Bilanz und Neuordnung : Goldman Sachs mit größtem Gewinnrückgang aller US-Banken
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Goldman Sachs an der New Yorker Börse Bild: Reuters
Da das Investmentbanking dominiert, schlagen höhere Zinseinnahmen kaum durch. Die Digitalbank Marcus und die Kreditkarten-Kooperation mit Apple werden voneinander getrennt. An der Aktienbörse gehört Goldman gleichwohl zu den größten Tagesgewinnern.
Nach einem heftigen Gewinnrückgang um 44 Prozent im dritten Quartal 2022 hat der Vorstandsvorsitzende der Investmentbank Goldman Sachs am Dienstag eine Neuordnung der Geschäftssparten vorgestellt. Der 60 Jahre alte David Solomon, der 2018 die Nachfolge des langjährigen Goldman-Sachs-Chefs Lloyd Blankfein angetreten hat, verringert die Zahl der Geschäftseinheiten von vier auf drei. Damit will Salomon dem schwächelnden Goldman-Sachs-Aktienkurs auf die Beine helfen. Die Investmentbank hat seit einem Jahr 24 Prozent an Börsenwert verloren, genauso viel wie der kleinere Rivale Morgan Stanley .
Am Dienstag ging es allerdings mit Goldmans Aktienkurs zunächst bergauf, da Goldmans Gewinnrückgang nicht ganz so drastisch ausfiel wie zuvor von der Fachwelt erwartet. Analyst Glenn Schorr von Evercore ISI sprach zwar von einem Quartal, das definitiv nicht zu den ganz Großen zähle, lobte aber dennoch vor allem das Handelsergebnis und das Nettozinseinkommen von Goldman Sachs. Während der Dow Jones am Dienstag 1,1 Prozent auf 30.524 Punkte zulegte, kletterte der Aktienkurs von Goldman Sachs sogar um 2,3 Prozent und gehörte damit zu den fünf besten Werten in diesem 30 Aktien umfassenden Standardaktienindex.
Goldman Sachs, fünftgrößtes Kreditinstitut der USA, verdiente nach Steuern im dritten Quartal 2,96 (Vorjahresquartal Milliarden Dollar. Zuvor hatten schon die anderen großen US-Banken ihre Quartalsbilanz vorgelegt. Goldman verzeichnet mit 44 Prozent demnach den größten Gewinneinbruch; vor allem die Bank of America schnitt mit einem Minus von 9 Prozent noch gut ab, aber auch JP Morgan (verdiente netto 17 Prozent weniger) Citigroup (minus 25 Prozent), Morgan Stanley (29 Prozent) und Wells Fargo (31 Prozent) schlugen sich besser als Goldman.
Dies liegt an der Dominanz des Investmentbankings. Der Zinsüberschuss kletterte zwar dank der gestiegenen Zinsen um 30 Prozent, doch damit ließen sich die Rückgänge in anderen Geschäftsbereichen der Bank nicht ausgleichen. Vor allem das Investmentbanking litt darunter, dass Unternehmen kaum Wettbewerber kauften und deshalb Goldman als Berater wenig gefragt war: Während die Konkurrenten zuvor berichtet hatten, ihre Gebühreneinnahmen seien um knapp 50 Prozent gesunken, nannte Goldman Erträge von 1,6 Milliarden Dollar, 57 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Allerdings habe Goldman seine führende Stelle im M&A-Geschäft angesichts steigender Marktanteile sogar noch ausgebaut, sagte Vorstandschef Solomon.
Solomon mahnt zur Vorsicht
Den Gewinn belastete allerdings zusätzlich, dass Goldman Sachs mehr Geld für in der vermutlich bevorstehenden Rezession drohende Kreditausfälle zurück legte. Mit 515 Millionen Dollar fiel die Risikovorsorge fast dreimal so hoch aus wie ein Jahr zuvor. Das Konsumentengeschäft als Teil des Privatkundengeschäfts verdoppelte zwar seine Erträge auf 744 Millionen Dollar, spielt aber gemessen an Goldmans Gesamterträgen von fast 12 Milliarden Dollar in einer unbedeutenden Liga.
„Es ist an der Zeit, vorsichtig zu sein", sagte Solomon am Dienstag dem Nachrichtensender CNBC mit Blick auf die Konjunktur. Es sei zwar keine ausgemachte Sache, dass die wirtschaftliche Lage richtig schwierig werde. „Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir eine Rezession in den USA haben werden." Die Bank wolle Kosten senken, neue Stellenstreichungen plane Goldman Sachs aber nicht, betonte Solomon. Im September war bekannt geworden, dass sich die Bank - wie das regelmäßig der Fall ist - von einigen hundert Investmentbankern trennt.
Nun bündelt Goldman seine beiden dominanten Sparten Wertpapierhandel und Investmentbanking. Ein Verlierer der Neuordnung ist das Privatkundengeschäft, das mit dem Fondsgeschäft (Asset Management) in einer zweiten Sparte zusammengelegt wird. Dabei hatte der Vorstandsvorsitzende Solomon erst 2020 eine eigene Privatkundensparte geschaffen, in der die Vermögensverwaltung für betuchte Privatkunden und die Onlinebank Marcus untergebracht sind. Die nach dem 1821 im unterfränkischen Trappstadt (Bayern) geborenen Goldman-Sachs-Gründer Marcus Goldman benannte Digitalbank hatte die Investmentbank 2016 gestartet. 2019 wurde bekannt, sie wolle auch in Deutschland Sparkonten und Verbraucherkredite Privatkunden anbieten. Doch dazu ist es bis heute nicht gekommen.
Auch in den USA und in Großbritannien arbeitet Marcus noch defizitär und hatte zuletzt namhafte Abgänge zu verzeichnen, unter anderem zu Konkurrent JP Morgan, der unter der Marke „Chase“ im September 2021 in Großbritannien eine digitale Bank für Verbraucher gestartet hat und nun in Berlin Mitarbeiter einstellt, um diese Digitalbank möglicherweise auf Deutschland auszuweiten.
Am bekanntesten wurde „Marcus“ durch das Angebot der Apple-Kreditkarte. Doch diese Kooperation mit dem Elektronikkonzern Apple wird Goldman künftig in einer neuen dritten Geschäftssparte namens Platform Solutions führen. Dort wird auch der in diesem Jahr für 2,4 Milliarden Dollar erworbene Onlinekreditanbieter Greensky untergebracht.