist ihm deshalb nicht bange. Vor allem der Verkehrssektor sei zur Erreichung der Klimaschutzziele darauf angewiesen, auch seine indirekten Emissionen aus der Fahrzeugproduktion zu reduzieren.